Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (12. Band = Bayern, 2. Teil): Schwaben: Reichsstädte Augsburg, Dinkelsbühl, Donauwörth, Kaufbeuren, Kempten, Lindau, Memmingen, Nördlingen, Grafschaft Oettingen-Oettingen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30628#0044
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Der Zusammenbruch im Interim und der Neubau nach dem Religionsfrieden.
Der 1546 losbrechende Schmalkaldische Krieg brachte der Stadt zwar zunächst die Gelegenheit zur
Ausbreitung evangelischer Gottesdienstformen im eigenen Herrschaftsbereich und darüber hinaus,
brachte bei dem rasch folgenden Rückschlag dann aber starke Beschränkungen. Am 16.Febr. 1547 legte
der siegreiche Kaiser eine Besatzung in die Reichsstadt, in der das Jahr darauf das Interim verkündet
wurde. Der Augsburger Rat mußte, während das Rathaus von kaiserlichen Truppen umstellt war, seine
Unterwerfung unter dieses am 26.Juni 1548 beschließen1. Meußlin nahm sofort seinen Abschied und
zog mit seiner Frau und 8 Kindern ins Elend. Als der Rat dann von seinen Geistlichen das Tragen des
Chorrockes verlangte, ging am 28. Juli noch ein weiterer Pfarrer.
Am 2. August 1548 mußte die Stadt auf kaiserlichen Befehl dem Bischof vertraglich alle seine
früheren Rechte zusprechen und ihm zugleich seine Kirchen zurückgeben. Am 13. August wurde dann
die seit 1368 gültige Stadtverfassung durch den Kaiser umgeändert. Die Zünfte verschwanden. Die Pa-
trizier, die sich vielfach katholisch hielten, bekamen die ganze Macht in die Hand. Freilich gelang es auch
so nur, etwa die Hälfte des Rates katholisch zusammenzusetzen. An der Spitze der Verwaltung standen
von nun an zwei Stadtpfleger.
Die Evangelischen - 9/10 der Bevölkerung - waren nun auf die Anna-, Barfüßer- und Jakobskirche
sowie auf die Predigthäuser bei St. Ulrich, Heilig Kreuz und St. Georg beschränkt. Ihre Geistlichen
wurden am 12. August auf das Interim vereidigt. Sie wurden mit dieser Forderung überrumpelt und lei-
steten den Eid daher auch nur unter Ablehnung eines wörtlichen Verständnisses des Interims. Zur Sa-
kramentsverwaltung mußten aber eigene Interimsgeistliche angestellt werden. Die Interimsordnungen
wurden auch nur in den Kirchen, nicht auch in den Predigthäusern durchgeführt. Der Besuch der
Interimsmessen war aber recht dürftig2. Der Rat mühte sich, seine Geistlichen zur Annahme der Nürnber-
ger Interimsordnung3 zu bewegen; die evangelischen Prediger lehnten aber am 30. September 1549 ein-
hellig ab, ja sie predigten ohne Scheu gegen das Interim4.
Angesichts dieser Lage, die ja im ganzen Reich nicht viel anders war, hielt es der Kaiser nach
Schluß des Augsburger Reichstages von 1551 für nötig, noch einmal ganz entschieden für das Interim
einzutreten. Nun mußten also am 26. August die dem Interim widerstehenclen Augsburger Prediger vor
einer Kommission unter dem Vorsitz des Bischofs von Arras erscheinen. Jeder wurde einzeln verhört
und dann, da sich jeder standhaft erzeigte, binnen drei Tagen aus Stadt und Reich gewiesen. Damit
wurden auch ihre Predigthäuser geschlossen5.
Schließlich gelangen die Bemühungen Augsburgs um Interimspfarrer aber doch noch. Vor allem
kam der frühere lutherische Vorkämpfer Kaspar Huberinus, der Schwager des aus Augsburg stam-
menden kaiserlichen Vizekanzlers Seld, der Prediger in Öhringen war. Er hielt am Weihnachtstag 1551
seinen ersten Interimsgottesdienst - freilich unter der allgemeinen Verachtung der evangelischen Ge-
meinde6.
Als dann der Fürstenaufstand losbrach, mußte am 4. April der Rat von Augsburg unter dem Druck
seiner Bevölkerung die Stadt den Fürsten übergeben. Die katholischen Gottesdienste wurden darauf am
11.Mai verboten. Weiter zu gehen wagte man aber noch nicht. Von der Interimsordnung fiel Stück um
Stück. Huberinus war gleich nach dem Einrücken der Truppen aus der Stadt, der er für einen Verräter
galt, gewichen. Die Mehrzahl der vom Kaiser gegen den Eid, nicht mehr in Augsburg evangelisch lehren
zu wollen, vertriebenen Prediger kehrte wieder zurück. Doch wurden sie erst auf ausdrücklichen Befehl

1 Roth 1, 110-169. — Roth Friedr., Eine unbekannte... Denkschrift des Augsburger Stadtschreibers Gg. Frölich. ■.
1547, in: BbKG 32, 70-87.
2 Roth 3, 484-488; 4, 170-240. 3 Vgl. Sehling 11, 291. 325-331.
4 Roth 4, 241-291. 5 Roth 4, 342-356. 6 Roth 4, 390-412. - Roth, Huberinus.

28
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften