Damit zog allerdings auch der innerkonfessionelle Zwiespalt, der die Auswirkung der neugewonnenen
Haltung hemmte, wieder ein. Als die sofort aufgenommenen Einigungsverhandlungen erfolglos blieben,
verbot der Rat am 1. März 1531 den lutherischen Predigern, die strittigen Punkte weiterhin zu berühren.
Frosch und Kastenbauer verließen daher die Stadt. Butzer sollte die Lutheraner beruhigen1. Aber der für
die Spitalkirche neu gewonnene lutherische Prediger Weinmaier war nur ein Vermittlungsmann, und
Kaspar Huberinus blieb ohne Amt. Um so lebendigere Kräfte wurden den schweizerisch Gesinnten zu-
geführt; der Lothringer Wolfg. Meußlin, gen. Musculus2, und der etwas zu den Schwärmern neigende
Bonifaz Wolfhart3. Die lutherische Abendmahlsfeier wurde sogar überhaupt verboten, während gegen
die Katholiken nichts unternommen wurde. Darüber kam es besonders 1533 zu sehr scharfen Briefen
Luthers 4. Die Lutheraner übten freilich heimlich in der Annakirche weiter, was ihnen öffentlich verboten
war.
Am 21. Januar 1533 hatten die Prediger beim Rat die Abstellung der katholischen Predigten bean-
tragt. Das war ein sehr heikles Unterfangen, weil der Rat nicht im ganzen Bereich der Stadt landesherr-
liche Gewalt hatte. Neben ihm hatte auch der Bischof solche Bechte und ihm gehörte der Dom. Unter
seinem und nicht unter des Bates Schutz und Schirm standen auch die verschiedenen kirchlichen An-
stalten. So setzte der Rat zur Klärung der Rechts- und Verfahrensfragen einen sechsköpfigen Ausschuß
ein. Einstweilen erreichte er beim Bischof das Zugeständnis, daß keine öffentlichen Prozessionen mehr
gehalten werden sollten. Ein vom Rat dem Bischof im März 1531 vorgeschlagenes Religionsgespräch, für
das der Rat sogar die vom Bischof gestellten Bedingungen angenommen hätte, wurde vom Kaiser auf
Betreiben des Bischofs verboten. So schritt denn der Rat, obwohl die Gutachten - natürlich auch wegen
der konfessionellen Stellung ihrer Verfasser - sogar in der Mehrzahl verneinend lauteten5, unter dem
immer stürmischer werdenden Drängen des Volkes, vor allem der Zünfte, zur Tat. Am 22. Juli 1534
nahm er mit 175 von etwa 230 Stimmen die Reformationsvorschläge seines Ausschusses an. Sämtliche
Prediger, die nicht der Rat angestellt hatte, wurden abgeschafft; Messe durfte nur noch in den acht Kir-
chen des Bischofs gelesen werden; die nicht darunter begriffenen Kirchen wurden geschlossen6.
Neben die Geistlichen trat - wohl nach dem Vorbild der Straßburger Convocatz7 - zur Leitung des
Kirchenwesens ein Kreis weltlicher Kirchenpröpste (2 aus dem Rat, 3 aus der Gemeinde). Der gemein-
same Konvent beider trat unter dem Vorsitz eines vierteljährlich wechselnden Predigers zusammen. Für
diese Kirchenpflegepröpste wurde am 17. Juni 1535 eine Ordnung gegeben. Sie ist aber nicht erhalten8.
Dagegen beschränkte man sich für die Gottesdienste und für die Sakramentehandlungen auch weiterhin
nur auf kurze Grundsätze, die aber auch nur schlicht zusammengefaßt und nicht gedruckt wurden. Auch
sie sind verloren9. Dafür legte man den Geistlichen Anstellungsverträge vor. Ihr Wortlaut, mit dem man
zugleich die Prediger an den Zügeln nehmen wollte10 ist nicht erhalten. Er scheint verhältnismäßig kurz
und wenig klar gewesen zu sein. Als Butzer im Frühjahr 1535 in Augsburg weilte, wurde ein ausführ-
1 Roth 2, 15ff.
2 *Dieuze (Lothr.) 1497. — 1512 Lixheim Benediktinermönch, 1527 geht als evangelisch und heiratet, Dorlitzheim
Hilfsprediger, 1529 Straßburg Münster Diakonus, 1531 Augsburg Prediger an verschiedenen Kirchen, 1549 Bern
Professor — † 1563 (Rein 17. — Roth [Register]. — ADB 23, 957. — RE 13, 581—585. — Schottenloher 16156
bis 16166. — Bopp Nr. 3703 und Nachtrag).
3 Aus Buchen (Baden). - 1513 Friedberg in Hessen Schulmeister, 1552 Basel St. Martin Kaplan, 1524 Mömpel-
gard Schloßprediger, 1525 Straßburg St. Aurelien Diakon, 1531 Augsburg Prediger an verschiedenen Kirchen -
† Weil der Stadt (auf einer Reise) 1543. (Rein 9. - Roth [Register]. — Wolfart, Reformationsgeschichte 7, 167-180;
8, 97-114. 145-161. - Corpus Schwenckfeldianorum. Leipzig 1907ff. 6ff. [Register]. - Bopp Nr. 5734 und
Nachtrag). 4 WA Br. 6, 59f. 244f. 492. 510ff. 547f.
