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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (12. Band = Bayern, 2. Teil): Schwaben: Reichsstädte Augsburg, Dinkelsbühl, Donauwörth, Kaufbeuren, Kempten, Lindau, Memmingen, Nördlingen, Grafschaft Oettingen-Oettingen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30628#0057
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Form und ordnung des Herren nachtmal betreffend

Dieweil nun Cristus selbs stirbt, das er gnug tue fur
uns und den Vater wider versöne, den Gaist Gottes
erwerbe, dadurch wir erleucht, gerainigt und zu
kindern Gottes zugerust werden, warlich so sollen
wir den teuren tod Cristi, disen unermeßlichen costen,
in unser herz pilden und die verdampten sund, so
Cristo zum tod ain ursach was, als das hellisch gift
und tod hassen, fliehen und uns in ain bußfertigs
leben schicken, Da gee ain jeder in sich selbs, ob in
reu, das er so oft und manigfaltig wider Got gesun-
det hat, derhalb er ewiger verdambnus wirdig ist,
und ob er beger, durch Gottes gnad von sunden ent-
ledigt zu werden und ain cristlich leben zu fueren!
Wo nit, so steet er ubel.
Zum andern bedenkent die großen gnad und liebe
Gottes, der seines aingepornen Suns nit verschont
hat, sonder fur uns in tod geben. So lieb hat er die
welt, das er sein aingepornen in die welt sandte, das
wer in in glaubt, nit verloren werd, sonder habe das
ewig leben. Wo ist solich lieb je erhört worden? Da
wir noch sunder waren, ist Cristus fur uns gestorben,
da wir noch veind waren, seien wir Got versönt
durch den tod seines Suns, zun Römern am 5. [10].
Hat euch vor als pillich eur große sund und das ge-
recht urtail Gottes erschreckt, so seid wider ge-
tröst! Unser sund ligen nit mer auf uns, so wir glau-
ben, sonder auf dem unvermaß gothen lemblin
Gottes. Der hat si gebueßt, den tod abgetilget, das
leben widerpracht, und Cristus ist uns geschenkt
vom Vater, das er sei unser weishait, gerechtigkait,
hailigmachung und erlösung. Des bedürfen wir alle
wol, dieweil wir in uns selbs toren, ungerecht, un-
hailig, arm, gefangen sunder des bösen veinds wa-
ren. Söliche große ding standen uns zu und werden
unser aigen, so wir an der liebe Gottes nit zweiflen,
das er sein Sun Jesum Cristum uns geschenkt hab,
das wir durch in leben. Nit, das wir in zuvor haben
geliebt; sonder er hat uns vor geliebt und also sein
Sun gesandt, ain versöner fur unser sund 1. Johann,
am 4. [9]. Da höret ir im abentmal solichs, wie Cri-
stus hab sein leib und plut fur uns dargeben. Glau-
ben wir disen worten, so überwinden wir sund, tod,
hell, empfahen frid freud und sicherhait der ge-
wissne, das wir dankpar werden, umb soliche gut-
hait wihig zu tun und leiden, was uns Christus auf-
legt. Dann dis sacrament auch eucharistia haist, das

mir dabei loben und preisen söllen Gottes barm-
herzigkait und danksagen für sein unaussprechen-
liche liebe. Wo wir sein tod und darinne sein väter-
liche treu alltzeit gedenken, werden wir diemuetig,
dankpar, wachsen im vertrauen zu Got durch
Cristum werden behutsam und richten uns in ain
neues leben, das denn soll und muß sein oder wir
werden allain titelcristen genennt werden.
Zum dritten erinnert uns das nachtmal der crist-
lichen lieb und ainigkait; dann ist Cristus fur uns
gestorben, so ists ain anzaigung, das wir an seinem
leiden und sterben gemainschaft haben, und, so das
haupt fur seine glider den tod hat gelitten und die
höchst lieb an si gelegt, sollen wir ainer den andern
auch nit verachten; dann wir seien kinder Gottes
durch den verdienst Cristi under wöliche söliche
große gueter ausgetailt werden und soll dise liebe
Cristi uns ain exempel sein, das wir also gegen-
ainander gesindt seien, wie Cristus gegen uns nem-
lich: ainer dem andern mit allem, das er ist und hat,
dienen, wie am natürlichen leib ain glid dem andern.
Widerwillen, nachred, haß und alle andere laster
müssen abgestellt werden; denn was woltest du bei
dem gemainen nachtmal des Herren tun, wann dir
dein nächster nit wol bevolhen war, für den Cristus
gestorben ist und der aller seiner gueter soll genie-
ßen mit allen auserwölten ? Du erzaigest dich von au-
ßen als ein mitglid, das Cristum fur sein erlöser und
die andern fur sein miterben und brueder erkennete,
und verachtetest aber dein nächsten und gönntest
im nichts guts. Wiltu kain glid sein am leib Cristi,
das du andere mitglider nit magst leiden, lieben und
im dienen, dich irer not annemen, als were si dem
aigen, so hassest du auch das haupt, Cristum, und
gehörest derhalb nit in dise gesehschaft.
Darumb secht auf euch selbs! Es ist nit kinder-
spil, zu des Herren nachtmal zu geen. Rohe, freche,
unbesind leut, denen nichts daran ligt, si sunden
oder nit, die pleiben nun davon. Aber gaistlich ann
leut, die ain beschwerd gewissen haben, wolten gern
frumb werden, wiewol si noch vast unvolkomen
seind, so si aber ain mißfallen haben, ab irer aignen
sund, die söllen komen und den leib und plut Jesu
Cristi im nachtmal empfahen; denn Got ist gnedig
den diemüetigen.
Ee und der diener das ewangeli die gemaind com-

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