VON DER WAREN SEELSORGE
183
samen wolte, disen leuten, denen er also vons herren wegen verzige,
dennoch etwas büß 4 ufflegen und inen fleissig Zusehen, wie warlich sie
sich zur besserung" schicketen 291 ? Und were dennocht allen denen, die
sich zu besseren willen hetten, vergeben, sobald der herr inen dise
5 gnade zügesagt hette; Deren weren sie auch gründtlich versichert wor-
den, sobald sie inen der Amptman verkündet hette. Dabei wurden sie
aber dennoch von hertzen gern die uffgesetzte büß thün und die anderen
damit besseren, die sie züvor verergeret hetten. Und daher ists auch,
das man soliche und alle straffen, auch, da man die leüt gar vom leben
10 nimmet, besserung heisset.
Weil nun, wie etlichmal anzogen, in der Kirchen alles das die Sünden
mag erleyden und abtreiben, zum geflißnesten gehalten und geübet wer-
den solle, warumb solte dann solche besserung, Züchtigung und büß v
in der Kirchen Christi nit züm ernstlichsten zü [70(T 2) a] halten und zü
15 üben sein? Obwol alle Gottesungnad hin und gantze Verzeihung der
Sünden verlauhen ist, sobald uns die sünde rewet und wir im glauben
Christi der gnaden begeren? Aber in disem und allem anderen, das die
recht Christliche Gemeinschafft 292 erforderet, körnet aller Unverstand
und anstos daher, das wir leider nit genügsam wissen und beden-
20 cken, was gemeinschafft die Christen miteinander haben sollen und wie
weit sich die wäre seelsorge und gehorsame des Evangeli, das ist, an
Christum warlich glauben, erstrecke.
Der ander gegenwurff ist: Obschon die, so etwan in schwere sünd
gefallen und die Gemeind Gottes gröblich verergeret haben, filicht inen
25 selb zur witzigung w293 und den anderen zur besserung ein zeit in etwas
Kirchenzucht und büß zu halten weren, so reime es sich doch nit, das
man solche von dem h. Nachtmal außschliesse 294, wann sie der sünden
rewet. Dann wa solche in warer rewe sind irer sünden, so seien sie zü
trösten; Und bringe die gemeinschafft des Herren im h. Nachtmal ein
3° besonderen trost, das unsere sünde durch Christum unserem Herren
bezalet sind; Weil dann auch niemand recht büssen kan, dann in Christo,
so solle man sie abermal zur gemeinschafft Christi anreitzen, und nit
davon außschliessen.
Der ander gegemvurff,
wen rewet, dem solle man
den trost Christi nit
Vorhalten.
t) aliquid satisfactionis. - u) ad poenitentiam. — v) satisfactio. — w) fortasse in
suam ipsorum admonitionem.
291. »Wiedergutmachung«. Diese Bezeichnung ist aus dem german. Recht
genommen, vgl. W.Eiert: Morphologie I, S. 65 h
292. Vgl. W.Bellardi: Gesch. der christlichen Gemeinschaft. 1934- QFRG 18. —
G. A.nrich in: Festschrift für H. v. Schubert. 1929. S. 46—70.
293. Lehre, Warnung.
294. Für seine Abendmahlsauffassung und die nähere Bestimmung des Sinnes des
h. Abendmahls als Gemeinschaft Christi verweist B. auf seinen »Bericht auß der hl.
geschrift«, 1534 (Bibi. Nr. 43).
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samen wolte, disen leuten, denen er also vons herren wegen verzige,
dennoch etwas büß 4 ufflegen und inen fleissig Zusehen, wie warlich sie
sich zur besserung" schicketen 291 ? Und were dennocht allen denen, die
sich zu besseren willen hetten, vergeben, sobald der herr inen dise
5 gnade zügesagt hette; Deren weren sie auch gründtlich versichert wor-
den, sobald sie inen der Amptman verkündet hette. Dabei wurden sie
aber dennoch von hertzen gern die uffgesetzte büß thün und die anderen
damit besseren, die sie züvor verergeret hetten. Und daher ists auch,
das man soliche und alle straffen, auch, da man die leüt gar vom leben
10 nimmet, besserung heisset.
Weil nun, wie etlichmal anzogen, in der Kirchen alles das die Sünden
mag erleyden und abtreiben, zum geflißnesten gehalten und geübet wer-
den solle, warumb solte dann solche besserung, Züchtigung und büß v
in der Kirchen Christi nit züm ernstlichsten zü [70(T 2) a] halten und zü
15 üben sein? Obwol alle Gottesungnad hin und gantze Verzeihung der
Sünden verlauhen ist, sobald uns die sünde rewet und wir im glauben
Christi der gnaden begeren? Aber in disem und allem anderen, das die
recht Christliche Gemeinschafft 292 erforderet, körnet aller Unverstand
und anstos daher, das wir leider nit genügsam wissen und beden-
20 cken, was gemeinschafft die Christen miteinander haben sollen und wie
weit sich die wäre seelsorge und gehorsame des Evangeli, das ist, an
Christum warlich glauben, erstrecke.
Der ander gegenwurff ist: Obschon die, so etwan in schwere sünd
gefallen und die Gemeind Gottes gröblich verergeret haben, filicht inen
25 selb zur witzigung w293 und den anderen zur besserung ein zeit in etwas
Kirchenzucht und büß zu halten weren, so reime es sich doch nit, das
man solche von dem h. Nachtmal außschliesse 294, wann sie der sünden
rewet. Dann wa solche in warer rewe sind irer sünden, so seien sie zü
trösten; Und bringe die gemeinschafft des Herren im h. Nachtmal ein
3° besonderen trost, das unsere sünde durch Christum unserem Herren
bezalet sind; Weil dann auch niemand recht büssen kan, dann in Christo,
so solle man sie abermal zur gemeinschafft Christi anreitzen, und nit
davon außschliessen.
Der ander gegemvurff,
wen rewet, dem solle man
den trost Christi nit
Vorhalten.
t) aliquid satisfactionis. - u) ad poenitentiam. — v) satisfactio. — w) fortasse in
suam ipsorum admonitionem.
291. »Wiedergutmachung«. Diese Bezeichnung ist aus dem german. Recht
genommen, vgl. W.Eiert: Morphologie I, S. 65 h
292. Vgl. W.Bellardi: Gesch. der christlichen Gemeinschaft. 1934- QFRG 18. —
G. A.nrich in: Festschrift für H. v. Schubert. 1929. S. 46—70.
293. Lehre, Warnung.
294. Für seine Abendmahlsauffassung und die nähere Bestimmung des Sinnes des
h. Abendmahls als Gemeinschaft Christi verweist B. auf seinen »Bericht auß der hl.
geschrift«, 1534 (Bibi. Nr. 43).