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VOM TAG ZU HAGENAW (1540)
Nürnberger Anstandes und gegen den Frankfurter Anstand an sich, besonders
gegen das im letztgenannten Anstand angebotene Religionsgespräch, das seiner
Meinung nach auf ein allgemeines Konzil und nirgendwohin sonst gehöre. In der
Schrift bekämpfte er auch Bucers einige Monate zuvor unter dem Pseudonym
Chunrad Trewe erschienene Schrift Vom Nürnbergischen fridestand7. Im zweiten
Teil von Brauns Schrift tritt Bucer auf als Cuntz Frech, dessen Gewährsmann, der
Sekretär, »die Pfaffen und das Chammergericht wol außgeputzt« habe8. In diesem
Teil tritt die Tendenz der ganzen Schrift noch klarer als sonstwo hervor: es gehe den
Protestierenden nur um den Besitz der kirchlichen Güter. Bucer hatte bald mit der
Schrift Von Kirchengütern geantwortet9. Obwohl er darin weit ausholte, behandelte
er auch einiges nicht. Er versprach aber, auf ein weiteres Thema später einzugehen,
nämlich die Nationalversammlung, die die Religionsfrage zu behandeln habe. »Von
dem müssen wir noch ein eigen gesprech haben. In dem will ich auch mit guten,
hellen ursachen und gründen dar thun, das wir zu solchem National Concili und
handlung des Papsts zulassung oder zu thun gar nicht bedörffen. Dann uns solches
von Gott und den alten, bewerten Canonibus auch wider den Papst zu halten, wenn
er straffbar ist, uffs ernstlichst gepotten ist«10. Im März 1540 war Bucer noch etwas
konkreter: »... auch hab ich dialogus vor mir von den concilien, wie die zu halten,
und durch wen sie zu beruffen und zu besetzen sind, daran ich die ubrig antwort
hencken wolte uff den camergerichtischen bösen dialogum«11. In dieser neuen
Schrift löste Bucer sein Wort ein. Jetzt stellt Bucer die hier genannten Fragen in
einen breiteren Rahmen und gibt er die Dialogform auf. Ersteres hat mit den Ent-
wicklungen im Sommer zu tun.
Man spürt nämlich in Bucers Auseinandersetzungen den Einfluß der Hagenauer
Ereignisse. Seine erste Reaktion auf den Abschied war nicht allzu negativ: »fil milter
... dann sichs ansehen ließe«12. Bald wurde er viel kritischer; man sei in Hagenau
keinen Schritt weitergekommen, die Religionsverhandlungen im eigentlichen Sinne
des Wortes haben nicht einmal angefangen. Am Schluß von Per quos steterit gab er
deshalb als Zweck seiner Schrift an: »... ut iudicetis nihil prorsus causae, cur Haga-
noae agi de instauranda religione caeptum non sit, nobis vere adscribi posse«13. In
