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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (12. Band = Bayern, 2. Teil): Schwaben: Reichsstädte Augsburg, Dinkelsbühl, Donauwörth, Kaufbeuren, Kempten, Lindau, Memmingen, Nördlingen, Grafschaft Oettingen-Oettingen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30628#0211
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Zuchtordnung von 1533

Strauf der eeleuten die ire gmahel
zum eebruch bringend oder des eebruchs
ainandern zusehend.52
Und ob sich kundlich erfunde, das etwa ain ee-
gemächt53 seinen eegemahel mit aufsatz und gever-
den54 ander leuten zufürte oder wissentlich ander
leut zu im ließe, sein ehe mit demselbigen zu prechen
oder der unern zu pflegen, so solte das pruchig die
straf vorgeschribner ordnung leiden, dasjenig aber,
so das ander zu solchem fall und übel gepracht hat,
an seinem leib und leben gestraft werden.
Und ob sie baide je ains dem andern des eebruchs
zugesehen und gestattet hetten, so sol man zu ir
baider leib und leben richten.
Von notzogen55.
Item welcher eeman oder lediger ain junkfrau
oder frauen, die sei ledig oder in der ehe, notzoget,
also das er gewalt an sie legt, und des kundlich wurd,
den sol man an seinem leib und leben strafen.
Vom magt verfellen56.
Item wölcher eeman ain junkfrauen ires mag-
tumbs verfölt, der sol über und zusampt den ob-
geschribnen strafen des eebruchs auch in gemainer
statt seckelstraf verfallen sein zehen pfund pfe-
ning. Welcher aber die nit zu geben hat, der sol fur
ain jedes pfund ain tag und ain nacht in gfänknus
gelegt werden und nicht dann wasser trinken, brot
m 1554 + : [Am Rande:] Nota; Dise nachfolgenden
articuln alle, bis zum understrichenen [nämlich
vor dem Abscflnitt: Wie man die laster angeben
sölle] sollen vornen vor den ehepruchstrafen ge-
setzt werden.
n 1554 +: [Am Rand:] Doch wen si, die bede ver-
52 Wie Jäger 471 und Hauß 93.
53 = Ehegemahl (Schmeller 1, 1558. - Girimm 3,
42).
54 = böser Absicht (Schmeller 1, 740).
55 = Notzucht ( Grimm 7, 962); wie Jäger 472 und
Hauß 93.
56 = zu Fall bringen (Grimm 12 I 300) wie Jäger
472ff. und Hauß 93f.
57 = Jungfrauschaft (Schmeller 1, 327. - Grimm 2,
159).
58 Schuhe als Morgengabe: J. Grimm, Deutsche
Rechtsaltertümer 1 (Leipzig 18894) 213ff. - Die
gleiche Bestimmung in der Zürcher Ehegerichts-

und häbere muß essen und der junkfrauen die er
verfelt hat, sol er fur im plumen57 geben ain par
schuch58 und ir nit weiter schuldig sein, es wäre
dann, das sie ain kindlin von im empfangen und ge-
porn hatte. Das sol er von ir nemen, ir aber weder
bei kindbett noch sonst von desselbigen wegen
nichts schuldig sein. Doch soll er solichs kind on
beger und guten willen seines eegemächts in sein
haus nit nemen noch neben den eelichen kinden
noch bei seiner eelichen hausfrauen erziehen.
Ain gleiche mainung sols auch haben mit den
ledigen, die nit junkfrauen sind, wa sie kind bei ee-
leuten geberend, das inen die eemanner nichts schul-
dig sein söllen dann alain die kind von inen zu ne-
men.
[Von ledigen mannen, die ... sich vergand59].
Wa aber ain lediger man ain junkfrauen schwecht
on das er sie vorhin verwent60 hette, als solte sie zu
den eeren im ze willen werden, der soll ir fur den
magtumb mit zehen pfund pfening ain abtrag tun.
Er soll aber auch darbei uns in unser statt seckel
zehen pfund pfening geben oder fur jedes pfund ain
tag und nacht im turn ligen, mit wasser und prot,
auch häbrin mus gespeist und tränkt werden, es
wäre dann, das er mit wissen und willen der tochter
vater und mutter oder, ob die nit wärend, der vog-
ten oder den nechsten freunden, ob sie kain vogt
hette, sich mit ir verheirate. Als dann sol er uns bei
solcher straf nit sehuldig sein.
n
heuraten eheleut, mit ainander hochzeit halten,
sol si, die braut, nit in jungfreulicher zierd oder
kränzlin, sonder ainer stauchen61, ohne jung-
frauen zu kirchen und straßen geen.
Es sollen auch dise beide verheuraten schuldig
sein, sich wegen solcher irer begangnen ohnzucht
ordnung vom 23. Apr. 1530 (E. Egli, Aktensamm-
lung zur Geschichte der Zürcher Reformation...
1519-1533. Zürich 1879. 521ff.).
59 Diese Überschrift nach Jäger 473, wo der Abschnitt
ebenso steflt wie bei Hauß 94.
60 = in den Wafln gebracht (Schmeller 2, 290. -
Grimm 12 I 2073f.).
61 = ein schleierartiges Kopftuch der weiblichen
Tracht, das von Ledigen nur beim Abendmahlsgang
und bei Beerdigung, von Verheirateten aber bei je-
dem Gottesdienst getragen wird (Fischer 5, 1668.
- Schmeller 2, 722).

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