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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Editor]; Neuser, Wilhelm H. [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Strohm, Christoph [Editor]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 7): Schriften der Jahre 1538 - 1539 — Gütersloh, 1964

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https://doi.org/10.11588/diglit.29833#0199
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VON DER WAREN SEELSORGE 195

waren aber dazumal dem Römischen reich noch underworffen gantz
Syria, Aegypten, Asien, gantz Illyrien, Griechenland, Italia, vil vom
teutschen land, gantz Gallien, Hispanien, Aphrica.

Der h. Ambrosius hat zu Meyland wol so vil in seiner Kirchen gehabt,
5 als yetz bei uns yrgent eyn Ivirch haben mag, noch künde er die büß
in seiner Kirchen halten, das sich deren auch der Keyser Theodosius
underwerffen muste, wie wir oben erzelet haben.

Der h. Chrysostomus hat sein volck, das er in eyner predig zu Constan-
tinopel eynmal hat für hundertmal tausent überschlagen, noch hat er
10 auch die zucht und büß erhalten 333, desgleichen haben zü derselbigen
zeit alle Bischoff gethon, alleyn das eyner in dem eifriger und auch
klüger gewesen ist, die wäre besserung mit der büß zu fürderen.

Ja, sprechen hieruff ettliche: Diser eifer ist nit der Kirchen ingemeyn,
sonder diser besonderer Bischoff [79 (X 3) b] gewesen. Wer aber die
15 historien der Kirchen gelesen 334 und deren brauch auß der heyligen
vätter schrifften erkennet, der weyßt, das dise Kirchenzucht nit eyn werck
gewesen ist alleyn ettlicher Bischöffe, als Ambrosii, Chrysostomi und
anderer, die eyns steiffern 333 ernstlichem geysts gewesen seind, sonder
eyn gemeyne Zucht und artznei wider die sünden der Kirchen allent-
20 halben. Welches zwar das auch wol zeuget, das solche büßordnung und
strenge geweret hat biß auch uff die liederlichen bischöffe, die es mit
gesetzen wölten außrichten, davon wir hievor anzeyg gethon haben.

Derhalben uns warlich die menge der leute nit entschuldigen würt,
das wir solche Ordnung und zucht Christi, so heylsame artznei der
25 verwundten schafen des Herrn möchten mit gütem gewissen also ligen
lassen. Dann das ye niemand widersprechen kan, wer der alten h. lieben
vätter schrifften liset, das die Kirchen zü iren Zeiten am volck wol
reicher gewesen sind dann yetzunden, noch haben sie dise zucht und
büßordnung fruchtbarlich gehalten. Darumb lebet Christus in uns,
30 wie er in inen gelebet hat, treibet uns der geyst, der sie getriben hat, so
werden wir warlich nach diser seelartznei der büß mit mehrem ernst
trachten, dann bißher bei uns erscheinet.

Und wie uns nicht entschuldigen mag, wo wir hierin seumig sind,
das wir in unseren Kirchen vil leut haben, also mag uns auch nit ent-
35 schuldigen, das wir vil schwacher und brechhaffter leut haben oder auch
vil unchristen under den Christen. Dann in den [80 (X 4) a] Kirchen
der Apostel, der Märtyrer und der h. vätter sind auch vil schwacher
und brechhaffter Christen gewesen, dazü auch vil unkrauts under dem
weyssen und bock under den schafen 336, noch haben sie dise seelartznei

Schwacheyt der Christen
soll an der büß nit
hinderen.

323. Chrysostomus: Hom. XI zu Act. 4,23 (MSG 60,97).

324. Hist. Tripartita 9, 35 (CSEL 71, 553 f.).

325. Fester. 326. Mt 13,2401.; 25,3iff.
 
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