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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (12. Band = Bayern, 2. Teil): Schwaben: Reichsstädte Augsburg, Dinkelsbühl, Donauwörth, Kaufbeuren, Kempten, Lindau, Memmingen, Nördlingen, Grafschaft Oettingen-Oettingen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30628#0192
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Kempten

die andern schueler samt allem volk antworten. Im
ende der litanei mag der helfer ein kurz gebet tuen
und verkündigen die feirtäg, hochzeitleut oder was
anders vorhanden, das zum predigstul gehört.
Umb mittag
mit dem gesang und predig, daß man halte,
wie bisher im brauch gewest.
Vorlesung eines jeden beruefs.
Item der ain prediger soll auch alle monat einmal
klar und verstendig verlesen dem volk, wie sich alle
stend - ein jeder in seinem beruof - nach Gottes und
seiner apostel befelch soll halten, wie in obgemelter
würtembergischer ordnung recht und wol verfaßt
ist10. Auf solches sing man: Komm, heiliger geist,
und folge die gewonliche predig und der beschluß.
Vesper.
Die vesper soll man mit ainem teutschen oder la-
teinischen psalmen anfahen, darnach dem volk vor-
lesen ein capitel11 oder stück aus dem alten testament
samt der kurzen auslögung oder summaria12; darauf
soll folgen der catecismus13 mit der kinderfrag. Nach
dem catechismo mag man das Magnificat teutsch
oder lateinisch oder ein ander christlich lied singen
und mit ainem kurzen gebet und segen beschließen14.
An werktägen.
In der woche soll man am dinstag und donnerstag
predigen mit der ordenung, wie bisher beschehen15.
Am montag, mitwoch, freitag und samstag zu
morgen soll man am ersten singen ain psalmen,
darnach biten umb alle stende und obligen der gan-
zen christenlichen kirchen16 und vorlesen ain capitel
oder stuck aus der epistlen und ains aus den evange-

10 Nämlich nach Luthers Haustafel (Bekenntnis-
schriften 523-527. -Württemberg 1553 [Richter
3, 134. - Hauß-Zier 36-41. - Waldenmaier
75f.]) Vgl. auch unten S. 358.
11 Eine Lectio continua wie Württemberg 1553 (Rich-
ter 2, 139. - Hauß -Zier 81). Warum fehlt hier und
dann später noch einmal im gleichen Zusammen-
hang das Neue Testament?
12 nämlich die Veit Dietrichs (vgl. unten S. 320 Anm.
10!).
13 Gemeint ist doch wohl der in der Württembergischen
Kirchenordnung von 1553 enthaltene Katechismus
des Johann Brenz (Hauß-Zier 41—48).
14 Truber vereinigt hier die Ordnung der Vesper des

listen sambt iren kurzen auslögungen und beschlie-
ßen mit dem gebet und segen.
Die vesper soll man auch anfahen mit ainem teut-
schen oder lateinischen psalmen; darnach vorlesen
ain capitel oder [stuck] aus dem alten testament
sambt den summaria; dasselbig mit ainem gesang
und Verleih uns frieden gnediglich, gebet und segen
beschließen,
Und e[ur] e[rbarn] w[eisheit] sollen darbei wissen,
daß aus diesem ordentlichen vorlesen in der kuer-
chen, ain capitel nach dem andern aus der bibel, bei
dem gemainen mann, der nit lesen kann, und bei den
fleißigen zuhörern wird ain großer verstand in der
hailigen geschrift nutz und frucht gewißlich schaf-
fen und aufrichten, wie ich solches zu gelegener zeit
mit mehreren worten ausfieren will17. Deshalben ist
dieser guter brauch von den alten christen aufkom-
men und bis auf uns belieben; aber der papst hats
gebracht in mißbrauch mit seinem breviario und
meßbuech, daß er aus lesen ain verdienstlich werk,
vergebung der sünden damit zu erlangen, gemacht
hat.
Wann communicanten vorhanden seind.
Wann man das hailig abentmahl Christi des Her-
ren halten wirdet (welches hinfür, wolls Gott, ofter
soll geschehen18), so sollen alle, die zu des Herrn tisch
wollen geen, am samstag abends19 kommen in die
pfarre zu vesper; da wirt man anstatt des capitels die
lehr des heiligen Pauli vom nachtmahl vorlesen und
kurzlich auslögen.
Und, wiewol es guet und nutzlich were, daß man
nach dem brauch der alten und jetzigen vilen kuer-
chen einen jeden insonderheit befrag, underrichtet
Vortages mit der der Vesper des Sonntags in der
Württembergischen Ordnung von 1553 (Richter 2,
139. - Hauß-Zier 81f.).
15 Diese ist unbekannt.
16 Nach der Württembergischen Kirchenordnung von
1553 (Hauß-Zier 63-67), wo dieses Gebet aber auf
die Predigt folgt.
17 Darüber, daß das tatsächlich geschah, ist vorläufig
nichts bekannt.
18 Bisher wurde wohl nach der Memminger Ordnung
(vgl. unten S. 237) nur viermal im Jahr Abend-
mahlsfeier gehalten.
19 Wie Württemberg 1553 (Richter 2, 136. — Hauß-
Zier 51-61).

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