Die Südmauer war gemeint, als am 8. November 1518 durch Ratsverlaß geboten wurde: mit der eus-
sern mauer an dem gotsacker zu sännt Johanns soll man hinaussrucken ungeverlich des priesters gartten gleich44),
das heißt also, bis in die Höhe der südlichen Begrenzung des Pfarrgartens. Das neue Stück wurde am
21. März 1519 geweiht45). Vorausgegangen waren die Jahre der großen Pest von 1505 und 150846) in
ihrer Folge seit 1514 Besprechungen des Rates über die Vergrößerung des Gottesackers, dann seit
Herbst 1517 Verhandlungen mit den Pröpsten der beiden Hauptkirchen St. Sebald und St. Lorenz we-
gen aufwendiger begrebnus in zeit der pestilentz47), ferner ein dringliches Schreiben des Kaisers vom
31. Oktober 1518, in dem es heißt: ... das hinfür in Sterbentiden leuffen niemands in derselben Ewer Stat bey
den Pfarren und anndern Kirchen, sonder in newe Gotsackher, so jr deßhalben aufrichten habt lassen, begraben wer-
den sollen .. .48). Erst die Epidemie von 1519/21 zwang jedoch zu weiteren Maßnahmen: nach einem er-
sten Entwurf der „Pestilenz-Ordnung“ vom 12. Oktober 1519 gebot der Erlaß vom 28. Juli 1520 die Be-
stattung innerhalb der Mauern gänzlich einzustellen.49)
Gleichzeitig mit der Erweiterung des Johannisfriedhofs wurde der Rochusfriedhof südwestlich des
Spittlertors angelegt50). Der insgesamt gewonnene Bestattungsraum reichte offenbar für die Seuchen
der dreißiger und vierzigerJahre des 16.Jahrhunderts aus; die Epidemie von 1562/63, im Laufe derer
mehr als 9000 Menschen starben51), machte jedoch eine neue Erweiterung der beiden Friedhofsanla-
gen notwendig. In den Johannisfriedhof wurde 1562 im Süden ein Stück des obersten Schießstandes
einbezogen, und an der Westseite, entlang des Pfarrgartens, ein Streifen von drei bis vier Grabreihen52).
Auf dem Rundprospekt von 1577-1581 bildet die Ostmauer des Friedhofes nunmehr mit der Ostwand
der Holzschuherkapelle und einem Tor eine gerade Linie.53) (Abb. 145) Die Ostmauer ist auch auf dem
Umgebungsplan von Paul Pfinzing dem Älteren von 1594/96 zu erkennen.54) (Abb. 146)
Bei der nächsten Vergrößerung im Jahre 1592 rückte man mit einer Reihe von sieben bis acht Grä-
bern, also um etwa elf Meter, nach Norden gegen die Johannisstraße vor, nach Osten gegen die Stadt
zu um etwa zehn Meter. An diese Erweiterung, welche die Holzschuherkapelle nun ganz in den Fried-
hof einbezog und 500 Gulden Baukosten verursachte55), erinnert die durch Abschrift des Arztes
Dr. Michael Rötenbeck überlieferte Gedenktafel, die wahrscheinlich am damaligen östlichen Haupt-
tor zur Stadt hin angebracht war: Alß Fünffzehnhundert, zwey und Neuntzig jar, / jch Georg Wacker Bau-
meister war. / Da ward dießr Gottsacker weiter gemacht, / Darzujch allen Vorrath verschafft. / Damit solcher Bau
ward vollend, / Gott geb unß alln ein Seelig end, / Darzu einfrölich Urstend. Amen56).
44) StAN Rep. 60a Ratsverlässe (RVe) Nr. 629 fol. 17t; Nagel a. a. O., Okt. 1928 S. 21; Zahn, Beiträge (1966) S. 1;
Mattausch, a. a. O (1970) S. 67 u. 153.
45) StAN Rep. 60a RVe Nr. 634 fol. iov, nr (27. 3.1519); Mattausch, a.a. O (1970) S.13.
46) Jungkunz a. a. O. (1951) 8.295/.; Mattausch, a. a. O (1970) S.6of.
47) StAN Rep. 60a RVe Nr. 615 fol. 8v (5.10.1517); Nagel a. a. O. Okt. 1928 S. 2; Mattausch, a. a. O (1970) S. 62ff.
48) StadtAN Rep. 81 XXII, 1; abgedruckt bei Zittlau a. a. O. (1992) S. 167 f.
49) Über den Verlauf dieser Epidemie, die nach den Annalen des Stadtschreibers Johann Müllner von Ende
November 1519 bis März 1521 dauerte und wegen der gesundheitspolizeilichen Maßnahmen des Rates in den Rats-
verlässen gut zu verfolgen ist, vgl. E. Mummenhoff, In: Nürnberg, Festschrift ... 65.Versammlung d. Gesellschaft dt.
