Metadaten

Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 7): Schriften der Jahre 1538 - 1539 — Gütersloh, 1964

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.29833#0194
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
190

SCHRIFTEN DER JAHRE 1538-1539

Die straaff der Oberkeyt
ist den volkommenen
Christen auch eyn seel-
und gemssenart^nei.

Der obrist seelart^et,
Christus, hat neben der
%ucht der obren auch die
geystliche %ucht seiner
gemeyn geordnet.

erden noch nie vil gehept, die alles, so wider die gotseligkeyt, wider den
gemeynen friden und nutz, wider Zucht und güte sitten imermer geredt,
gethon oder gelassen würde, ernstlich straffeten, Hessen auch, wie Plato
leret 30?, alweg die lere und Warnung der straffe trewlich fürgohn“, noch
dannocht were am höchsten vonnöten, auch die vätterliche Zucht und 5
straff der Eltisten in der kirchen zu haben und trewhch zu üben die
durchs wort Christi und den gewalt des h. geysts nach yedes armen
gewissen blödigkeyt gemessiget und geübet werde, damit man bei den
kindern gottes, wann sie gesündiget, die wäre rewe und bestendige
besserung auß dem glauben an Christum unsern herren erweckete und 10
erlangete.

Es nemen wol die gotseligen auch der gemeynen obren straff auff als
von gott und Christo unserm herren, der dann allen gewalt und gericht
hat und übet in himel und erden, lassen derhalben soliche [75 (V 3) b]
straff inen auch uffs gewissen gohn, wie sie dann nach dem wort Pauli 15
den obren auch umb des gewissens willen underthon sein [Ro 13,5],
erinnerend sich auch dabei der Verzeihung, die unser himlischer vatter
allen denen, die sich in der straff zü im keren und sich seiner barmhertzig-
keyt in Christo vertrösten, verheyssen hat. Diser geyst aber und solli-
ches seHges uffnemen und geprauchen der straffe der obren findet sich 20
nit bei vilen und sollen aber in der Christlichen gemeyn alle verletze-
ten schaf verbunden und geheylet, das ist, zü warer gleubigen rewe und
besserung bracht werden; Die aber alleyn durch das Evangeli und den
geystlichen dienst der kirchen recht erwecket würt. Derhalben ist über
die gemeine Zucht und straf" der oberkeyt, wenn dieselbige gleich gantz 25
Chrisdich und in der straf auch geflissen und eiferig ist, als vonnöten,
das die gemeynden Christi eben ir eygne Zucht und straf haben; Welche
Zucht und straf bewisen werde in namen, in der person und an statt
Christi unsers herren mit heller und trunglicher erinnerung des strengen
götlichen gerichts und des gnügthuens unsers herren Christi für unser 30
sünd; Auch seines ernstlichen und tröstlichen befelchs, den er seiner
kirchen gegeben hat, uff erden zu binden und zu lösen, das im himel
gebunden und gelöset sei 310.

Und ist dessen die hauptursach dise. Unser herre Jesus, der eynig
künig 311 und haupt der kirchen, hat dise Zucht und büß seiner kirchen 35
also verordnet, wie hievor anzeyget, und nierget 312 gesagt, das solch

m) curarent etiam ... semper vigere doctrinam et admonitionem poenae. - n) ultra
... disciplinam ac poenam.

309. Platon: Protag. 324 B; Gorg. 525. 310. Mt 16,19.

311. Jesus, der »König der Kirche«, vgl. zum Beispiel Augustin: Enar. II in
Psal. 26 (MSL 36,199!.); ders. Enar. in Psal. 149 (MSL 37,1952!.); vgl. RE 8,733 ff.

312. Nirgends.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften