10 Zu diesen Bemühungen vgl. Steinruck, J., Johann Baptist Fickler. Em Laie im Dienste der Gegenreformation
(Reformationsgeschichtliche Studien und Texte 89). Münster 1965, 104 — 109.
11 Die Angabe des Materials als Gußeisen ist unrichtig; so bei Fleischhauer, Renaissance 1971, 256.
12 Vgl. dazu die statistische Zusammenstellung bei Glaser und Bornschlegel, Datierungen 1996, 527, 531.
OABLeonberg 1930, 1028. — Gall, A., in: Heimatverein Weil der Stadt. Berichte und Mitteilungen 2 (1951) nr. 12. -
Fleischhauer, Renaissance 1971, 256. — Schütz, Siegfried, Die Stadtkirche von St. Peter und Paul in Weil der Stadt. Weil
der Stadt 1985, 39 f. mit Abb.
184 Weil der Stadt, Alter Friedhof 1544
Epitaph des Andreas (Endres) Spidel (Speidel) und seiner Ehefrau Elisabeth. Querrechteckige Platte
aus rotem Sandstein, eingelassen in die westliche Umfassungsmauer neben dem Eingang. Rand von
Ritzlinie umzogen. Achtzeilige Inschrift. Links unten schräglaufender Bruch. Das ursprünglich vor-
handene Wasserschlaggesims mit Steinmetzzeichen ist nicht erhalten.
H. 110, B. 119,5, Bu. 7—7,5 cm. — Gotische Minuskel mit Versalien, Sonderform Abb. 87
An(n)o ■ d(omi)ni • 1 • 5 • 4 • 2 • ist versch(aiden) / der ■ ersa(m) • endres •
Spidel • de(n) • 2 • 8 / tag ■ aüg(usti) • sein • alter • 9 ■ 8 • mit • / ainer • husfrov •
hüsgehalt(en) • 7 • 2 / An(n)o • d(omi)ni ■ 1 • 5 • 4 • 4 • ist • ver/schaiden • die •
erber • frow • elisabet • Spidlin • vf • den • 1 • 0 / tag • Sep(tembris) • de(nen) • beide
• got ■ gnad
Andreas Spidel gehörte einer Familie von Weiler Goldschmieden an, die für den württembergischen
Hof arbeiteten1. Andreas hatte 1564/65 und 1569/70 „müntzeisen ‘ und „sigel“ für Herzog Christoph
von Württemberg zu schneiden2.
Der Verstorbene ist laut Aussage der Grabschrift 1444 geboren. Die Inschrift enthält damit eine seltene
Quellenangabe über das Lebensalter und beweist, daß auch im 16. Jahrhundert zuweilen ein sehr hohes
Alter erreicht wurde.
Die Schriftart ist eine ungewöhnliche Sonderform der Gotischen Minuskel. Abgesehen von dem
Anfangs-/! nur der Buchstabe S als Versal geformt. Dieses spitz zulaufende A mit langem Deckstrich
hat weit gespreizte Schräghasten, verbunden durch einen nach unten gebrochenen Mittelbalken, und
entspricht damit einer in der Frühhumanistischen Kapitalis häufigen Form. Bei den Gemeinen sind
die Rundungen durchgängig durch eckige Formen ersetzt. Unterlängen haben nur h undp, während
g und langes s auf der Grundlinie bleiben. Besonders eigenwillig geformt ist das im Kern noch zwei-
stöckige a; es nähert sich dem o durch Verzicht auf das umgebrochene untere Hastenende. Einzelne
Buchstaben — so S, Rund W — haben Kapitalis-Form, obgleich sie in das Mittelband eingepaßt sind
oder am Wortende stehen. Insgesamt haben wir eine bewußt verfremdete gotische Minuskelschrift
vor uns, deren Wahl möglicherweise dem epigraphisch schöpferischen Goldschmied-Milieu zu ver-
danken ist.
1 Ein Michael Spidel fertigte 1482 das Szepter für die Artistenfakultät der neugegründeten Universität Tübingen an;
vgl. Württemberg im Spätmittelalter. Kat. d. Ausst. des HStA Stuttgart u. d.WLB Stuttgart 1985, Kat.-Nr. 180, S. 175
(mit Literaturangaben); Decker-Hauff, H. u. Setzler, W, Die Universität Tübingen 1477-1977 in Bildern und
Dokumenten. Tübingen 1977, 42 und 44 f. — Em Hans Speydel war 1527 Inhaber der Liebfrauenpfründe im Spital
und 1533 Pfründner des Sebastiansaltares in der Stadtkirche zu Weil; Glöckle, Weil der Stadt 1956, 196, 282.
2 Rott, Quellen und Forschungen II: Altschwaben und die Reichsstädte 1934, 233.
OABLeonberg 1930, 1030. — Hammer, E, Eiserne Hochzeit in Weil der Stadt im Jahre 1540. In: Heimatverein Weil der
Stadt. Mitteilungen und Berichte 34 (1985) H. 2, 4f. mit Abb.
185 j* Weil der Stadt, Augustiner-Klosterkirche 1544
Grabmal des Priors Johannes Holzinger. Gestaltung unbekannt.
Wortlaut nach Protocollum conventus.
A(nn)o d(omi)ni 1544 . Migrauit R(everendus) p(ater) Joannes Holzinger prior
hui(us) Conuentus .
Im Jahr des Herrn 1544 hat der ehrwürdige Pater Johannes Holzinger, Prior dieses Konvents, die Wanderung (gen Him-
mel) angetreten.
