WORMSER BUCH, LATEIN (1540/1541)
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Über den Lauf der Besprechungen sind wir schlecht informiert. Man erörterte die
kontroversen Lehren anhand eines von Gropper verfaßten kurzen Entwurfs, der
von Bucer und Capito korrigiert wurde1 * * * * * * * * * * 12. Die Verhandlungen gingen zügig vonstat-
ten und das stimmte Bucer zuversichtlich13. Auch in einer späteren Phase der Dis-
kussionen war er nicht unzufrieden; in den wichtigen Angelegenheiten erzielte man
Übereinstimmung14. Wie früher in Hagenau, gewann er auch jetzt einen günstigen
Eindruck von Gropper15. Dennoch herrschte immer bei Bucer noch ein gewisses
Mißtrauen gegen Gropper und Veltwijck vor: bisweilen hatte er den Eindruck, die
beiden wünschten tatsächlich eine Reformation, dann wieder kam ihm der Ver-
dacht, hinter dieser Fassade verbärgen sich andersartige Zwecke16. Groppers Ent-
wurf wurde gründlich durchdiskutiert und tiefgreifend geändert17 und irgendwann
zwischen dem 25. und dem 31. Dezember wurde das Ergebnis der Verhandlungen,
das sogenannte Wormser Buch18, zu Papier gebracht19.
Die Unterhändler vereinbarten, den Entwurf zuerst dem Landgrafen Philipp von
Hessen und dem Kurfürsten Joachim II. von Brandenburg und erst danach dem
Kaiser und den Protestanten zu unterbreiten20. Granvella hatte jedoch einen anderen
Plan vor. Er wollte zuerst das Urteil des Landgrafen herausfinden. Falls dieses posi-
tiv sei, könne er den Entwurf dem Kaiser unterbreiten und diesem vom Krieg abra-
ten, den Mainz und Bayern wünschten. Obwohl Bucer von dieser Handlungsweise
eine Isolierung des Landgrafen gegenüber den anderen protestantischen Fürsten
befürchtete, mußte er dem entschiedenen Willen Granvellas nachgeben21. In Gießen
1, Nr. 104, S. 286: »und ist doch der keiserlich secretari eben frei mit worten«; vgl. Lenz 1, S. 531.
B., Von den einigen rechten wegen und mitlen (Bibl. Nr. 80), S. 65-66, teilt aber zweimal mit, daß
die Gespräche stattfanden »in beysein« Veltwijcks. Er hat sich wohl besonders mit den Fragen der
Praxis beschäftigt; s. Lenz 1, Nr. 107, S. 297-298.
12. s. Anm. 35.
13. Lenz 1, Nr. 101, S. 276: »Auff diß haben wir vorgedachte fier, der doctor, der secretari,
Capito und ich, solich gesprech desselbigen tags und seither geubet und seind im articel der erbsun-
den und justification so nahe zusamen komen: wa es in andern dergestalt sich schicken wolte und
aber dann die k. mt. ir auch soliche unsere vergleichung wolte gefallen lassen, so mochte wol etwas
guts drauß werden«.
14. Lenz 1, Nr. 104, S. 286: »Unser gesprech gohn nach fur, und laßt sichs ansehen, alß wollt es
sich in hauptstucken nit so gar ubel zusamen tragen«.
15. Lenz 1, Nr. 101, S. 278: »der ein gotsforcht hat, alß wirs achten mögen«.
16. Lenz 1, Nr. 104, S. 286: »Ich bin diser leut halben irr«.
17. B.: Von den einigen rechten wegen und mitlen. S. 67: »Aber D. Capito selig und ich haben im
allemal in solchen articklen frei und clar angezeiget, was wir in solchen seinen gedancken für christ-
lich und der Schrifft gemeß oder nit, was wir auch zu christlicher vergleichung dienstlich oder
ondienstlich hielten«.
18. Pfeilschifter spricht vom >Wormser Entwurf<; s. ARC 6, S. 21-22. Es empfiehlt sich m.E.,
deutlichkeitshalber auch in der Bezeichnung das in Worms erzielte Ergebnis der Verhandlungen von
dem >Regensburger Buch< zu unterscheiden, und zugleich das enge Verhältnis zwischen den beiden
zu betonen. Die Benennung >Wormser Buch< entspricht diesem doppelten Bedürfnis.
19. Am 25. Dezember schreibt B.: »Die Articel sind nach nit gefasset«; Lenz 1, Nr. 104, S. 286.
Am 31. erwähnt er »die schrifften, so wir verfasset«; Lenz 1, Nr. 106, S. 289.
20. Lenz 1, Nr. 106, S. 289-290.
21. Lenz 1, Nr. 107, S. 297-300. Besonders interessant ist der Bericht Granvellas an den Kaiser;
ARC 3, Nr. 105 A, S. 341, Z. 27 - S. 343, Z. 29.
