VON DER WAREN SEELSORGE
181
xvii. [3 £.]. Wenn der sünder kome und sage, seine sünd rewen in, so
sollen sye im vergeben. Was darffe es dann fil züchtigens und büssens,
nachdem der sünder von Sünden abgestanden ist, rewet und begeret
der gnaden?
5 Antwurt: Nichts darff es sein, Verzeihung der Sünden zu erlangen?.
Dann die sünde auß der barmhertzigkeit Gottes schon verzigen sind;
Auch nit für die begangene Sünden gnügzuthün. Welches allein durch
das blüt Christi geschieht. Dazu bedarff es aber des züchtigens und
büssens, das die sünd desto baß erkant und meer geschewet und die
10 gnad Christi desto theurer geschetzet und so fil meer fleiß angewendt
werde, dieselbige nit vergeblich uffzunemen und verhütet, das man
sobald nit wider in die sünd falle.
Wer ist doch der Gütlichen Sachen und menschlicher art und blöde
so onverstendig, der nit das erkennen könde? Wo die gröberen uber-
15 tretten mit dem ernst gebüsset wurden'?, wie der h. Apostel leret und
es in den alten recht geordneten Kirchen in heiligem [68 (S 4) b] seligen
brauch gewesen, es würde bei allen Kinderen Gottes gar ein ernstlichere
schewe und grewel der Sünden und fil ein anderen eifer zü war Christ-
lichem leben bringen, dann wir den nun leyder bei uns spüren.
20 Da Adam von seinen sünden abstünde und gnad begeret, was im
schon vergeben und hat Gott im seiner missethat zur ongnaden nit
meer gedacht 286. Noch hat im Gott dabei und allen seinen nachkommen,
das sterben und sofil jamer und leidens zur büß und besserung ufferlegt.
Also hat er auch dem volck Israel, wenn sie ire missethat bekenneten
25 und gnad begereten, verzigen, hat sie aber auch allemal gar ernstlich
gebüsset 1; Fiertzig jar hat er sie in der wüste umbher gefüret, biß die
auß Egypten außzogen alle, außgenomen Jehosua und Caleb, stürben 287.
Also müste auch Mose und Aaron ins versprochen landt nit komen, und
hat inen doch Gott auch die sünd vergeben 288.
30 Miram, Mose Schwester, hat wider Mose iren brüder und sein ampt
geredt, da plaget sie der Herr mit dem aussatz 289 ; Bald bekennet sie ir
sünd, batt umb gnad, Mose batt den Herren für sie. Der Herre aber
antwurtet: Wenn ir vatter ir ins angesicht gespewet bette, solte sie nit siben tag
sich Schemen? Laß sie verschliessen siben tag ausser dem leger, darnach laß sie
Bussen ist ein art^nei für
die gegenwärtigen und
künftigen sünden, nit für
die begangenen.
Wo die Büß in unseren
Kirchen were, wurde auch
mehr schewhe der sünden
sein.
Die Büß Adams und des
gant^en menschlichen
geschlechts.
Die Büß der Israeliter,
Mose und Aaron.
Die Büß Miram, Mose
Schwester.
p) Disciplina illa opus non est ad consequendam remissionem peccatorem. — q) se-
veriore poenitentia compensarentut. - r) Ita etiam populo Israelitico, quum peccata
sua faterentur, veniarnque peterent, ignovit, semper tarnen severissimam ab eis
poenam sumpsit.
286. Gen 3,8-19.
287. Num 14,28ff.
288. Num 20,12.
289. Num 12,10.
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xvii. [3 £.]. Wenn der sünder kome und sage, seine sünd rewen in, so
sollen sye im vergeben. Was darffe es dann fil züchtigens und büssens,
nachdem der sünder von Sünden abgestanden ist, rewet und begeret
der gnaden?
5 Antwurt: Nichts darff es sein, Verzeihung der Sünden zu erlangen?.
Dann die sünde auß der barmhertzigkeit Gottes schon verzigen sind;
Auch nit für die begangene Sünden gnügzuthün. Welches allein durch
das blüt Christi geschieht. Dazu bedarff es aber des züchtigens und
büssens, das die sünd desto baß erkant und meer geschewet und die
10 gnad Christi desto theurer geschetzet und so fil meer fleiß angewendt
werde, dieselbige nit vergeblich uffzunemen und verhütet, das man
sobald nit wider in die sünd falle.
Wer ist doch der Gütlichen Sachen und menschlicher art und blöde
so onverstendig, der nit das erkennen könde? Wo die gröberen uber-
15 tretten mit dem ernst gebüsset wurden'?, wie der h. Apostel leret und
es in den alten recht geordneten Kirchen in heiligem [68 (S 4) b] seligen
brauch gewesen, es würde bei allen Kinderen Gottes gar ein ernstlichere
schewe und grewel der Sünden und fil ein anderen eifer zü war Christ-
lichem leben bringen, dann wir den nun leyder bei uns spüren.
20 Da Adam von seinen sünden abstünde und gnad begeret, was im
schon vergeben und hat Gott im seiner missethat zur ongnaden nit
meer gedacht 286. Noch hat im Gott dabei und allen seinen nachkommen,
das sterben und sofil jamer und leidens zur büß und besserung ufferlegt.
Also hat er auch dem volck Israel, wenn sie ire missethat bekenneten
25 und gnad begereten, verzigen, hat sie aber auch allemal gar ernstlich
gebüsset 1; Fiertzig jar hat er sie in der wüste umbher gefüret, biß die
auß Egypten außzogen alle, außgenomen Jehosua und Caleb, stürben 287.
Also müste auch Mose und Aaron ins versprochen landt nit komen, und
hat inen doch Gott auch die sünd vergeben 288.
30 Miram, Mose Schwester, hat wider Mose iren brüder und sein ampt
geredt, da plaget sie der Herr mit dem aussatz 289 ; Bald bekennet sie ir
sünd, batt umb gnad, Mose batt den Herren für sie. Der Herre aber
antwurtet: Wenn ir vatter ir ins angesicht gespewet bette, solte sie nit siben tag
sich Schemen? Laß sie verschliessen siben tag ausser dem leger, darnach laß sie
Bussen ist ein art^nei für
die gegenwärtigen und
künftigen sünden, nit für
die begangenen.
Wo die Büß in unseren
Kirchen were, wurde auch
mehr schewhe der sünden
sein.
Die Büß Adams und des
gant^en menschlichen
geschlechts.
Die Büß der Israeliter,
Mose und Aaron.
Die Büß Miram, Mose
Schwester.
p) Disciplina illa opus non est ad consequendam remissionem peccatorem. — q) se-
veriore poenitentia compensarentut. - r) Ita etiam populo Israelitico, quum peccata
sua faterentur, veniarnque peterent, ignovit, semper tarnen severissimam ab eis
poenam sumpsit.
286. Gen 3,8-19.
287. Num 14,28ff.
288. Num 20,12.
289. Num 12,10.