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(Reformationsgeschichtliche Studien und Texte 89). Münster 1965, 104 — 109.
11 Die Angabe des Materials als Gußeisen ist unrichtig; so bei Fleischhauer, Renaissance 1971, 256.
12 Vgl. dazu die statistische Zusammenstellung bei Glaser und Bornschlegel, Datierungen 1996, 527, 531.
OABLeonberg 1930, 1028. — Gall, A., in: Heimatverein Weil der Stadt. Berichte und Mitteilungen 2 (1951) nr. 12. -
Fleischhauer, Renaissance 1971, 256. — Schütz, Siegfried, Die Stadtkirche von St. Peter und Paul in Weil der Stadt. Weil
der Stadt 1985, 39 f. mit Abb.
184 Weil der Stadt, Alter Friedhof 1544
Epitaph des Andreas (Endres) Spidel (Speidel) und seiner Ehefrau Elisabeth. Querrechteckige Platte
aus rotem Sandstein, eingelassen in die westliche Umfassungsmauer neben dem Eingang. Rand von
Ritzlinie umzogen. Achtzeilige Inschrift. Links unten schräglaufender Bruch. Das ursprünglich vor-
handene Wasserschlaggesims mit Steinmetzzeichen ist nicht erhalten.
H. 110, B. 119,5, Bu. 7—7,5 cm. — Gotische Minuskel mit Versalien, Sonderform Abb. 87
An(n)o ■ d(omi)ni • 1 • 5 • 4 • 2 • ist versch(aiden) / der ■ ersa(m) • endres •
Spidel • de(n) • 2 • 8 / tag ■ aüg(usti) • sein • alter • 9 ■ 8 • mit • / ainer • husfrov •
hüsgehalt(en) • 7 • 2 / An(n)o • d(omi)ni ■ 1 • 5 • 4 • 4 • ist • ver/schaiden • die •
erber • frow • elisabet • Spidlin • vf • den • 1 • 0 / tag • Sep(tembris) • de(nen) • beide
• got ■ gnad
Andreas Spidel gehörte einer Familie von Weiler Goldschmieden an, die für den württembergischen
Hof arbeiteten1. Andreas hatte 1564/65 und 1569/70 „müntzeisen ‘ und „sigel“ für Herzog Christoph
von Württemberg zu schneiden2.
Der Verstorbene ist laut Aussage der Grabschrift 1444 geboren. Die Inschrift enthält damit eine seltene
Quellenangabe über das Lebensalter und beweist, daß auch im 16. Jahrhundert zuweilen ein sehr hohes
Alter erreicht wurde.
Die Schriftart ist eine ungewöhnliche Sonderform der Gotischen Minuskel. Abgesehen von dem
Anfangs-/! nur der Buchstabe S als Versal geformt. Dieses spitz zulaufende A mit langem Deckstrich
hat weit gespreizte Schräghasten, verbunden durch einen nach unten gebrochenen Mittelbalken, und
entspricht damit einer in der Frühhumanistischen Kapitalis häufigen Form. Bei den Gemeinen sind
die Rundungen durchgängig durch eckige Formen ersetzt. Unterlängen haben nur h undp, während
g und langes s auf der Grundlinie bleiben. Besonders eigenwillig geformt ist das im Kern noch zwei-
stöckige a; es nähert sich dem o durch Verzicht auf das umgebrochene untere Hastenende. Einzelne
Buchstaben — so S, Rund W — haben Kapitalis-Form, obgleich sie in das Mittelband eingepaßt sind
oder am Wortende stehen. Insgesamt haben wir eine bewußt verfremdete gotische Minuskelschrift
vor uns, deren Wahl möglicherweise dem epigraphisch schöpferischen Goldschmied-Milieu zu ver-
danken ist.
1 Ein Michael Spidel fertigte 1482 das Szepter für die Artistenfakultät der neugegründeten Universität Tübingen an;
vgl. Württemberg im Spätmittelalter. Kat. d. Ausst. des HStA Stuttgart u. d.WLB Stuttgart 1985, Kat.-Nr. 180, S. 175
(mit Literaturangaben); Decker-Hauff, H. u. Setzler, W, Die Universität Tübingen 1477-1977 in Bildern und
Dokumenten. Tübingen 1977, 42 und 44 f. — Em Hans Speydel war 1527 Inhaber der Liebfrauenpfründe im Spital
und 1533 Pfründner des Sebastiansaltares in der Stadtkirche zu Weil; Glöckle, Weil der Stadt 1956, 196, 282.
2 Rott, Quellen und Forschungen II: Altschwaben und die Reichsstädte 1934, 233.
OABLeonberg 1930, 1030. — Hammer, E, Eiserne Hochzeit in Weil der Stadt im Jahre 1540. In: Heimatverein Weil der
Stadt. Mitteilungen und Berichte 34 (1985) H. 2, 4f. mit Abb.
185 j* Weil der Stadt, Augustiner-Klosterkirche 1544
Grabmal des Priors Johannes Holzinger. Gestaltung unbekannt.
Wortlaut nach Protocollum conventus.
A(nn)o d(omi)ni 1544 . Migrauit R(everendus) p(ater) Joannes Holzinger prior
hui(us) Conuentus .
Im Jahr des Herrn 1544 hat der ehrwürdige Pater Johannes Holzinger, Prior dieses Konvents, die Wanderung (gen Him-
mel) angetreten.
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