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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (12. Band = Bayern, 2. Teil): Schwaben: Reichsstädte Augsburg, Dinkelsbühl, Donauwörth, Kaufbeuren, Kempten, Lindau, Memmingen, Nördlingen, Grafschaft Oettingen-Oettingen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30628#0203
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Zuchtordnung von 1533

men noch volnziehung beschehen mag, als dann die
groß notturft wol erforderte; dann ain rat täglich
mit furfallenden sachen und geschäften also bela-
laden, das nit wol muglich ist, allem der notturft
nach gepurlichen austrag zu geben.
Hierumb und, damit dann obgemelter furgene-
mer lasterstraf nachkomen und solichen lastern so
vil muglich mit fleiß und ernst stattlichen gewert
und allerlai ergernussen minder werden, so haben
wir den acht zunftmaistern bevolhen und bevelhend
inen hiemit ernstlich, das si in unserm ains ganzen
rats namen alle ergernussen, laster, mißhendel (aus-
genommen die, so laut diser ordnung fur ain rat ge-
hörig sind) mit ernst und fleiß on weiters anbringen
strafen und die strafen einziehen, auch davon nit ab-
lassen besonder unangesehen einicher person noch
sach diser ordnung standhaft und mit dapferkait
nachkomen. Sie sollen auch die straf nit verziehen
oder damit stilstan, bis man inen zu clag kompt, son-
der fur und fur allwegen ir ernstlichs und fleißigs
aufmerken haben und kundschaft bestellen und
machen, damit sie der furgangnen laster gewar wer-
dent und in erfarung komen, darzu sie auch die
stattknecht und notturftigen costen wol geprauchen
und daraufgan lassen sollen und mugen, an wöli-
chem allen inen weder durch uns nach jemands kain
verhinderung noch irrung beschehen, sonder wol
durch uns zum getreulichsten hieruber beschutzt,
beschirmbt und gehandhapt werden söllen.
Und damit hierinne nit farlässig, sonder ge-
strackts, dapfer, unabgancklich und bestentlich ge-
handelt und vollziehung geton werde, so sollen die
bemelten acht zunftmaister diser sachen halb uf das
wenigist alle wuchen wuchenlich ainmal uf das rat-
haus zusamenkumen und sich iren kainer ußerhalb

len und gen* * * 4 lassen und meniglich, der solche
ubersicht und verpricht, one allen abgang und
nachlassung, auch one alles verschonen und an-
sehen der personen ernstlich strafen.
Und
4 Sinn? Textverderbnis?
5 = gesetzlich gültig, echt (Schmeller 1, 6ff. -
Grimm 3, 43).
6 Der Gedanke dieses Absatzes ganz nach Konstanz
(Hauß, Zuchtordnung 78).
7 = zuvorkommen, verhüten (Schmeller 1, 1248. -
Grimm 4 1 1, 760f.).

merklicher eehafter5 ursachen, die er alweg dem
obern zunftmaister anzaigen soll, abschwaif machen
oder darvonziehen und, so ir vier oder funf bei
ainander sind, so sollen sie hierin furfaren und ir
handlung gut bestand und kraft haben, auf solichen
tag sie die uberfarer fur sich beschicken und die stra-
fen, wie sie gesetzt, on allen abgang und nachlassung
auch on alles verschonen und ansehen der personen
ernstlich einziehen söllen.
Soliches alles getreulich fleißig und ernstlich zu
volziehen, zu halten und handzuhaben, wellen wir
den gemelten acht zunftmaistern hiemit in ir aids-
pflicht gegeben, sie des bestrickt, verpunden und
zum ernstlichen bevelchen haben.a Dieweil6 aber
vil die pesser arznei ist, durch welche künftig krank-
hait furkomen7 und verhuetet, dann durch die ge-
genwürtig krankhait gehailet wurd, und pesser ist
die laster nit begon, dann von den begangnen abzu-
sten, so gedenken auch wir den lastern christenlich
vorzusein, damit sie sovil muglich nit ausprechen
noch zu fruchten wachsen mugen und wir sie dann
strafen muessend.
bDarumb, wann die acht zunftmaister etwarn,
der seib ober- oder undertan, reich oder arm, frauen-
oder mannspersonen, erfarend, die sich etwas laster
und böser handlung halb arkwenig8 haltend oder
solcher gestalt barent9 das zu besorgen ist, diesel-
ben personen, werden inen selbs oder andern scha-
den, schmach oder schand an seel, leib, eer oder gut
zufuegen, desgleichen, wa eelaut unfreundlich mit-
einander lepten oder etwar sonst ain bolderer und
unfreundlicher, zengischer mensch in seinem haus
mit seinen nachpauern oder sonst were, ald10,
wa sie erfueren, das etlich leut ain beharrlichen
neid und feindschaft zusamen truegen11, und sonst
b-b 1554: So ermanen wir alle und jede unser burger,
burgerin, inwoner, undertonen und verwandte,
geben inen auch hierinnen volkomen macht und
gewalt also und dergestalt, wa sie ainiche perso-
nen, sie seien
8 = Argwohn veranlassend, verdächtig (Schmeller
2, 919. - Grimm 1, 550).
9 = gebaren (Schmeller 1, 255. — Grimm 1, 1127).
10 = oder (Lexer 1, 35. - Grimm 1, 203).
11 Am Rand steht hier von anderer gleichzeitiger Hand:
Soll ein jeder ratsfreund tun.

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