5 Hans, Gutachten. 6 Unsere Nr. I 5. 7 Richter 2, 234f.
8 Roth 2, 195f. 212 Anm. 10a.
9 Roth 2, 193f. —Hans, Agenden 146f.
10 Roth 2, 116. 222 (Nürnbergs Stellung dazu: Roth 2, 130 Anm. 54).
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Haltung hemmte, wieder ein. Als die sofort aufgenommenen Einigungsverhandlungen erfolglos blieben,
verbot der Rat am 1. März 1531 den lutherischen Predigern, die strittigen Punkte weiterhin zu berühren.
Frosch und Kastenbauer verließen daher die Stadt. Butzer sollte die Lutheraner beruhigen1. Aber der für
die Spitalkirche neu gewonnene lutherische Prediger Weinmaier war nur ein Vermittlungsmann, und
Kaspar Huberinus blieb ohne Amt. Um so lebendigere Kräfte wurden den schweizerisch Gesinnten zu-
geführt; der Lothringer Wolfg. Meußlin, gen. Musculus2, und der etwas zu den Schwärmern neigende
Bonifaz Wolfhart3. Die lutherische Abendmahlsfeier wurde sogar überhaupt verboten, während gegen
die Katholiken nichts unternommen wurde. Darüber kam es besonders 1533 zu sehr scharfen Briefen
Luthers 4. Die Lutheraner übten freilich heimlich in der Annakirche weiter, was ihnen öffentlich verboten
war.
Am 21. Januar 1533 hatten die Prediger beim Rat die Abstellung der katholischen Predigten bean-
tragt. Das war ein sehr heikles Unterfangen, weil der Rat nicht im ganzen Bereich der Stadt landesherr-
liche Gewalt hatte. Neben ihm hatte auch der Bischof solche Bechte und ihm gehörte der Dom. Unter
seinem und nicht unter des Bates Schutz und Schirm standen auch die verschiedenen kirchlichen An-
stalten. So setzte der Rat zur Klärung der Rechts- und Verfahrensfragen einen sechsköpfigen Ausschuß
ein. Einstweilen erreichte er beim Bischof das Zugeständnis, daß keine öffentlichen Prozessionen mehr
gehalten werden sollten. Ein vom Rat dem Bischof im März 1531 vorgeschlagenes Religionsgespräch, für
das der Rat sogar die vom Bischof gestellten Bedingungen angenommen hätte, wurde vom Kaiser auf
Betreiben des Bischofs verboten. So schritt denn der Rat, obwohl die Gutachten - natürlich auch wegen
der konfessionellen Stellung ihrer Verfasser - sogar in der Mehrzahl verneinend lauteten5, unter dem
immer stürmischer werdenden Drängen des Volkes, vor allem der Zünfte, zur Tat. Am 22. Juli 1534
nahm er mit 175 von etwa 230 Stimmen die Reformationsvorschläge seines Ausschusses an. Sämtliche
Prediger, die nicht der Rat angestellt hatte, wurden abgeschafft; Messe durfte nur noch in den acht Kir-
chen des Bischofs gelesen werden; die nicht darunter begriffenen Kirchen wurden geschlossen6.
Neben die Geistlichen trat - wohl nach dem Vorbild der Straßburger Convocatz7 - zur Leitung des
Kirchenwesens ein Kreis weltlicher Kirchenpröpste (2 aus dem Rat, 3 aus der Gemeinde). Der gemein-
same Konvent beider trat unter dem Vorsitz eines vierteljährlich wechselnden Predigers zusammen. Für
diese Kirchenpflegepröpste wurde am 17. Juni 1535 eine Ordnung gegeben. Sie ist aber nicht erhalten8.
Dagegen beschränkte man sich für die Gottesdienste und für die Sakramentehandlungen auch weiterhin
nur auf kurze Grundsätze, die aber auch nur schlicht zusammengefaßt und nicht gedruckt wurden. Auch
sie sind verloren9. Dafür legte man den Geistlichen Anstellungsverträge vor. Ihr Wortlaut, mit dem man
zugleich die Prediger an den Zügeln nehmen wollte10 ist nicht erhalten. Er scheint verhältnismäßig kurz
und wenig klar gewesen zu sein. Als Butzer im Frühjahr 1535 in Augsburg weilte, wurde ein ausführ-
1 Roth 2, 15ff.
2 *Dieuze (Lothr.) 1497. — 1512 Lixheim Benediktinermönch, 1527 geht als evangelisch und heiratet, Dorlitzheim
Hilfsprediger, 1529 Straßburg Münster Diakonus, 1531 Augsburg Prediger an verschiedenen Kirchen, 1549 Bern
Professor — † 1563 (Rein 17. — Roth [Register]. — ADB 23, 957. — RE 13, 581—585. — Schottenloher 16156
bis 16166. — Bopp Nr. 3703 und Nachtrag).
3 Aus Buchen (Baden). - 1513 Friedberg in Hessen Schulmeister, 1552 Basel St. Martin Kaplan, 1524 Mömpel-
gard Schloßprediger, 1525 Straßburg St. Aurelien Diakon, 1531 Augsburg Prediger an verschiedenen Kirchen -
† Weil der Stadt (auf einer Reise) 1543. (Rein 9. - Roth [Register]. — Wolfart, Reformationsgeschichte 7, 167-180;
8, 97-114. 145-161. - Corpus Schwenckfeldianorum. Leipzig 1907ff. 6ff. [Register]. - Bopp Nr. 5734 und
Nachtrag). 4 WA Br. 6, 59f. 244f. 492. 510ff. 547f.
5 Hans, Gutachten. 6 Unsere Nr. I 5. 7 Richter 2, 234f.
8 Roth 2, 195f. 212 Anm. 10a.
9 Roth 2, 193f. —Hans, Agenden 146f.
10 Roth 2, 116. 222 (Nürnbergs Stellung dazu: Roth 2, 130 Anm. 54).
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