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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (12. Band = Bayern, 2. Teil): Schwaben: Reichsstädte Augsburg, Dinkelsbühl, Donauwörth, Kaufbeuren, Kempten, Lindau, Memmingen, Nördlingen, Grafschaft Oettingen-Oettingen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30628#0021
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1522 lehrte in Lindau der Lesemeister des Franziskanerklosters, Johann Haug, evangelisch. In
Memmingen mußte gleichzeitig der Pfarrer über der Predigttätigkeit des Predigers Schappeler ,,großen...
Abgang von des Luthers wegen“ beklagen, während sich der Ulmer Stadtarzt Wolfgang Rychard über
den Fortschritt des Evangeliums im Kloster Elchingen freuen konnte. Im Herbst holte sich Nördlingen
den evangelischen Prediger Diepold Gerlacher, gen. Billicanus, und gleichzeitig gab Kaspar Kantz
seine ,,Deutsche Messe“ in Druck-die erste Gestaltung des Hauptgottesdienstes aus evangelischem Ver-
ständnis in durchweg deutscher Sprache! In Mindelheim mußte ein evangelischer Prediger nach dem Be-
fehl des Bischofs ebenso weichen wie Kaspar Adler in Jengen. Der Dillinger Prediger Kaspar Haslach,
auf den man manche Hoffnung gesetzt hatte, widerrief deshalb seine bisherige evangelische Lehre. Doch
begann jetzt im Augustinerkloster Mindelheim eine Austrittsbewegung, durch die schon 1526 der ganze
Konvent erlosch.
Im nächsten Jahre (1523) wurde Kaspar Kantz, als er die Ehe schloß, der Stadt verwiesen. Dafür
wurde nun auch in Dinkelsbühl evangelisch gepredigt und sogar evangelische Abendmahlsfeier gehalten.
In Augsburg schloß ein Priester aus Basel die Ehe - eine Tat, die gleich im Druck bekanntgegeben
wurde und so Hilfe zu einer allerschlichtesten Neugestaltung einer evangelischen Trauung bot. In
Kempten predigte der Pfarrer von St.Mang Sixt Rummel, wie der Stiftsvikar von St.Lorenz, Matthias
Weibel, evangelisch. Der Memminger Prediger Schappeler fand in dem Kürschner Sebastian Lotzer
und seinen Flugschriften lebhafte Unterstützung. Im ulmischen Leipheim gewann Johann Eberlin seinen
Vetter Jakob Wehe für das Evangelium. Dieser schritt auch gleich zu Änderungen in den kirchlichen
Formen.
1524 betrachtete Lindau den evangelischen Verweser seines abwesenden Pfarrpfründeinhabers als
seinen rechtmäßigen Pfarrer. In Kaufbeuren kam es über einer Predigt an Mariä Geburt zu einer Got-
tesdienststörung durch die Evangelischen. In Augsburg verschmierte man Heiligenbilder. In Harburg
ließ der Graf von Öttingen den evangelischen Geistlichen freie Hand. In Lindau wurde evangelische
Abendmahlsfeier gehalten. In Augsburg wurde deutsch getauft und schließlich veranlaßte hier die un-
ruhige Volksstimmung den Rat dazu, noch 1524 zwei evangelische Prediger - Urban Rhegius und Mi-
chael Keller - anzustellen. Auch unter den Bauern auf dem Lande fand das deutsche Neue Testament
Verbreitung. Mancher lernte um seinetwillen lesen, und nicht selten stellten die Bauern einen der Ihren
frei, damit er ihnen das rechte Evangelium verkünde. Im allgemeinen aber faßte die evangelische Bewe-
gung vorwiegend in den Reichsstädten Fuß, da sonst überall das Wormser Edikt durchgeführt wurde.
Nur Donauwörth stand abseits.
Als weder eine gesamtkirchliche noch eine reichsdeutsche Entscheidung zustande kam, übernahmen
nach dem Vorgang in der Schweiz Reichsstädte eine Klärung durch Religionsgespräche. In Kempten, wo
zuerst der Versuch gemacht wurde, zog freilich vorher noch der katholische Wortführer ab. Der Weg zur
evangelischen Neuordnung war aber so erst recht frei. In Memmingen wurde ein solches Gespräch in der
1. Januarwoche 1525 gehalten. Hier wie in Kaufbeuren, das Ende des Monats diesem Beispiel folgte,
wurde nun das Kirchenwesen durchaus evangelisch eingerichtet, ohne daß Einzelheiten darüber über-
liefert wurden.
Dann aber kam der Bauernkrieg, der einen schweren Rückschlag brachte.
Zu Anfang 1525 bildeten sich um Memmingen der Allgäuer Haufe, um Lindau der Seehaufe und
bei Laupheim der Baltringer Haufe. Sie schwuren sich am 7. März in Memmingen zur ,,Christlichen
Vereinigung“ zusammen. Sie bekam in den Zwölf Artikeln des Kürschners Lotzer eine durchschlagende
Werbeschrifte. Bei den inzwischen geführten Verhandlungen hielt der Schwäbische Bund die Christi

8 Günther Franz, Die Entstehung der Zwölf Artikel..., in: ARG 36 (1939) 193-213. — Neueste Ausgabe: Flug-
schriften der Reformation 20. Halle 1953.

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