KASSELER KIRCHENORDNUNG
287
Wo aber die kinder h blöd und schwach weren, daß man besorgen
müst, sie kündten der verordenten 1 stunde zu tauffen nit erwarten,
damit sie dann k nit on die 1 heiligen tauff stürben 30, weil der Herr m die
kinder der Kirchen einmal 11 geschenckt hat, sol man die in° heuseren
5 odder Kirchen tauffen, nach dem? die notturfft und gelegenheit mit
jedem kind^ sein würt. Doch sol niemants gepüren, den heiligen tauff
von andern dann von den geordenten dienern unserer kirchen und
nach ordnung der selbigen seinen kindern zuentpfahen.
Von dem heiligen Abentmal.
10 Wann daß zuhalten sein wirdt, so sol der diener gleich | uff die predige D 8 b
die geheymniß des Hochwirdigen Sacraments erkleren 31, das nemlich
wir unsers fleysch und blüts halben so verderbt sein, daß wir das Reich
Gottes unsernthalben nit mögen ererben, und daß derhalben, daß uns
geholffen würde, das ewig wort Gottes und der son des almechtigen
15 fleysch und unser brüder worden ist, damit er uns seines fleisch und
seines gebeints mächte, und das er uns da sein leib und blüt mit dem
brot und wein übergebe 33, nit zur bauch speiß oder mit dem brode
natürlich vereinigete 33, aber zur speiß des ewigen lebens warlich und
wesentlich und darzu, das er in uns und wir in ime leben ein recht
20 heylig seliges, das ist 1 götlich leben. Derhalben wir mit warem glauben
und höchster andacht diß himlisch geschenck entpfahen und des Herren
herrlich gedecht|nuß 34 mit allen freuden und dancksagunge halten sollen E 1 a
und uns und das unser dem Herren von hertzen begeben und auff-
opfferen und das mit dem milten opfferen für die armen reichlich be-
ll) + so. — i) verordenten / geordenten. — k) fehlt: dann. — 1) die / den. — m) -f-
der. - n) der Kirchen einmal / ein mal der Kirchen. - o) + den. - p) + es. -
q) + erfordert und. - r) + ein.
30. Die Kirchenordnungen, die der Sächsischen Agende 1539 bzw. 1540 folgten,
kennen, im Anschluß an die römische Praxis, die durch Hebammen gespendete Not-
taufe. Der später reformierte Bereich lehnt im allgemeinen die Nottaufe ab. Dort,
wo sie in Übung ist, wird an der Vorschrift festgehalten, daß allein die ordentlich
bestellten Diener der Gemeinde die Nottaufe spenden dürfen.
31. Vgl. S. 284, Anm. 21, 21a, und die liturgische Ausführung Anlage 4.
32. Die Kirchenordnung übernimmt die Formulierung (cum pane et vino) der
Wittenberger Konkordie 1536 (vgl.Bitter, S. 118, und BS 63, Anm. 2), die in Hessen
als Bekenntnisschrift galt.
33. Ablehnung der Transsubstantiationslehre, die unter Umständen (vgl. die
Confutatio CR 27, 106 f.) in den Art. 10 der CA hineingelesen werden konnte.
Heppe I, S. 256, weist darauf hin, daß die Kasseler Kirchenordnung hier sich eng
der Confessio helvetica prior 1536 anschließt.- Vgl. jedoch auch Bucers Katechismus
1534; Reu I, 1, S. 45.
34. Vgl. Zwingli, 18. Artikel seiner Schlußreden; dazu auch Köhler I, S. 19fr.
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Wo aber die kinder h blöd und schwach weren, daß man besorgen
müst, sie kündten der verordenten 1 stunde zu tauffen nit erwarten,
damit sie dann k nit on die 1 heiligen tauff stürben 30, weil der Herr m die
kinder der Kirchen einmal 11 geschenckt hat, sol man die in° heuseren
5 odder Kirchen tauffen, nach dem? die notturfft und gelegenheit mit
jedem kind^ sein würt. Doch sol niemants gepüren, den heiligen tauff
von andern dann von den geordenten dienern unserer kirchen und
nach ordnung der selbigen seinen kindern zuentpfahen.
Von dem heiligen Abentmal.
10 Wann daß zuhalten sein wirdt, so sol der diener gleich | uff die predige D 8 b
die geheymniß des Hochwirdigen Sacraments erkleren 31, das nemlich
wir unsers fleysch und blüts halben so verderbt sein, daß wir das Reich
Gottes unsernthalben nit mögen ererben, und daß derhalben, daß uns
geholffen würde, das ewig wort Gottes und der son des almechtigen
15 fleysch und unser brüder worden ist, damit er uns seines fleisch und
seines gebeints mächte, und das er uns da sein leib und blüt mit dem
brot und wein übergebe 33, nit zur bauch speiß oder mit dem brode
natürlich vereinigete 33, aber zur speiß des ewigen lebens warlich und
wesentlich und darzu, das er in uns und wir in ime leben ein recht
20 heylig seliges, das ist 1 götlich leben. Derhalben wir mit warem glauben
und höchster andacht diß himlisch geschenck entpfahen und des Herren
herrlich gedecht|nuß 34 mit allen freuden und dancksagunge halten sollen E 1 a
und uns und das unser dem Herren von hertzen begeben und auff-
opfferen und das mit dem milten opfferen für die armen reichlich be-
ll) + so. — i) verordenten / geordenten. — k) fehlt: dann. — 1) die / den. — m) -f-
der. - n) der Kirchen einmal / ein mal der Kirchen. - o) + den. - p) + es. -
q) + erfordert und. - r) + ein.
30. Die Kirchenordnungen, die der Sächsischen Agende 1539 bzw. 1540 folgten,
kennen, im Anschluß an die römische Praxis, die durch Hebammen gespendete Not-
taufe. Der später reformierte Bereich lehnt im allgemeinen die Nottaufe ab. Dort,
wo sie in Übung ist, wird an der Vorschrift festgehalten, daß allein die ordentlich
bestellten Diener der Gemeinde die Nottaufe spenden dürfen.
31. Vgl. S. 284, Anm. 21, 21a, und die liturgische Ausführung Anlage 4.
32. Die Kirchenordnung übernimmt die Formulierung (cum pane et vino) der
Wittenberger Konkordie 1536 (vgl.Bitter, S. 118, und BS 63, Anm. 2), die in Hessen
als Bekenntnisschrift galt.
33. Ablehnung der Transsubstantiationslehre, die unter Umständen (vgl. die
Confutatio CR 27, 106 f.) in den Art. 10 der CA hineingelesen werden konnte.
Heppe I, S. 256, weist darauf hin, daß die Kasseler Kirchenordnung hier sich eng
der Confessio helvetica prior 1536 anschließt.- Vgl. jedoch auch Bucers Katechismus
1534; Reu I, 1, S. 45.
34. Vgl. Zwingli, 18. Artikel seiner Schlußreden; dazu auch Köhler I, S. 19fr.