Die Ordnung wurde also an Ostern erlassen. Doch mußte Blarer, als er im Sommer den erkrankten
Schenck vertrat, schon wieder von Mängeln in der Durchführung dieser Zucht- und Kirchenpflegeord-
nung reden36 Bei dieser hedeutsamen Anwesenheit Blarers brachte er auch andere Anregungen37. Die
Taufe sollte nur einmal in der Woche und zwar während des Gottesdienstes gleich nach der Predigt voll-
zogen, das Heilige Abendmahl wenigstens alle 4 Wochen einmal gefeiert, die Messe außerhalb der Stadt
abgestellt, eine Kirchenvisitation vorgenommen und eine theologische Bücherei mit 10 fl. jährlicher Be-
schaffungsmittel geschaffen werden. Doch wurden nur die beiden letzten Punkte befolgt38. In der Zwi-
schenzeit hatte Memmingen bereits einen bekenntnismäßigen Umschwung vollzogen. Die Stadt hatte
sich schon am 3. Februar 153139 an der Gründung des Schmalhaldischen Bundes beteiligt. Deshalb be-
kannte sie sich am 3. April 1532 auf dem Schweinfurter Tag neben ihrem Bekenntnis auch zur Augs-
burgischen Konfession als zur Bekenntnisgrundlage des Bundes40.
Die Gewinnung weiterer evangelischer Geistlicher bereitete der Stadt beträchtliche Schwierigkeiten.
Sie gelang mit Gervasius Schuler, der anfangs 1534 aufzog und zwar - da es zwischen dem Rat und
Schenck zunehmend zu Reibungen kam - als führender Geistlicher41. 1536 nahm Schuler teil an der gro-
ßen Tagung süddeutscher und sächsischer Theologen in Wittenberg, die zur Wittenberger Konkordie
führte. Auch erklärte sich die Stadt zu ihrer Annahme bereit42.
Von der äußeren Ordnung des Kirchenwesens verdient noch besondere Erwähnung, daß die Stadt
auch regelmäßige Kirchenvisitationen auf ihren Landpfarreien durchführte, ohne daß aber bekannt ist,
seit wann das geschah. Die letzte erfolgt für diesen Zeitabschnitt am Trinitatissonntag (26. Mai) 1548
in Dichenreishausen43. Sie wurde gerade zwischen der Verkündigung des Interims (15. Mai) und der
kaiserlichen Aufforderung zu seiner Annahme (30. Mai) vorgenommen.
Nun brachte ja der Sieg des Kaisers 1546 der Stadt als einem Mitglied des Schmalkaldischen Bun-
des besondere Bedrängnisse. Sie mußte sich 1548 gleich zur Annahme des Interims bereit erklären, fand
aber bei ihren Geistlichen schon bei der Zumutung, einen Chorrock anzulegen, beträchtlichen Wider-
stand, indem nur zwei sich fügten44.
Weiter wollten aber auch sie nicht gehen. Weil er sich nicht einmal dazu verpflichten wollte, nicht
gegen das Interim zu predigen, nahm Schuler überhaupt den Abschied45. In der Martinskirche wurde am
29. November 1548, in der Frauenkirche am 2.Februar 1549 wieder Messe gelesen. Auch die Insassen der
Klöster, die nicht wie das Elsbethkloster richtig übergeben worden waren, kehrten zurück46 Am 27. Au-
gust 1551 mußten die beiden noch tätigen Prediger und der Schulmeister (von Memmingen) in Augs-
burg vor einer kaiserlichen Kommission erscheinen. Sie wurden, da sie standhaft blieben, binnen 3 Ta-
gen aus der Stadt und dem Reich verwiesen47. So war die Stadt nun ganz ohne evangelische Gottesdienste.
Nur die Kinder konnten zur Taufe auf die Dörfer gebracht werden. Dort scheint es mit der Beachtung
des Interims nicht so genau genommen worden zu sein. Von dort kam gelegentlich auch einmal ein
36 Dobel 5, 51.
37 Pressel 171-185. 287ff.
38 Dobel 5, 50f. — Den Anregungen bei Taufe und Abendmahl wurde erst nach 25 Jahren auf erneuten Anstoß statt-
gegeben (siehe dort!).
