nicht nur die Vielgestaltigkeit, sondern auch die Schwierigkeit besonders groß und stark war. Hier hatte
ja der Bischof seinen Sitz und gehörten alle Kirchen besonderen geistlichen Körperschaften. So stellte
denn der Rat an gemeindeeigenen Predigthäusern weitere Prediger an. 1527 gestattete er sogar aus-
drücklich die Abendmahlsfeier unter beiderlei Gestalt. Für die Predigtgottesdienste gaben sich die
Evangelischen ,,Form und Ordnung“; Weiteres ließ die innere Zerrissenheit nicht zu. In Memmingen
holte der Rat auf das Drängen der Bevölkerung noch 1525 wieder evangelische Geistliche. Zu Beginn des
Jahres 1528 gab sich die Gemeinde eine evangelische Kirchen- und Zuchtordnung. Am Jahresende be-
schloß sie die Abstellung der Messe, die auch im Kloster verboten wurde. Eine nach schweizerischem Vor-
bild gestaltete Abendmahlsordnung erschien 1529. Auch der Rat von Lindau schaffte in der Pfarrkirche
die Messe ab.
So unterzeichneten 1529 auch Lindau, Kempten, Memmingen und Nördlingen in Speyer die
Protestation; Dinkelsbühl versagte sich und schied so aus. Unter den Gesandten, die sie dem Kaiser
überreichen sollten, war auch der Memminger Ratsherr Ehinger, der mit den beiden anderen Gesandten
dafür vom Kaiser 14 Tage gefangengesetzt wurde. Bei den darauf von den evangelischen Ständen einge-
leiteten Bündnisverhandlungen zur Abwehr solcher kaiserlicher Übergriffe standen die schwäbischen
Städte ganz auf der Seite Straßburgs, das zum Wortführer der Oberdeutschen geworden war. Es lehnte
um der Verbindung mit der Schweiz willen für seine Städte 1529 in Schwabach die als Bündnis-
grundlage vorgelegten Artikel Luthers ab. Nördlingen zog dabei sogar seine Unterschrift unter die Pro-
testation zurück. So unterschrieb auch während der Verhandlungen aufdem Reichstag zu Augsburg 1530
von den schwäbischen Städten nur Kempten das ,,Augsburger Bekenntnis“. Lindau und Memmingen
traten dagegen dem von Straßburg und Konstanz überreichten Vier-Städte-Bekenntnis12 bei. Doch
schlossen sich Memmingen und Lindau schon im Januar 1531 dem Schmalkaldischen Bund an. Sie
unterschrieben daher auch 1532 neben ihrem Vier-Städte-Bekenntnis auch das Augsburger13. Umgekehrt
entwickelte sich dagegen jetzt Kempten mehr nach der schweizerischen Seite zu, entließ seine lutherischen
Geistlichen, warf 1533 die Bilder aus der Kirche, schaffte 1534 die Messe ab und ließ sich 1535/36 durch
Simprecht Schenk sein Kirchenwesen gestalten - offenbar nach der Memminger Art14.
Mancherlei Vorgänge während des Reichstages in Augsburg zeigten allerdings auch dem Rat dieser
Stadt, daß die Zeit des Lavierens vorbei sei. Er verweigerte deshalb dem Abschied, der bis zum 15. April
1531 die Beseitigung aller Änderungen forderte, den Gehorsam. Memmingen ließ darüber abstimmen,
wobei mit überwältigender Mehrheit die gleiche Haltung eingenommen wurde. Dinkelsbühl jedoch ver-
bot jetzt evangelische Abendmahlsfeiern und in Nördlingen drang unter dem Einfluß seines Predigers
Billicanus, der sich in Augsburg der römischen Kirche unterworfen hatte, die alte Richtung wieder her-
vor. Aber schon 1531 vertrieb die Dinkelsbühler Bevölkerung ihren katholischen Pfarrer und 1533 be-
rief der Rat einen evangelischen Prediger. In Nördlingen wurde 1535 als Billicans Nachfolger Kaspar
Kantz Prediger. Er besaß freilich neben einem unentschiedenen Pfarrer nicht die Kraft zur völligen
Neugestaltung. Unter Mitarbeit von Straßburg und Konstanz gestaltete Lindau sein Kirchenwesen
weiter, wobei 1534 die katholische Messe sogar im Stift verboten wurde. Hier wie in Memmingen konnte
auch ein kleines Landgebiet evangelisch gestaltet werden.
Im Jahr 1534 folgte endlich in Augsburg der Rat dem steten Drängen des Volkes durch evangelische
beuren und Memmingen aus, 1528 Memmingen Prediger - † (15301). (Friedr. Zöpfl, Der Memminger Refor-
mator Johannes Wanner, in: Memminger Geschichtsblätter 7 (1921) 9-12. - Alt 19ff. [Er darf kaum mit dem
Erfurter Studenten von 1506 gleichgesetzt werden, sondern muß erheblich älter gewesen sein.])
12 Feuerlein Nr. 712—718. — E. F. Karl Müller, Die Bekenntnisschriften der reformierten Kirche. Leipzig 1903.
55—79. — Müller, in: RE 19, 559—564. — Friedr. Braun, Confessio Tetrapolitana. Memmingen 1930.
13 Otto Winckelmann, Der Schmalkaldische Bund und 1530-1532 der Nürnberger Religionsfriede. Straßburg
1892. 188jf. -Fabian, Beschlüsse.