seinen Ausführungen gab er den Katholiken, die in der Vorbesprechung darauf
gedrungen hatten, wieder bei den sogenannten Ergebnissen der Augsburger Ver-
handlungen von 1530 anzuknüpfen und die diesen Beschluß durchgesetzt hatten, die
Alleinschuld am Scheitern des Konvents: in Augsburg habe man keine von beiden
Parteien anerkannten Ergebnisse erzielt, man solle vielmehr gemäß den Bestimmun-
gen des Frankfurter Anstandes freie Diskussionen veranstalten14. Nur einige
7. BDS 7, S. 395-502.
8. Braun, ab Bl. K4a, das Zitat Bl. L1a.
9. Bibl. Nr. 65. Das Vorwort ist vom 3. Februar 1540 datiert.
10. Von Kirchengütern, Bl. D2b.
11. Lenz 1, Nr. 57, S. 155.
12. Lenz 1, Nr. 78, S. 206.
13. S. 321, Z. 7-8.
14. S. 173, Z. 8-21.
VOM TAG ZU HAGENAW (1540)
Nürnberger Anstandes und gegen den Frankfurter Anstand an sich, besonders
gegen das im letztgenannten Anstand angebotene Religionsgespräch, das seiner
Meinung nach auf ein allgemeines Konzil und nirgendwohin sonst gehöre. In der
Schrift bekämpfte er auch Bucers einige Monate zuvor unter dem Pseudonym
Chunrad Trewe erschienene Schrift Vom Nürnbergischen fridestand7. Im zweiten
Teil von Brauns Schrift tritt Bucer auf als Cuntz Frech, dessen Gewährsmann, der
Sekretär, »die Pfaffen und das Chammergericht wol außgeputzt« habe8. In diesem
Teil tritt die Tendenz der ganzen Schrift noch klarer als sonstwo hervor: es gehe den
Protestierenden nur um den Besitz der kirchlichen Güter. Bucer hatte bald mit der
Schrift Von Kirchengütern geantwortet9. Obwohl er darin weit ausholte, behandelte
er auch einiges nicht. Er versprach aber, auf ein weiteres Thema später einzugehen,
nämlich die Nationalversammlung, die die Religionsfrage zu behandeln habe. »Von
dem müssen wir noch ein eigen gesprech haben. In dem will ich auch mit guten,
hellen ursachen und gründen dar thun, das wir zu solchem National Concili und
handlung des Papsts zulassung oder zu thun gar nicht bedörffen. Dann uns solches
von Gott und den alten, bewerten Canonibus auch wider den Papst zu halten, wenn
er straffbar ist, uffs ernstlichst gepotten ist«10. Im März 1540 war Bucer noch etwas
konkreter: »... auch hab ich dialogus vor mir von den concilien, wie die zu halten,
und durch wen sie zu beruffen und zu besetzen sind, daran ich die ubrig antwort
hencken wolte uff den camergerichtischen bösen dialogum«11. In dieser neuen
Schrift löste Bucer sein Wort ein. Jetzt stellt Bucer die hier genannten Fragen in
einen breiteren Rahmen und gibt er die Dialogform auf. Ersteres hat mit den Ent-
wicklungen im Sommer zu tun.
Man spürt nämlich in Bucers Auseinandersetzungen den Einfluß der Hagenauer
Ereignisse. Seine erste Reaktion auf den Abschied war nicht allzu negativ: »fil milter
... dann sichs ansehen ließe«12. Bald wurde er viel kritischer; man sei in Hagenau
keinen Schritt weitergekommen, die Religionsverhandlungen im eigentlichen Sinne
des Wortes haben nicht einmal angefangen. Am Schluß von Per quos steterit gab er
deshalb als Zweck seiner Schrift an: »... ut iudicetis nihil prorsus causae, cur Haga-
noae agi de instauranda religione caeptum non sit, nobis vere adscribi posse«13. In
seinen Ausführungen gab er den Katholiken, die in der Vorbesprechung darauf
gedrungen hatten, wieder bei den sogenannten Ergebnissen der Augsburger Ver-
handlungen von 1530 anzuknüpfen und die diesen Beschluß durchgesetzt hatten, die
Alleinschuld am Scheitern des Konvents: in Augsburg habe man keine von beiden
Parteien anerkannten Ergebnisse erzielt, man solle vielmehr gemäß den Bestimmun-
gen des Frankfurter Anstandes freie Diskussionen veranstalten14. Nur einige
7. BDS 7, S. 395-502.
8. Braun, ab Bl. K4a, das Zitat Bl. L1a.
9. Bibl. Nr. 65. Das Vorwort ist vom 3. Februar 1540 datiert.
10. Von Kirchengütern, Bl. D2b.
11. Lenz 1, Nr. 57, S. 155.
12. Lenz 1, Nr. 78, S. 206.
13. S. 321, Z. 7-8.
14. S. 173, Z. 8-21.