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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (12. Band = Bayern, 2. Teil): Schwaben: Reichsstädte Augsburg, Dinkelsbühl, Donauwörth, Kaufbeuren, Kempten, Lindau, Memmingen, Nördlingen, Grafschaft Oettingen-Oettingen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30628#0045
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der Fürsten wieder angestellt, nachdem es dem Rat trotz eifrigster Bemühungen nicht gelungen war,
andere Geistliche zu bekommen und die Fürsten den erzwungenen Eid öjfentlich für ungültig erklärt
hatten. Am 12. Juni wurde dann der evangelische Gottesdienst wieder in der alten Form aufgenommen.
Es geschah beinahe im allerletzten Augenblick, um nach dem eben damals abgehandelten Passauer Ver-
trag, der schließlich den konfessionellen Besitzstand nach dem Datum seines Abschlusses (2. August)
regelte, das evangelische Kirchenwesen in Augsburg zu sichern7. Damit war die evangelische Bevöl-
kerung der Stadt wieder auf die in städtischer Verwaltung befindlichen Kirchen - St. Anna, Zu den
Barfüßern und St.Jakob - sowie auf die Predigthäuser bei St.Georg, Heilig Kreuz und Sanct Ulrich
beschränkt. Unmittelbar, nachdem er mit Mühe doch noch zur Anerkennung des Vertrages vermocht
worden war, kam der Kaiser nach Augsburg. Er änderte sofort unter Bruch dieses Vertrages die von
den Fürsten wiederhergestellte Zunftverfassung zugunsten der Patriziatsherrschaft erneut ab. Doch ver-
langte er nur die Entlassung von drei Geistlichen. Von den übrigen forderte er strenge Einhaltung der
Augsburgischen Konfession.
Zu deren Sicherung holte sich die Stadt zu ihren schweizerisch gerichteten Geistlichen eine Anzahl
sächsischer Prediger. Diese eröffneten sofort einen scharfen Kampf gegen ihre Amtsbrüder, mußten aber
darüber teilweise wieder weichen. Um so mehr wünschte nun Melanchthon eine neue Kirchenordnung8.
Unter vielen Schwierigkeiten kam es aber doch nur zu einer lutherischen Bereinigung der bisherigen.
Das beschränkte sich darauf, daß Formen für Nottaufen und Krankenkommunionen eingefügt
wurden, daß beim Vater unser statt um Erlösung vom Bösen um Erlösung vom Übel gebetet wurde
und bei der Taufe nicht mehr, Gott wolle dem Kind den Glauben ,,zu seiner zeit“ verleihen, sondern
schon ,,jetzund“9, und daß beim Heiligen Abendmahl das ,,Trinkgeschirr“ durch einen ,,Kelch“ er-
setzt wurde. Die Ordnung wurde Melanchthon zur Billigung zugesandt, der diese, wenn auch etwas
kühl, auch aussprach10. Diese damit geschaffene Augsburger Gottesdienstordnung11 blieb dann - 1619
neu aufgelegt12 - bis zum Jahre 1718 in Kraft. Dann wurde sie durch eine neue ersetzt13.
Für den Jugendunterricht wurde der Katechismus des Pfarrers Johann Meckhart (Catechismus. Ain
kurtze Christliche Leer und Vnderweysung für die Jugent) vielleicht schon seit 154814, sicher seit 155415
verwendet. In ihm wurde die sog. reformierte Zählung der Zehn Gebote16 gebraucht, während man im Got-
tesdienst die lutherische benützte. Man störte sich anscheinend nicht an dieser Zweigeleisigkeit, weil
man erst 1632 in einem neuen Katechismus zur Form der Agende überging17.
Im Jahr 1555 erschien schließlich auch ein neues Gesangbuch, das dann - in verschiedener Ergän-
zung - bis ins 18. Jahrhundert hinein in Augsburg in Gebrauch war18.
So war Augsburg nun eine im wesentlichen lutherische Stadt. Damit war eine Entwicklung zum
Abschluß gekommen, die 1536 mit dem Anschluß an den Schmalkaldischen Bund begonnen hatte. Das
wurde bedeutsam für das ganze bayerische Schwaben.
Evangelische Pfarreien entstanden in Augsburg bei der anfänglichen konfessionellen Gespaltenheit
ohne jede obrigkeitliche Anordnung aus wilder Wurzel, lediglich durch den freien Zusammenschluß von
Gemeindegliedern als Personalgemeinden auf Grund der freien Beichtvaterwahl.
Kirchengut wurde in Augsburg evangelischerseits sehr wenig eingezogen. Die Evangelischen Augs-

7 Roth 4, 413-470. 8 CR 7 Nr. 5248.
9 Über diese Frage war schon 1536 bei der Wittenberger Konkordie verhandelt worden (RE 20, 395 Z. 5ff.).
10 CR 8 Nr. 533f. 5339; 8, 5933-5934. Nr. 5833. 5834. - Roth 4, 592-597.
11 Unsere Nr. I 14. - Feuerlein S. 292 Nr. 103-105. — Hans, Agenden 163—168. — Waldenmaier 50f.
12 Feuerlein S. 292 Nr. 106.
13 Feuerlein S. 321 Nr. 229 (Acta historico-ecclesiastica 19 [1755] 660). - Hans, Agenden 163. 168.
14 L. Greiff, Beiträge zur Geschichte der deutschen Schulen in Augsburg. Augsburg 1858. 15.
15 Hans, Katechismen 116ff. 345. - Reu, Quellen 458. 821. 16 Vgl. unten S. 67!
17 = 15! 18 Radlkofer 20 (nicht erst 1557!). — Hans, Agenden 169ff. Hans, Vergangenheit 28f.
 
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