14 Erhard, Sakramentsstreitigkeiten 169ff.; Reformationsgeschichte 30—38.
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ja der Bischof seinen Sitz und gehörten alle Kirchen besonderen geistlichen Körperschaften. So stellte
denn der Rat an gemeindeeigenen Predigthäusern weitere Prediger an. 1527 gestattete er sogar aus-
drücklich die Abendmahlsfeier unter beiderlei Gestalt. Für die Predigtgottesdienste gaben sich die
Evangelischen ,,Form und Ordnung“; Weiteres ließ die innere Zerrissenheit nicht zu. In Memmingen
holte der Rat auf das Drängen der Bevölkerung noch 1525 wieder evangelische Geistliche. Zu Beginn des
Jahres 1528 gab sich die Gemeinde eine evangelische Kirchen- und Zuchtordnung. Am Jahresende be-
schloß sie die Abstellung der Messe, die auch im Kloster verboten wurde. Eine nach schweizerischem Vor-
bild gestaltete Abendmahlsordnung erschien 1529. Auch der Rat von Lindau schaffte in der Pfarrkirche
die Messe ab.
So unterzeichneten 1529 auch Lindau, Kempten, Memmingen und Nördlingen in Speyer die
Protestation; Dinkelsbühl versagte sich und schied so aus. Unter den Gesandten, die sie dem Kaiser
überreichen sollten, war auch der Memminger Ratsherr Ehinger, der mit den beiden anderen Gesandten
dafür vom Kaiser 14 Tage gefangengesetzt wurde. Bei den darauf von den evangelischen Ständen einge-
leiteten Bündnisverhandlungen zur Abwehr solcher kaiserlicher Übergriffe standen die schwäbischen
Städte ganz auf der Seite Straßburgs, das zum Wortführer der Oberdeutschen geworden war. Es lehnte
um der Verbindung mit der Schweiz willen für seine Städte 1529 in Schwabach die als Bündnis-
grundlage vorgelegten Artikel Luthers ab. Nördlingen zog dabei sogar seine Unterschrift unter die Pro-
testation zurück. So unterschrieb auch während der Verhandlungen aufdem Reichstag zu Augsburg 1530
von den schwäbischen Städten nur Kempten das ,,Augsburger Bekenntnis“. Lindau und Memmingen
traten dagegen dem von Straßburg und Konstanz überreichten Vier-Städte-Bekenntnis12 bei. Doch
schlossen sich Memmingen und Lindau schon im Januar 1531 dem Schmalkaldischen Bund an. Sie
unterschrieben daher auch 1532 neben ihrem Vier-Städte-Bekenntnis auch das Augsburger13. Umgekehrt
entwickelte sich dagegen jetzt Kempten mehr nach der schweizerischen Seite zu, entließ seine lutherischen
Geistlichen, warf 1533 die Bilder aus der Kirche, schaffte 1534 die Messe ab und ließ sich 1535/36 durch
Simprecht Schenk sein Kirchenwesen gestalten - offenbar nach der Memminger Art14.
Mancherlei Vorgänge während des Reichstages in Augsburg zeigten allerdings auch dem Rat dieser
Stadt, daß die Zeit des Lavierens vorbei sei. Er verweigerte deshalb dem Abschied, der bis zum 15. April
1531 die Beseitigung aller Änderungen forderte, den Gehorsam. Memmingen ließ darüber abstimmen,
wobei mit überwältigender Mehrheit die gleiche Haltung eingenommen wurde. Dinkelsbühl jedoch ver-
bot jetzt evangelische Abendmahlsfeiern und in Nördlingen drang unter dem Einfluß seines Predigers
Billicanus, der sich in Augsburg der römischen Kirche unterworfen hatte, die alte Richtung wieder her-
vor. Aber schon 1531 vertrieb die Dinkelsbühler Bevölkerung ihren katholischen Pfarrer und 1533 be-
rief der Rat einen evangelischen Prediger. In Nördlingen wurde 1535 als Billicans Nachfolger Kaspar
Kantz Prediger. Er besaß freilich neben einem unentschiedenen Pfarrer nicht die Kraft zur völligen
Neugestaltung. Unter Mitarbeit von Straßburg und Konstanz gestaltete Lindau sein Kirchenwesen
weiter, wobei 1534 die katholische Messe sogar im Stift verboten wurde. Hier wie in Memmingen konnte
auch ein kleines Landgebiet evangelisch gestaltet werden.
Im Jahr 1534 folgte endlich in Augsburg der Rat dem steten Drängen des Volkes durch evangelische
beuren und Memmingen aus, 1528 Memmingen Prediger - † (15301). (Friedr. Zöpfl, Der Memminger Refor-
mator Johannes Wanner, in: Memminger Geschichtsblätter 7 (1921) 9-12. - Alt 19ff. [Er darf kaum mit dem
Erfurter Studenten von 1506 gleichgesetzt werden, sondern muß erheblich älter gewesen sein.])
12 Feuerlein Nr. 712—718. — E. F. Karl Müller, Die Bekenntnisschriften der reformierten Kirche. Leipzig 1903.
55—79. — Müller, in: RE 19, 559—564. — Friedr. Braun, Confessio Tetrapolitana. Memmingen 1930.
13 Otto Winckelmann, Der Schmalkaldische Bund und 1530-1532 der Nürnberger Religionsfriede. Straßburg
1892. 188jf. -Fabian, Beschlüsse.
14 Erhard, Sakramentsstreitigkeiten 169ff.; Reformationsgeschichte 30—38.
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