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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (12. Band = Bayern, 2. Teil): Schwaben: Reichsstädte Augsburg, Dinkelsbühl, Donauwörth, Kaufbeuren, Kempten, Lindau, Memmingen, Nördlingen, Grafschaft Oettingen-Oettingen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30628#0053
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Das frugebet

gedanken erkenner und alles meines tuon und lassens
ain gerechter richter bist! Ich kan dir nichts er-
zelen noch klagen, das du zuovor nicht wissest, auch
nichts bergen, das deinen götlichen maiestetlichen
augen nit offenbar ist. Jedoch so beschwären und
treiben mich die menig und der verderblich tödlich
last meiner sünd und geben mir ursach mit dem
offenbarn sünder8 für dein götlich, gnedig und
barmherzig augen zuo fallen und von grund meines
herzen mit im zuo bitten und zuo sprechen: O Gott,
bis gnedig mir armen sünder!
Diese absolution
und ablaß spricht der diener über das volk:
O Herre, allmechtiger und barmherziger Gott,
ich bitt dich durch Christum Jesum deinen Sun, un-
seren Herren, der von der sünder wegen in die welt
kommen, zuo suochen und zuo behalten, was ver-
loren war, du wöllest allen denjenigen, so dises von
grund aines bereuten herzens über ire sund und
missetat mit fürsatz, nimmer zuo sündigen, in rech-
tem glauben von dir begeret und gebeten haben, ire
sund verzeihen und nimmer gedenken durch das
herb und bitter leiden und unschuldig bluotvergie-
ßen deines lieben Sun Christi Jesu, unsers behalters,
der mit dir lebt und regiert in ainigkait des Hailigen
Gaists, Gott in ewigkait. Amen.
So stehet nun auf frölich! Gott hat euch eurer
sünd verzigen, darumb ir hinfüran der gerechtig-
kait Gottes leben solt.
Spricht weiter der diener9:
Haben wir nun für uns gebeten, so wöllen wir der
unsern auch nicht vergessen. So bittend fleißig!
Für die christlichen gemain oder kirchen.
Am ersten für ain gemaine christenliche kirchen,
das ist für die glaubigen, das si der allmechtig Gott
nach seiner zuosagung und verhaißung in ainem wa-
ren christenlichem glauben vest, unwankelper und
reits getan hatten (vgl. Kantz 1522 [unsere Nr.
VIII 1] und Döber 1525 [Sehling 11, 51]). Auch
Straßburg kannte eine solche Offene Schuld am An-
fang des Meßgottesdienstes (Smend 126. — Hubert
57. 77. 83f. 91 f.), von wo aus sie Calvin in den Pre-
digtgottesdienst übernahm (Eberh. Weismann,
Der Predigtgottesdienst, in: Leiturgia 3, 52. - Hans,
Agenden 155f.).

vor irrsalen behüten und bis an das ende erhalten
wölle.
Für die diener des evangelii.
Zum andern für die diener der kirchen; am ersten
für dise, denen das wort Gottes und evangelium zuo
predigen bevolhen ist, das si der almechtig Gott
durch sein gnad und Gaist sein wort und bevelch
war, lauter, unvermischt seiner gemain fürtragen
lasse.
Für ain eußerliche dienstperkait,
das ist: für ain christenliche oberkait.
Zum andern für ain eußerlich dienstperkait, das
ist: für ain christliche oberkait unsere genedige her-
ren, den kaiser, künig, ckur- und fürsten und stend
des reichs, besonder für N. etc., das inen der all-
mechtig Gott allen verleihen wölle sein gnad und
Gaist, iren undertanen nach seinem götlichen willen
und wolgefallen fürzuosein und si regieren mögen
zum preis Gottes und irer seelen hail.
Fiir dise, die noch nit erleucht sein.
Zum dritten bittend umb alle die, so noch nit er-
leucht und in götliche erkantnus bracht und ge-
fürt sein und sich aus unwissendem eifer und un-
verstand wider die warhait setzen, das si der all-
mechtig Gott durch sein gnaden und Gaist wölle er-
leuchten, in sein götliche erkantnus füren und si
sampt uns bis ans ende darin beharrlich machen
wölle, damit si sich ferner in unwissenhait nit ver-
sündigen.
Für die, so umb den namen Gottes verfolget werden.
Zum vierten bittend umb alle die, so umb den na-
men Gottes und des haiflgen evangelii wegen ver-
folget, gefangen, gepeiniget und abgeleibt werden,
das inen der almechtig Got durch sein gnad und
Gaist beisten wölle, die erkannten warhait zuo der
glori und preis seines heiligen namens und zuo auf-
erbauung der gemain Gottes offenlich zuo bekennen
und darauf unwankelper bis an das end beharren
mögen.
8 dem Zöllner (Luk. 18, 13).
9 Eine solche Gebetsvermahnung mit verschiedenen
einzelnen Gebetsanliegen kannte auch der mittel-
alterliche Predigtgottesdienst, aber gewöhnlich erst
nach der Predigt. (Surgant f. 78ff. - Walden-
maier 4. 115).

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