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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Editor]; Neuser, Wilhelm H. [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Strohm, Christoph [Editor]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 7): Schriften der Jahre 1538 - 1539 — Gütersloh, 1964

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https://doi.org/10.11588/diglit.29833#0167
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VON DER WAREN SEELSORGE

163

tragen und ire sünd büssen mit beweinen und klagen, mit fil und ernst-
lichem gepett und flehen, mit fasten und wachen und meidung aller
leiblichen ergetzlichheiten, auch mit reichlichem al- [54 (P 2) b] müsen 235
und allen recht Christlichen Übungen. Sie haben sich an kleyderen,
5 essen, trincken und allem thün beweisen müssen als die klagenden und
die Verzeihung der Sünden mit gantz erschlagenen hertzen und zer-
quetschetem geist sücheten und ires lebens gantze bekerung und
besserung mit höchstem eifer und ernst vorhatten.

Und wann sie also ire rewe und leid über ire sünd und den waren
10 steiffen fürsatz, sich zu besseren, der Kirchen die gesetzte zeit bewisen
und ir in dem gnüg gethon, Und also auch durch ir exempel wider vom
argen abgeschrecket und zur Unschuld verursachet, die sie vor durch
ir ubertretten verergert und zur Sünden angereitzet hatten, Dem allen
nach haben die Eltisten sie erst von der Kirchen wegen wider begnadet,
15 sie Christo dem Herren und seiner Kirchen öffentlich versünet, sie von
banden Göttlichs Zorns gelöset, inen die sünd im namen des Herren
Verzügen Und sie hieruff wider zürn Tisch des Herren und aller gemein-
schafft der Kirchen zügelassen und uffgenomen 236. Ob diser Zucht und
büß der Sünden haben die alten h. Vätter gar ernstlich gehalten, wie man
20 das bei inen allen liset.

Es hat den aller Gotsäligesten, frommisten Keiser Theodosium sein
zorn übereilet (der im dann etwas besonders gefer gewesen 3, wie das
der h. Ambrosius an in selb schreibet), das er zu Thessalonica gar ein
schweren mordt begangen hatt umb einer uffrür willen, in deren im
25 etliche seiner Amptleüt umbkomen waren; Die burger hatte er uff den
Schawplatz züsamen berüffet, als wolte er inen ein schawspil halten
las- [55 (P 3) a] sen, Und da dem kriegsvolck befolhen, in sie zu fallen
und sie umbzubringen, deren sie auch wol sibentausent, schuldig und
unschuldig, hingericht haben.

30 Nach diser schweren that kam der Keiser gen Meiland und vermeinet,
in die Kirchen zu gohn und zum Tisch des Herren, wie andere Christen;
Das hat im der h. Ambrosius under äugen verpotten und in im namen
Jesu Christi zur büß gebunden 237 und also von der Gemeinde Christi

Wann und wie man die
sünder, so man %ur büß
gebunden, wider %ür ge-
meinschafft der Christen
gelöset und von siinden
absolviert hatt.

Die mißhandlung des
Keisers Theodosii, dar umb
er öffentlich büssen müßt.

Wie diser Keiser gebüsset
und absolvieret worden.

a) Theodosium Imperatorem pietate atque probitate excellentissimum vicerat ira:
ad quam quidem ille singulariter quodammodo proclivis erat.

235. Almosen gelten vom Alten Testament her als verdienstlich, vgl. 2 Clem 16,4.
In ihrer Bewertung werden Almosen über Gebet und Fasten gestellt, vgl. Thomas:
Summa Th. II, 2, q. 32.

236. Zur Wiederaufnahme in die Kirche vgl. Loofs, S. 165 f.

237. Das Beispiel von Ambrosius und Kaiser Theodosius bringt auch Erasmus:
Ecclesiastes (CI V, 821 B/D). Zum Sachverhalt vgl. H. Liet^mann: Gesch. der alten
Kirche IV. S. 59fr. — H. v. Campenhausen: Ambrosius als Kirchenpolitiker. 1929.
S. 236fl. - F.Dölger: Theodosius und Ambrosius (Ant. und Christ. I) S. 54-65).
 
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