Metadaten

Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (12. Band = Bayern, 2. Teil): Schwaben: Reichsstädte Augsburg, Dinkelsbühl, Donauwörth, Kaufbeuren, Kempten, Lindau, Memmingen, Nördlingen, Grafschaft Oettingen-Oettingen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30628#0190
License: Free access  - all rights reserved
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
gleichzeitig auch der ,,slowenische Luther“ wurde. Nach seinem ersten Besuch in Kempten schrieb er
freilich: „Allein die Kirchenordnung, die bisher ist gehalten, sonderlich die Administration der heiligen
Sakramente, gefällt mir gar nicht.“ Darum stellte er eine eigene Kirchenordnung zusammen, für die er
im allgemeinen die Württembergische Kirchenordnung von 15535 zugrunde legte und die er nur den ört-
lichen Bedürfnissen entsprechend ergänzte. Da diese Ordnung auf der von 15366 weiterbaute, Truber
zudem ausdrücklich auf sie zurückgreift und diese wesentlich auf der Brandenburgisch-nürnbergischen
Kirchenordnung von 15337 fußte, kam doch in Kempten der 1533 abgewiesene Rat Nürnbergs einiger-
maßen zur Befolgung8; denn darüber, daß Trubers Wunsch erfüllt wurde, kann ja kein Zweifel be-
stehen. Unter Trubers Nachfolger zog nicht nur die Kirchenmusik der Orgel wieder in den Gottesdienst
ein, sondern fand auch die konfessionelle Entwicklung mit der Unterschrift der Konkordienformel
durch Stadt und Geistlichkeit ihren Abschluß9. Jetzt wurde endlich auch am 23. August 1577 auf die
Benützung des bischöflichen Ehegerichtes verzichtet. Gleichzeitig wurde für die Gültigkeit eines Ehe-
verspruchs (vor der Trauung) die Gegenwart eines Ratsherrn gefordert10.
Dafür scheint aber die wohl über den Interimsmaßnahmen eingegangene Zuchtordnung nicht wie-
der belebt worden zu sein. Man hätte sonst nicht 1622 nötig gehabt, eine ihr entsprechende Kirchenzensur
neu zu schaffen. Diese bestand dann bis 177211.
Da die Stadt Katholiken nicht den Aufenthalt verwehrte - es fanden sich 1628 allerdings kaum 10
dort -, sollte während des Dreißigjährigen Krieges auch wieder katholischer Gottesdienst in Kempten
eingeführt werden. Dem widersetzte sich die Stadt allerdings hartnäckig und erfolgreich, obwohl sie wie-
derholt von kaiserlichen Truppen im Sturm genommen und entsprechend behandelt wurde.
Im Jahr 1802 wurde Kempten von Bayern in Besitz genommen. Das bisher im freien Verleihungs-
recht ruhende Patronatsrecht der Stadt wurde 1803 aufgehoben und 1852 der Kirchengemeinde verliehen.

5 Richter 2, 131-141.
8 Unsere Nr. V. - Loesche.
10 Köhler 2, 329.

6 Richter 1, 265-273. 7 Sehling 11, 140-279.
9 Bekenntnisschriften 17. — J. T. Müller 786.
11 Hammon 98f. 116.

174
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften