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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (12. Band = Bayern, 2. Teil): Schwaben: Reichsstädte Augsburg, Dinkelsbühl, Donauwörth, Kaufbeuren, Kempten, Lindau, Memmingen, Nördlingen, Grafschaft Oettingen-Oettingen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30628#0094
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Augsburg

Ain anderer collect vom tauf.
Der Herr sei mit euch!
Lond uns bitten!6
Allmechtiger ewiger Gott, barmherziger Vater,
dieweil dein reich nur die neugeporen sehen mögen
und dir nichts gefellt, das deinen Gaist nit hat, so
bitten wir, das du disem kind, das da ist dein crea-
tur, deinen hailigen kindergaist verleihen und sein
herz mit demselbigen versiglen und versicheren wöl-
lest, auf das die erneuerung und widergepurt des
Gaists, welche wir im mit disem hailigen sacrament
des taufs nach deinem befelch übergeben und mit-
tailen, seine warhaftige wirckung hab, das es in den
tod deines lieben Suns Christi Jesu getauft, mit im
begraben und durch in vom tod zum neuen und
ewigen leben auferweckt werde zum lob deines hai-
ligen namens und zuo seiner und meniglichs besse-
rung, durch denselbigen deinen geliebten Sun
Christum Jesum. Amen.
Auf den sonntägen,
wann die kirch gepetet, soll der
prediger sprechen:
Damit wir der gnaden und des segens Christi an
disen kindern getröstet werden, höret seine selbs
wort und ganz gnädig handlung mit den kindern,
die man im zuobracht (R: Mar. 10 [13-16]).
In der zeit bracht man kindlein zu Jesu, das er si
anruret. Die jünger aber fuoren die an, die si truo-
gen. Do es aber Jesus sahe, ward er unwillig und
6 Eng nach Straßburg 1537 (Hubert 46).
7 Dieser Brauch bestand als Hebammentradition bis
in die jüngste Zeit in den Kirchen der inneren Stadt
Augsburgs. Er stammt vermutlich bereits aus vor-
reformatorischer Zeit und da aus der Zeit der Im-
mersions(= Tauch-)taufe bei welcher die Paten das
Kind im Taufwasser hielten, bis es der Priester ge-
tauft, ihm das Taufkleid angezogen und es gesegnet
hatte (vgl. Luthers Taufbüchlein verdeutscht 1523
(WA 12, 45f.) und 1526 (WA 19, 541). Andererseits
kann diese Aufforderung in vorreformatorischer Zeit
auch entstanden sein, weil es Sitte wurde, daß die
Paten die Kinder nicht selbst hielten. Eine echte
Patenschaft entstand nämlich nur, wenn der Pate
den Täufling bei der Taufe wenigstens berührte
(Codex juris canonici, Canon 765).
8 Luthers Lied Wir glauben all... - Diese hier eigent-
lich nur als Schlußlied erscheinende Verwendung des
Glaubensbekenntnisses ist nicht die einzige während

sprach zuo inen: Lasset die kindlein zuo mir kom-
men und wöret inen nicht; dann solcher ist das reich
Gottes! Warlich, ich sag euch: Wer das reich Gottes
nit empfahet als ain kindlin, der wird nit hinein
kommen. Und er umbfing si und legt die händ auf si
und segnet si.
Wann dises evangeli verlesen, spreche der prediger:
Eben disen seinen segen zum ewigen leben wölle
der Herr disen kindern durch seinen hailigen tauf
mittailen! Daran sollt ir nicht zweifeln und im dar-
umb ewigs lob und dank sagen.
Darauf soll der helfer den kindern die heuptlin
lassen entplößen und die hebamm zum tauf lieben
und mit der hand si drei mal mit dem wasser begie-
ßen und sprechen:
Ich tauf dich etc.
und denn den gevättern das kindlin geben, die alle
ire händ ans kindlin legen sollen7.
Zu denen sprech der helfer:
Lasset euch das kindlein als ain kind Gottes und
unser aller mitglid in Christo getreulich zu seinem
reich befolhen sein!
Darauf lasse man die kirch den glauben8 singen.
Demnach sag der prediger dem Herrn dank und
lasse das volk mit dem segen hingeen.
Auf den werktägen
sag der helfer nach der collecten also:
Damit ir der gnaden des Herrn an disen kindlin
dester gewisser seiet, höret seine tröstliche wort von
kindlin!
der Taufe. Die hier geschilderte Taufe erfolgt am
Sonntag innerhalb des Predigtgottesdienstes. Zu
dessen Anfang wurde aber das Glaubensbekenntnis
verlesen (unsere Nr. I 9, S. 69). Bei einer Taufe
am Werktag, wo das nicht der Fall war, wurde daher
auch das Glaubensbekenntnis wie in Straßburg 1537
(Hubert 50) vor der Taufe gesprochen (Vgl. unten
S. 79!). Das Glaubensbekenntnis fehlt ganz in
Zwinglis Taufordnung, wo dafür die hier überhaupt
fehlende Frage, ob das Kind getauft werden solle,
gleich zweimal gestellt wird (CR 91 [= Zwingli 4]
680. 682). — Als bedeutsamer Unterschied gegenüber
den lutherischen Taufordnungen jener Zeit und der
älteren Übung in Augsburg (vgl. unsere Nr. I3!) ver-
dient Erwähnung, daß das Glaubensbekenntnis nur
gesprochen bzw. verlesen, nicht aber abgefragt
wurde (vgl. auch Joh. W. Fr. Höfling, Das Sakra-
ment der Taufe. 2 [Erlangen 1859] 219).

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