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Über den Lauf der Besprechungen sind wir schlecht informiert. Man erörterte die
kontroversen Lehren anhand eines von Gropper verfaßten kurzen Entwurfs, der
von Bucer und Capito korrigiert wurde1 * * * * * * * * * * 12. Die Verhandlungen gingen zügig vonstat-
ten und das stimmte Bucer zuversichtlich13. Auch in einer späteren Phase der Dis-
kussionen war er nicht unzufrieden; in den wichtigen Angelegenheiten erzielte man
Übereinstimmung14. Wie früher in Hagenau, gewann er auch jetzt einen günstigen
Eindruck von Gropper15. Dennoch herrschte immer bei Bucer noch ein gewisses
Mißtrauen gegen Gropper und Veltwijck vor: bisweilen hatte er den Eindruck, die
beiden wünschten tatsächlich eine Reformation, dann wieder kam ihm der Ver-
dacht, hinter dieser Fassade verbärgen sich andersartige Zwecke16. Groppers Ent-
wurf wurde gründlich durchdiskutiert und tiefgreifend geändert17 und irgendwann
zwischen dem 25. und dem 31. Dezember wurde das Ergebnis der Verhandlungen,
das sogenannte Wormser Buch18, zu Papier gebracht19.
Die Unterhändler vereinbarten, den Entwurf zuerst dem Landgrafen Philipp von
Hessen und dem Kurfürsten Joachim II. von Brandenburg und erst danach dem
Kaiser und den Protestanten zu unterbreiten20. Granvella hatte jedoch einen anderen
Plan vor. Er wollte zuerst das Urteil des Landgrafen herausfinden. Falls dieses posi-
tiv sei, könne er den Entwurf dem Kaiser unterbreiten und diesem vom Krieg abra-
ten, den Mainz und Bayern wünschten. Obwohl Bucer von dieser Handlungsweise
eine Isolierung des Landgrafen gegenüber den anderen protestantischen Fürsten
befürchtete, mußte er dem entschiedenen Willen Granvellas nachgeben21. In Gießen
1, Nr. 104, S. 286: »und ist doch der keiserlich secretari eben frei mit worten«; vgl. Lenz 1, S. 531.
B., Von den einigen rechten wegen und mitlen (Bibl. Nr. 80), S. 65-66, teilt aber zweimal mit, daß
die Gespräche stattfanden »in beysein« Veltwijcks. Er hat sich wohl besonders mit den Fragen der
Praxis beschäftigt; s. Lenz 1, Nr. 107, S. 297-298.
12. s. Anm. 35.
13. Lenz 1, Nr. 101, S. 276: »Auff diß haben wir vorgedachte fier, der doctor, der secretari,
Capito und ich, solich gesprech desselbigen tags und seither geubet und seind im articel der erbsun-
den und justification so nahe zusamen komen: wa es in andern dergestalt sich schicken wolte und
aber dann die k. mt. ir auch soliche unsere vergleichung wolte gefallen lassen, so mochte wol etwas
guts drauß werden«.
14. Lenz 1, Nr. 104, S. 286: »Unser gesprech gohn nach fur, und laßt sichs ansehen, alß wollt es
sich in hauptstucken nit so gar ubel zusamen tragen«.
15. Lenz 1, Nr. 101, S. 278: »der ein gotsforcht hat, alß wirs achten mögen«.
16. Lenz 1, Nr. 104, S. 286: »Ich bin diser leut halben irr«.
17. B.: Von den einigen rechten wegen und mitlen. S. 67: »Aber D. Capito selig und ich haben im
allemal in solchen articklen frei und clar angezeiget, was wir in solchen seinen gedancken für christ-
lich und der Schrifft gemeß oder nit, was wir auch zu christlicher vergleichung dienstlich oder
ondienstlich hielten«.
18. Pfeilschifter spricht vom >Wormser Entwurf<; s. ARC 6, S. 21-22. Es empfiehlt sich m.E.,
deutlichkeitshalber auch in der Bezeichnung das in Worms erzielte Ergebnis der Verhandlungen von
dem >Regensburger Buch< zu unterscheiden, und zugleich das enge Verhältnis zwischen den beiden
zu betonen. Die Benennung >Wormser Buch< entspricht diesem doppelten Bedürfnis.
19. Am 25. Dezember schreibt B.: »Die Articel sind nach nit gefasset«; Lenz 1, Nr. 104, S. 286.
Am 31. erwähnt er »die schrifften, so wir verfasset«; Lenz 1, Nr. 106, S. 289.
20. Lenz 1, Nr. 106, S. 289-290.
21. Lenz 1, Nr. 107, S. 297-300. Besonders interessant ist der Bericht Granvellas an den Kaiser;
ARC 3, Nr. 105 A, S. 341, Z. 27 - S. 343, Z. 29.