Martin Bucers Deutsche Schriften

Einleitung

Innerhalb der Reihe von Jahren, in denen Bucer einen starken Einfluß
auf die kirchliche und auch politische Entwicklung Hessens ausgeübt
hat, stellt das Jahr 1538 in mancher Hinsicht einen Höhepunkt dar:
In diesem Jahr brachte Bucer nicht nur die Täuferfrage in Hessen
durch eingehende Verhandlungen zu einer Lösung 1, er griff darüber
hinaus durch die Abfassung der Ziegenhainer Zucht- und der Kasseler
Kirchenordnung 2 weitreichend in den inneren Aufbau des hessischen
Kirchenwesens ein und leistete schließlich mit seinem »Ratschlag« über
die Frage, ob und wie eine christliche Obrigkeit die Juden unter den
Christen dulden dürfe, einen Beitrag zur Lösung der hessischen
Judenfrage, die während der Reformationszeit neu aufgebrochen war 3 * S..

I.

Im Jahre 1538 hatte in Hessen die Frage der Duldung oder Ausweisung
der Juden bereits eine 15 jährige Vorgeschichte hinter sich. Am 28. Juli
15 24 hatte nämlich der Landgraf Philipp in einem Ausschreiben unter
anderem auch die Ausweisung der Juden aus seinem Territorium an-

1. Vgl. dazu im einzelnen die hessischen Wiedertäuferakten bei G. FranS. 213 ff.

2. Vgl. die Ausgabe der beiden Ordnungen oben, S. 247fr.

3. Als spezielle Literatur hierzu seien folgende Untersuchungen genannt: R. Boden-
heimer: Beitrag zur Geschichte der Juden in Oberhessen von ihrer frühesten Erwäh-
nung bis zur Emanzipation. Phil. Diss. Gießen 1931. - A. Cohn: Beiträge zur Ge-
schichte der Juden in Hessen-Kassel im 17. und 18. Jahrhundert. Phil. Diss. Marburg

1933. — S. Engelbert: Das Recht der israelitischen Religionsgemeinschaft in Kur-
hessen. Iur. Diss. Marburg 1913. — L. Feilchenfeld: Rabbi Josel von Rosheim. Ein
Beitrag zur Geschichte der Juden in Deutschland im Reformationszeitalter. Phil.
Diss. Straßburg 1898. — H.Frick: Die evangelische Mission. Bonn und Leipzig
1922.- C. H. S. Gat^ert: Tractatus iuris Germanici deludaeorum inHassia iuribus
atque obligationibus. Gießen 1771. — C.F. Günther: Bilder aus hessischer Vorzeit.
Darmstadt 1853. S. 69—132. — H. Heppe: Kirchengeschichte beider Hessen. Bd. 1.
Marburg 1876. — W. Holsten: Christentum und nichtchristliche Religion nach der
Auffassung Bucers. ThStKr 1936. Jg. 107. S. 105-194. - Len^ I, S. 55 ff. - W. Maurer:
Martin Butzer und die Judenfrage in Hessen. Zeitschr. d. Vereins f. hess. Geschichte
und Landeskunde. Bd. 64. 1953. S. 29—43. — Ders.: Kirche und Synagoge. Motive
und Formen der Auseinandersetzung der Kirche mit dem Judentum im Laufe der
Geschichte. Stuttgart 1953. - L. Munk: Die Judenordnungen in Hessen-Cassel. In:
Judaica. Festschrift zu H. Cohens 70. Geburtstage. Berlin 1912. S. 377—388. —
N. Paulus: Die Judenfrage und die hessischen Prediger in der Reformationszeit.
In: Der Katholik, 1891. Jg. 71. S. 3i7ff. — Chr. v. Rommel: Geschichte von Hessen.
Bd. 1. Kassel 1820. - L. Salfeld: Die Judenpolitik Philipps des Großmütigen. In:
Philipp der Großmütige. Beiträge zur Geschichte seines Lebens und seiner Zeit.
Hg. v. d. Histor. Verein f. d. Großherzogtum Hessen. Marburg 1904. S. 519-544.—

S. Stern: Josel von Rosheim. Stuttgart 1959.