V. Primus Trubers Kirchenordnung 1553
Herrn Primus Trubers pastors und kuerchendie-
ners zu Kempten einem ersamen rat daselbsten über-
gebene kuerchenordnung, weliche in den haupt-
punkten und articuln lautet, wie hernach folget.
Von der lehr.
Unsere predig oder lehr, namlich von götlichem
wesen und willen, vom gesetz, von der sünde, vom
glauben, von unser rechtfertigung vor Gott, von
guten werken, von gebet und wahrer anrufung, vom
kreuz, vom rechten brauch und genuessung der hei-
ligen sakrament, von kunftigem ewigen leben etc.
soll aus der heiligen gotlichen schrift genommen und
bezeugt werden mit lauteren, verstendigen sprü-
chen Christi unsers Herren, der propheten und apo-
stel und in dem verstand, wie es die erste alte chri-
stenlich kuerchen vor dem papstumb und die ersten
4 concilia1 verstanden und gelehrt haben, auch
nach ausweisung und inhalt der augspurgischen2,
item der sächsischen 3 und wurtembergischen 4 con-
fession, welche am ersten dem reichstag zu Augs-
purg, nachmals dem jüngsten concilio zu Trient5 sein
Druckvorlage: Abschrift des 17. Jahrhunderts
(Papier, folio, 4 Blätter. — Dresden Sächsisches Lan-
deshauptarchiv Loc. 8763 [VIII. Buch derer Frei- und
Reichsstädte bei den Kurfürsten zu Sachsen Grava-
mina. 1630, 1631]). - Druck: Loesche 21-24. — Vgl.
oben S. 174!
1 Nämlich Nicäa 325, Konstantinopel 381, Ephesus
431 und Chalcedon 451.
2 = Bekenntnisschriften 44-137.
3 Philipp Melanchthons Repetitio confessionis Au-
gustanae oder Confessio Saxonica von 1552 CR 28,
327-468 [lateinisch], 469-568 [deutsch]).
4 Confessio Virtembergica, die von Brenz ausgearbei-
tete Confessio piae doctrinae,quae nomine illustrissimi
principis ac domini d. Christophori, ducis wirttem-
bergensis et teccensis ac comitis Montisbeligardi, per
legatos eius die 24. mensis Januarii 1552 congrega-
tioni Tridentini concilii proposita est. Tübingen 1552
(vgl. W. Köhler, Bibliographia Brentiana. Berlin
1904. Nr. 219-228). — Dazu: Frank, Das Augs-
burgische und das Wirtembergische Bekenntnis, in:
Jul. Rauscher, Württemberg und das Augsburgi-
sche Glaubensbekenntnis ( = 4. Sonderheft der
Blätter für württembergische Kirchengeschichte).
Stuttgart 1930. 70—89 („Inhaltlich ... nichts anderes
und nicht mehr als eine nachträglich ausgefertigte
Unterschrift Wirtembergs unter die CA...“ [bei der
überantwurt. Von dieser lehr und bekantnus soll uns,
ob Gott will, weder unglück, armut noch verfolgung,
auch die pforten der hellen nicht bringen.
Vom sacrament und anderen ceremonien.
Mit der tauf, dem nachtmal des Herrn, feiertägen,
wie man die eheleut soll verkündigen und einsegnen,
die kranken besuechen und mit der begräbnus der
toten soll in aller maß und gestalt, wie in obgemel-
ter würtembergischer ordnung6 verfaßt, gehalten
werden. In diesen stuecken allen vergleichen sich
zimlich auch die ordnungen der kuerchen.
Wie an sonntägen und feuertägen zu morgen,
mittag und mit der vesper zu halten.
Am suntag
morgen,
wann nicht communicanten vorhanden seind,
soll das volk zu gewonlicher zeit zusammen kom-
men in die pfarkuerchen, darin aufahen zu singen
teutsch - den glauben7 oder das Vaterunser8 oder ain
psalmen. Darauf alsobald sollen zwen oder drei
schueler die teutsch litanei9 verständig vorsingen und
ja das damals von Österreich besetzte Württemberg
nicht beteiligt sein konnte]). — E. Bizer, Confessio
Virtembergica, das Württembergische Bekenntnis
von 1551. Stuttgart 1933. - K. Gottschick und
W. Metzger, Württembergisches Glaubensbekennt-
nis. Stuttgart 1952.
5 Dieses hatte 1551 seine zweite Periode begonnen.
Dabei wurde freilich das Augsburgische Bekenntnis
so wenig vorgelegt wie 1530 das Sächsische und
Württembergische dem Kaiser in Augsburg. Auch
das Sächsische Bekenntnis kam nicht zur Vorlage,
weil Melanchthon seine Reise nach Trient in Nürn-
berg abbrach, als der Fürstenaufstand, der dann
bald darauf das Konzil wieder zu einer Vertagung
zwang, begann. Das Württembergische Bekenntnis
aber wurde tatsächlich am 24. Januar 1552 vorge-
legt.
6 Damit ist nicht, wie man eigentlich meinen soll, die
Confessio Virtembergica gemeint, sondern die hier
allerdings noch nicht erwähnte Württembergische
Kirchenordnung von 1553 (Richter 2, 131-141. -
Hauß-Zier). Truber ist hier offensichtlich einer
Verwechselung erlegen. 7 = Wir glauben all.
8 = Vater unser im Himmelreich.
9 Von Martin Luther (WA 30 III 1-36. - Kulp 138. -
Sehling 11, 503f. - Württembergische Kirchenord-
nung 1553 [Hauß-Zier 71ff.]).
