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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (12. Band = Bayern, 2. Teil): Schwaben: Reichsstädte Augsburg, Dinkelsbühl, Donauwörth, Kaufbeuren, Kempten, Lindau, Memmingen, Nördlingen, Grafschaft Oettingen-Oettingen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30628#0043
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1539. Ihnen folgten 1537 und 1538 Psalterbearbeitungen in zwei verschiedenen Ausgaben (von Dachser
und von Salminger)35.
Zu den bisherigen fünf Kirchenpröpsten kamen jetzt noch zwei weitere. Außerdem erhielt jede
Kirche noch einen eigenen Kirchenpfleger, der neben die mit der Geldverwaltung betrauten Zechpfleger
trat36. Am 14. August 1537 erließ der Rat eine Zucht- und Polizeiordnung37. Ihr Inhalt unterscheidet
sie zwar kaum von ähnlichen Ordnungen anderer vor allem süddeutscher, schwäbischer Städte - Mem-
mingen, Lindau. Doch wurden bei ihr die Geistlichen vollständig ausgeschaltet. Der Rat bestellte die
Zuchtherren — 3 aus dem großen, 3 aus dem kleinen Rat - ausschließlich aus seinen Reihen. Das ent-
sprach durchaus der schweizerischen Richtung38.
In dieser Zuchtordnung wurde auch den wiederholten Bitten der Geistlichen um Schaffung eines
neuen Eherechts entsprochen. Die Verlobung ( = Eheschließung) mußte vor Zeugen stattflnden und der
Trauung ein kirchliches Aufgebot vorausgehen. Verbotene Verwandtschaftsgrade wurden festgesetzt
und am 13. Sept. 1537 ein Ehegericht - ohne Beiziehung eines Geistlichen - errichtet39.
War so äußerlich eine klare Ordnung erreicht, so gelang es dagegen nicht, zu einer theologischen und
persönlichen Einheit unter den Pfarrern zu kommen. Vor allem konnte sich Forster nicht in die Zusam-
menarbeit mit den übrigen Predigern schicken. Sie galten ihm als verkappte Zwinglianer, gaben freilich
auch allerlei Anlaß zu dieser Beurteilung. Im Sommer 1538 kam es noch einmal zu heftigen Ausein-
andersetzungen zwischen der sächsischen und oberdeutschen Richtung. Dabei griff auch Luther scharf
ein.40 Daraufhin verbot die Stadt Forster am 25. November 1538 die Kanzel. Er wandte sich nach Nürn-
berg, dem steten Zufluchtsort der Augsburger Lutheraner. Damit war einstweilen Friede. Freilich ver-
hütete der Rat auch eine zu schroffe Entwicklung der Oberdeutschen. 1539 versuchte man Ambr. Blarer
zu gewinnen. Während einer halbjährigen Tätigkeit in der Moritzkirche erwies er sich zwar als wort-
gewaltiger Prediger und eifriger Förderer christlicher Liebestätigkeit. Er wurde aber wegen seiner zwing-
lischen Einstellung doch nicht angestellt. Den entscheidenden Anstoß dazu gab freilich noch sein Be-
mühen um Aufrichtung einer straffen Kirchenzucht. Davon wollten die ,,Junker‘‘ gar nichts wissen.
Aus ähnlichen Gründen wurden im Frühjahr 1540 Meußlin und Wolfhart wenigstens verwarnt.
So konnte also 1545 eine recht stattliche Agende als ,,Forma, wie vom heiligen tauf und dem heiligen
sacrament des leibs und bluts Christi und demnach vom eelichen stand bei dem einsegnen der eeleut zu
reden sei“ erscheinen41. Außer dem, was der Titel schon verrät, enthält diese Agende, die sich im allge-
meinen ja an die frühere Forma anschließt, jetzt auch die Ordnung der Predigtgottesdienste.
Daran, die Reformation im augsburgischen Landgebiet einzuführen, konnte nicht gedacht werden,
weil die Augsburg unterstehenden Dörfer ganz von katholischen Obrigkeiten umgeben waren. Als im
September 1544 ein evangelischer Pfarrer in Mindelaltheim eingesetzt wurde, vertrieb ihn schon im Juli
des nächsten42 Jahres König Ferdinand als Herr der Herrschaft Burgau. Nur für Burtenbach, das dem
Augsburger Hauptmann Sebastian Schertlin gehörte, konnte dieser in seine Lebensgeschichte eintragen:
,,Anno 1546 auf Sonntag Judica hab ich das Papsttum zu Burtenbach verändert und einen christlichen
evangelischen Prediger aufgestellt; hat Herr Hans N. geheißen“43. Burtenbach blieb auch stets evan-
gelisch44.

35 Kamp. — WA 35, 350—355. 356f. — Hans, Vergangenheit 29f. — Radlkofer, Dachser und Salminger. - Hans
Saalfeld, J. Dachser, in: ZbKG 31 (1962) 1—25. 36 Roth 2, 327f.
37 Ains Erbern Rats der stat Augspurg Zucht und Pollicei Ordnung 1537.
38 Sie wird daher nicht abgedruckt. - Roth 2, 329. 367jf. - Köhler 2, 297-318.
39 Roth 2, 330f. - Köhler 281-297.
40 WA Br 8, 268-276.
41 Unsere Nr. I 12. — Hans, Agenden 158-162. — Waldenmaier 50. 42 Steichele 5, 702.
43 Fr. von Rexroth, Seb. Schertlin. Bonn (1940). 96ff.
44 Alfr. Brüderlein, Burtenbach. Burtenbach 1951.

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