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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (12. Band = Bayern, 2. Teil): Schwaben: Reichsstädte Augsburg, Dinkelsbühl, Donauwörth, Kaufbeuren, Kempten, Lindau, Memmingen, Nördlingen, Grafschaft Oettingen-Oettingen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30628#0120
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Augsburg

so werden wir gezüchtiget, auf das wir nit mit diser
welt verdampt werden. Item (R: Roman. 5 [28, 38]):
Denen die Gott lieben müssen alle ding zum besten
dienen und kan si von der liebe Gottes in Christo
nichts abschaiden, es sei feur, schwert, hunger, tod
oder leben etc.
Zum vierten: Dieweil nun dem also und ir aus dem
hailigen evangelio, durch den mund unsers Herrn
Jesu Christi geprediget und mit seinem tod und auf-
erstehung bezeuget, des aufs allergewissest und
sicherest seiet, das alle eure sünd von euch auf Chri-
stum, ja nun auch von Christo ganz und gar hinweg
geton und ewig vertilget seind, und also gar für
Gotes angesicht kain ursach des zorns und ver-
dammnus über die glaubigen verhanden, sonder
eitel gnad, trost, leben und seligkait - seitemal un-
ser Herr Got nicht mer in seinen augen hat als ain
bösen verdampten sünder von Adam geborn, sonder
als ain gerechts, hailiges, liebes kind in Christo, in
welches gerechtigkait und leben ir so gewißlich le-
ben und selig sein solt (sovern ir solchs glaubt) ewig-
lich, als gewiß und warhaftig er nicht in seinen aig-
nen, sonder in eum sünden Gottes zorn getragen
und gestorben ist, so sehet und tröstet euch solcher
gnad und wisset, daß die sünd, Gotes zoren, der
tod und hell gar nichts mer mit euch zu schaffen
haben, sondern Christus, das ainig larnb Gotes (R:
Joan. 5 [richtig: 1, 29]), tregt si, der si auf sich ge-
nommen und auch durch sich selbs überwunden und
ewig getilgt hat, derhalben ir durch und in demsel-
bigen Herrn Jesu Christo aller gnaden, trosts, hails
und säligkait zu Gott dem Vater euch versehen und
in solcher trostlichen zuversicht in seinen gnädigen,
väterlichen willen ergeben solt und sagen: Der Herr
ist mein licht. Vor wem soll ich mich fürchten? Mein
Vater im himel, dein will geschehe! In deine hend
bevilch ich meinen Gaist. Amen.
Damit ir nun solches dest getröster und sicherer
tuon müget, so verkündige ich euch als ain verord-
neter diener unsers Herren Jesu Christi die verge-
bung aller euer sünden im namen des Vaters, des
Suns und des Hailigen Gaists. Amen.
Euch geschech nun, wie ir glaubt9!
9 Diese Einschränkung nach dem Glauben des Ein-
zelnen gemäß der Brandenburgisch-Nürnbergischen
Kirchenordnung von 1533 (Sehling 11, 187).

Wie man die kranken communiciern soll.
Wann der krank also zuvor durch Gottes wort
underricht und mit dem wort der absolution ge-
tröstet ist, so beraite man den tisch mit brot und
wein ehrlich mit aufgelegtem tuoch zu der commu-
nion und, wann solches geschehen, so andere mehr
leut bei dem kranken seind, in zuo besuochen, mag
man volgende vermanung an si tun, darauf beten
und die action halten, wie volget:
Es ist ain sonder werk götlicher lieb, lieben chri-
sten, gegen uns armen, sündigen menschen, das uns
Got neben seinem lieben hailigen wort tägliche
exempel an kranken und sterbenden menschen für-
stelt, uns damit in stäter buoß zuo halten und nit
so bald mit haufen in seinem grimm hinwegreißet,
wie wir doch täglich wol verschuldet hetten. Darumb
sollen wir, die wir christen seind, geren umb die
kranken und sterbenden leut sein, ire exempel wol
zu herzen nemen und allerlai daran lernen, wie auch
Sirach leeret (R: Sirach cap. 7 [39]): Beschwere dich
nit, die kranken zuo besuochen; dann umb des wil-
len wirst du geliebet werden. Und der prediger Salo-
mon sagt (Pred. 7 [3ff.]): Es ist besser in das klag-
haus geen dann in das trinkhaus. In jenem ist das
end aller menschen, und der lebendig nimbts zu
herzen. Es ist trauren besser dann lachen; dann
durch trauren wird das herz gebessert. Das herz der
weisen ist im klaghaus und das herz der narren im
haus der freuden.
Solchs tuot die gotlos welt nit, sonder, wie si Got-
tes wort aufs höchst veracht, also fragt si nicht nach
den täglichen exempeln, welche si und uns zur buoß
ruofen, nimbt si nit zu herzen, eußert sich der kran-
ken, verspottet, die si besuchen, sihet täglich die
menschen hinwegsterben, aber si bessert sich nit
und fraget nichts darnach, wie der prophet Esaias
(R: Esaie 56 [richtig 57, 1]) auch darüber klaget und
spricht: Der gerecht kumpt umb und niemands
nimbts zu herzen etc. Darumb wöllen wir die
stückle, die wir als christen lernen und beherzigen
sollen, kürzlich und ordenlich handlen und hernach-
mals auch Gott umb gnad anruefen und handlen,
darumn wir zusamenkommen seind.

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