175
Herrn Primus Trubers pastors und kuerchendie-
ners zu Kempten einem ersamen rat daselbsten über-
gebene kuerchenordnung, weliche in den haupt-
punkten und articuln lautet, wie hernach folget.
Von der lehr.
Unsere predig oder lehr, namlich von götlichem
wesen und willen, vom gesetz, von der sünde, vom
glauben, von unser rechtfertigung vor Gott, von
guten werken, von gebet und wahrer anrufung, vom
kreuz, vom rechten brauch und genuessung der hei-
ligen sakrament, von kunftigem ewigen leben etc.
soll aus der heiligen gotlichen schrift genommen und
bezeugt werden mit lauteren, verstendigen sprü-
chen Christi unsers Herren, der propheten und apo-
stel und in dem verstand, wie es die erste alte chri-
stenlich kuerchen vor dem papstumb und die ersten
4 concilia1 verstanden und gelehrt haben, auch
nach ausweisung und inhalt der augspurgischen2,
item der sächsischen 3 und wurtembergischen 4 con-
fession, welche am ersten dem reichstag zu Augs-
purg, nachmals dem jüngsten concilio zu Trient5 sein
Druckvorlage: Abschrift des 17. Jahrhunderts
(Papier, folio, 4 Blätter. — Dresden Sächsisches Lan-
deshauptarchiv Loc. 8763 [VIII. Buch derer Frei- und
Reichsstädte bei den Kurfürsten zu Sachsen Grava-
mina. 1630, 1631]). - Druck: Loesche 21-24. — Vgl.
oben S. 174!
1 Nämlich Nicäa 325, Konstantinopel 381, Ephesus
431 und Chalcedon 451.
2 = Bekenntnisschriften 44-137.
3 Philipp Melanchthons Repetitio confessionis Au-
gustanae oder Confessio Saxonica von 1552 CR 28,
327-468 [lateinisch], 469-568 [deutsch]).
4 Confessio Virtembergica, die von Brenz ausgearbei-
tete Confessio piae doctrinae,quae nomine illustrissimi
principis ac domini d. Christophori, ducis wirttem-
bergensis et teccensis ac comitis Montisbeligardi, per
legatos eius die 24. mensis Januarii 1552 congrega-
tioni Tridentini concilii proposita est. Tübingen 1552
(vgl. W. Köhler, Bibliographia Brentiana. Berlin
1904. Nr. 219-228). — Dazu: Frank, Das Augs-
burgische und das Wirtembergische Bekenntnis, in:
Jul. Rauscher, Württemberg und das Augsburgi-
sche Glaubensbekenntnis ( = 4. Sonderheft der
Blätter für württembergische Kirchengeschichte).
Stuttgart 1930. 70—89 („Inhaltlich ... nichts anderes
und nicht mehr als eine nachträglich ausgefertigte
Unterschrift Wirtembergs unter die CA...“ [bei der
überantwurt. Von dieser lehr und bekantnus soll uns,
ob Gott will, weder unglück, armut noch verfolgung,
auch die pforten der hellen nicht bringen.
Vom sacrament und anderen ceremonien.
Mit der tauf, dem nachtmal des Herrn, feiertägen,
wie man die eheleut soll verkündigen und einsegnen,
die kranken besuechen und mit der begräbnus der
toten soll in aller maß und gestalt, wie in obgemel-
ter würtembergischer ordnung6 verfaßt, gehalten
werden. In diesen stuecken allen vergleichen sich
zimlich auch die ordnungen der kuerchen.
Wie an sonntägen und feuertägen zu morgen,
mittag und mit der vesper zu halten.
Am suntag
morgen,
wann nicht communicanten vorhanden seind,
soll das volk zu gewonlicher zeit zusammen kom-
men in die pfarkuerchen, darin aufahen zu singen
teutsch - den glauben7 oder das Vaterunser8 oder ain
psalmen. Darauf alsobald sollen zwen oder drei
schueler die teutsch litanei9 verständig vorsingen und
ja das damals von Österreich besetzte Württemberg
nicht beteiligt sein konnte]). — E. Bizer, Confessio
Virtembergica, das Württembergische Bekenntnis
von 1551. Stuttgart 1933. - K. Gottschick und
W. Metzger, Württembergisches Glaubensbekennt-
nis. Stuttgart 1952.
5 Dieses hatte 1551 seine zweite Periode begonnen.
Dabei wurde freilich das Augsburgische Bekenntnis
so wenig vorgelegt wie 1530 das Sächsische und
Württembergische dem Kaiser in Augsburg. Auch
das Sächsische Bekenntnis kam nicht zur Vorlage,
weil Melanchthon seine Reise nach Trient in Nürn-
berg abbrach, als der Fürstenaufstand, der dann
bald darauf das Konzil wieder zu einer Vertagung
zwang, begann. Das Württembergische Bekenntnis
aber wurde tatsächlich am 24. Januar 1552 vorge-
legt.
6 Damit ist nicht, wie man eigentlich meinen soll, die
Confessio Virtembergica gemeint, sondern die hier
allerdings noch nicht erwähnte Württembergische
Kirchenordnung von 1553 (Richter 2, 131-141. -
Hauß-Zier). Truber ist hier offensichtlich einer
Verwechselung erlegen. 7 = Wir glauben all.
8 = Vater unser im Himmelreich.
9 Von Martin Luther (WA 30 III 1-36. - Kulp 138. -
Sehling 11, 503f. - Württembergische Kirchenord-
nung 1553 [Hauß-Zier 71ff.]).
175