Naturforscher u. Ärzte (1892) S. 228 —232. - Nach den Ratsverlässen dargestellt von Mattausch a. a. O. (1970)
S. 65-75, dort Liste der Ratsverlässe S. 153 ff.; J. Müllner, Die Annalen der Reichsstadt Nürnberg von 1623. Teil III:
1470-1544, bearb. v. M. Diefenbacher (2003) S. 455, 460, 464
50) Vgl. unten den Abschnitt „Rochusfriedhof“.
51) Jungkunz a. a. O. (1951) S. 295.
52) Nagel a. a. O. Okt. 1928 S. 2; aus der gleichen Zeit stammt die heute noch gültige Numerierung der Gräber
und die Anlage der Grabbriefregister, die aus dieser Frühzeit leider nicht mehr vorhandenen sind.
53) Zittlau a. a. O. (1992) Abb. 3 (Ausschnitt); Rundprospekt der Stadt Nürnberg 1577-1581 von Stefan Gansöder
nach Paulus Reinhart. - F. Schiermeyer, Stadtatlas Nürnberg (2006) S. 76/ und Kartenbeilage;
54) Zittlau a.a. O. (1992) Abb.4 (Ausschnitt); Der Pfmzing-Atlas von 1594, Eine Ausstellung des Staatsarchivs
Nürnberg anläßlich des 400jährigen Jubiläums der Entstehung. (1994); Der Pfinzing-Atlas von 1594, Faksimile, hsg.
von: Stadtarchiv Nürnberg und Altnürnberger Landschaft e. V. (1994) Bl. 12; Schiermeyer, Stadtatlas Nürnberg (2006)
S. 8of.
55) Nagel a. a. O. Okt. 1928 S. 3 spricht bei der Nord-Erweiterung 1592 von „einer Reihe von vier Gräbern, also
in einer Breite von ungefähr 7 Meter“. — Die alte dreistellige Numerierung und der mehrfarbig angelegte Gräber-
plan belegen aber die Erweiterung um mindestens sieben Grabreihen.
56) Rötenbeck 166 S. 18; Rötenbeck 488 S. 87; Trechsel, Verneuertes Gedächtnis (1736) S. 8, spricht von einer
Messing-Inschrift, die zu seiner Zeit nicht mehr vorhanden war. - Text und Kommentar dieser Inschrift hier unter
Nr. 2079.
XII
sern mauer an dem gotsacker zu sännt Johanns soll man hinaussrucken ungeverlich des priesters gartten gleich44),
das heißt also, bis in die Höhe der südlichen Begrenzung des Pfarrgartens. Das neue Stück wurde am
21. März 1519 geweiht45). Vorausgegangen waren die Jahre der großen Pest von 1505 und 150846) in
ihrer Folge seit 1514 Besprechungen des Rates über die Vergrößerung des Gottesackers, dann seit
Herbst 1517 Verhandlungen mit den Pröpsten der beiden Hauptkirchen St. Sebald und St. Lorenz we-
gen aufwendiger begrebnus in zeit der pestilentz47), ferner ein dringliches Schreiben des Kaisers vom
31. Oktober 1518, in dem es heißt: ... das hinfür in Sterbentiden leuffen niemands in derselben Ewer Stat bey
den Pfarren und anndern Kirchen, sonder in newe Gotsackher, so jr deßhalben aufrichten habt lassen, begraben wer-
den sollen .. .48). Erst die Epidemie von 1519/21 zwang jedoch zu weiteren Maßnahmen: nach einem er-
sten Entwurf der „Pestilenz-Ordnung“ vom 12. Oktober 1519 gebot der Erlaß vom 28. Juli 1520 die Be-
stattung innerhalb der Mauern gänzlich einzustellen.49)
Gleichzeitig mit der Erweiterung des Johannisfriedhofs wurde der Rochusfriedhof südwestlich des
Spittlertors angelegt50). Der insgesamt gewonnene Bestattungsraum reichte offenbar für die Seuchen
der dreißiger und vierzigerJahre des 16.Jahrhunderts aus; die Epidemie von 1562/63, im Laufe derer
mehr als 9000 Menschen starben51), machte jedoch eine neue Erweiterung der beiden Friedhofsanla-
gen notwendig. In den Johannisfriedhof wurde 1562 im Süden ein Stück des obersten Schießstandes
einbezogen, und an der Westseite, entlang des Pfarrgartens, ein Streifen von drei bis vier Grabreihen52).
Auf dem Rundprospekt von 1577-1581 bildet die Ostmauer des Friedhofes nunmehr mit der Ostwand
der Holzschuherkapelle und einem Tor eine gerade Linie.53) (Abb. 145) Die Ostmauer ist auch auf dem
Umgebungsplan von Paul Pfinzing dem Älteren von 1594/96 zu erkennen.54) (Abb. 146)
Bei der nächsten Vergrößerung im Jahre 1592 rückte man mit einer Reihe von sieben bis acht Grä-
bern, also um etwa elf Meter, nach Norden gegen die Johannisstraße vor, nach Osten gegen die Stadt
zu um etwa zehn Meter. An diese Erweiterung, welche die Holzschuherkapelle nun ganz in den Fried-
hof einbezog und 500 Gulden Baukosten verursachte55), erinnert die durch Abschrift des Arztes
Dr. Michael Rötenbeck überlieferte Gedenktafel, die wahrscheinlich am damaligen östlichen Haupt-
tor zur Stadt hin angebracht war: Alß Fünffzehnhundert, zwey und Neuntzig jar, / jch Georg Wacker Bau-
meister war. / Da ward dießr Gottsacker weiter gemacht, / Darzujch allen Vorrath verschafft. / Damit solcher Bau
ward vollend, / Gott geb unß alln ein Seelig end, / Darzu einfrölich Urstend. Amen56).
44) StAN Rep. 60a Ratsverlässe (RVe) Nr. 629 fol. 17t; Nagel a. a. O., Okt. 1928 S. 21; Zahn, Beiträge (1966) S. 1;
Mattausch, a. a. O (1970) S. 67 u. 153.
45) StAN Rep. 60a RVe Nr. 634 fol. iov, nr (27. 3.1519); Mattausch, a.a. O (1970) S.13.
46) Jungkunz a. a. O. (1951) 8.295/.; Mattausch, a. a. O (1970) S.6of.
47) StAN Rep. 60a RVe Nr. 615 fol. 8v (5.10.1517); Nagel a. a. O. Okt. 1928 S. 2; Mattausch, a. a. O (1970) S. 62ff.
48) StadtAN Rep. 81 XXII, 1; abgedruckt bei Zittlau a. a. O. (1992) S. 167 f.
49) Über den Verlauf dieser Epidemie, die nach den Annalen des Stadtschreibers Johann Müllner von Ende
November 1519 bis März 1521 dauerte und wegen der gesundheitspolizeilichen Maßnahmen des Rates in den Rats-
verlässen gut zu verfolgen ist, vgl. E. Mummenhoff, In: Nürnberg, Festschrift ... 65.Versammlung d. Gesellschaft dt.
Naturforscher u. Ärzte (1892) S. 228 —232. - Nach den Ratsverlässen dargestellt von Mattausch a. a. O. (1970)
S. 65-75, dort Liste der Ratsverlässe S. 153 ff.; J. Müllner, Die Annalen der Reichsstadt Nürnberg von 1623. Teil III:
1470-1544, bearb. v. M. Diefenbacher (2003) S. 455, 460, 464
50) Vgl. unten den Abschnitt „Rochusfriedhof“.
51) Jungkunz a. a. O. (1951) S. 295.
52) Nagel a. a. O. Okt. 1928 S. 2; aus der gleichen Zeit stammt die heute noch gültige Numerierung der Gräber
und die Anlage der Grabbriefregister, die aus dieser Frühzeit leider nicht mehr vorhandenen sind.
53) Zittlau a. a. O. (1992) Abb. 3 (Ausschnitt); Rundprospekt der Stadt Nürnberg 1577-1581 von Stefan Gansöder
nach Paulus Reinhart. - F. Schiermeyer, Stadtatlas Nürnberg (2006) S. 76/ und Kartenbeilage;
54) Zittlau a.a. O. (1992) Abb.4 (Ausschnitt); Der Pfmzing-Atlas von 1594, Eine Ausstellung des Staatsarchivs
Nürnberg anläßlich des 400jährigen Jubiläums der Entstehung. (1994); Der Pfinzing-Atlas von 1594, Faksimile, hsg.
von: Stadtarchiv Nürnberg und Altnürnberger Landschaft e. V. (1994) Bl. 12; Schiermeyer, Stadtatlas Nürnberg (2006)
S. 8of.
55) Nagel a. a. O. Okt. 1928 S. 3 spricht bei der Nord-Erweiterung 1592 von „einer Reihe von vier Gräbern, also
in einer Breite von ungefähr 7 Meter“. — Die alte dreistellige Numerierung und der mehrfarbig angelegte Gräber-
plan belegen aber die Erweiterung um mindestens sieben Grabreihen.
56) Rötenbeck 166 S. 18; Rötenbeck 488 S. 87; Trechsel, Verneuertes Gedächtnis (1736) S. 8, spricht von einer
Messing-Inschrift, die zu seiner Zeit nicht mehr vorhanden war. - Text und Kommentar dieser Inschrift hier unter
Nr. 2079.
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