39 Fabian, Beschlüsse 3, 72ff. — Winkelmann 91.
40 Winkelmann 189ff.
41 Geb. Straßburg 1495. — 1520 Zürich Diakonus, 1525 Bischweiler Pfarrer, 1528 Bremgarten, 1531 Basel Diakonus,
1534 Memmingen Prediger, 1548 Lenzburg — † 1563 (Culmann. — Westermann 135f.).
42 Vgl. Einführung, S. 8!
43 Niederschrift: NLA Reichsstadt Memmingen 9, 3.
44 Schelhorn, Acta 1, 212-217; Reformationshistorie 236ff. - Druffel 3, 115.
45 Culmann 89.
46 Unold 172f. - Westermann 125. - Gürsching 47f.
47 Druffel 3, 213f. - Schelhorn, Reformationshistorie 242f.
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Schenck vertrat, schon wieder von Mängeln in der Durchführung dieser Zucht- und Kirchenpflegeord-
nung reden36 Bei dieser hedeutsamen Anwesenheit Blarers brachte er auch andere Anregungen37. Die
Taufe sollte nur einmal in der Woche und zwar während des Gottesdienstes gleich nach der Predigt voll-
zogen, das Heilige Abendmahl wenigstens alle 4 Wochen einmal gefeiert, die Messe außerhalb der Stadt
abgestellt, eine Kirchenvisitation vorgenommen und eine theologische Bücherei mit 10 fl. jährlicher Be-
schaffungsmittel geschaffen werden. Doch wurden nur die beiden letzten Punkte befolgt38. In der Zwi-
schenzeit hatte Memmingen bereits einen bekenntnismäßigen Umschwung vollzogen. Die Stadt hatte
sich schon am 3. Februar 153139 an der Gründung des Schmalhaldischen Bundes beteiligt. Deshalb be-
kannte sie sich am 3. April 1532 auf dem Schweinfurter Tag neben ihrem Bekenntnis auch zur Augs-
burgischen Konfession als zur Bekenntnisgrundlage des Bundes40.
Die Gewinnung weiterer evangelischer Geistlicher bereitete der Stadt beträchtliche Schwierigkeiten.
Sie gelang mit Gervasius Schuler, der anfangs 1534 aufzog und zwar - da es zwischen dem Rat und
Schenck zunehmend zu Reibungen kam - als führender Geistlicher41. 1536 nahm Schuler teil an der gro-
ßen Tagung süddeutscher und sächsischer Theologen in Wittenberg, die zur Wittenberger Konkordie
führte. Auch erklärte sich die Stadt zu ihrer Annahme bereit42.
Von der äußeren Ordnung des Kirchenwesens verdient noch besondere Erwähnung, daß die Stadt
auch regelmäßige Kirchenvisitationen auf ihren Landpfarreien durchführte, ohne daß aber bekannt ist,
seit wann das geschah. Die letzte erfolgt für diesen Zeitabschnitt am Trinitatissonntag (26. Mai) 1548
in Dichenreishausen43. Sie wurde gerade zwischen der Verkündigung des Interims (15. Mai) und der
kaiserlichen Aufforderung zu seiner Annahme (30. Mai) vorgenommen.
Nun brachte ja der Sieg des Kaisers 1546 der Stadt als einem Mitglied des Schmalkaldischen Bun-
des besondere Bedrängnisse. Sie mußte sich 1548 gleich zur Annahme des Interims bereit erklären, fand
aber bei ihren Geistlichen schon bei der Zumutung, einen Chorrock anzulegen, beträchtlichen Wider-
stand, indem nur zwei sich fügten44.
Weiter wollten aber auch sie nicht gehen. Weil er sich nicht einmal dazu verpflichten wollte, nicht
gegen das Interim zu predigen, nahm Schuler überhaupt den Abschied45. In der Martinskirche wurde am
29. November 1548, in der Frauenkirche am 2.Februar 1549 wieder Messe gelesen. Auch die Insassen der
Klöster, die nicht wie das Elsbethkloster richtig übergeben worden waren, kehrten zurück46 Am 27. Au-
gust 1551 mußten die beiden noch tätigen Prediger und der Schulmeister (von Memmingen) in Augs-
burg vor einer kaiserlichen Kommission erscheinen. Sie wurden, da sie standhaft blieben, binnen 3 Ta-
gen aus der Stadt und dem Reich verwiesen47. So war die Stadt nun ganz ohne evangelische Gottesdienste.
Nur die Kinder konnten zur Taufe auf die Dörfer gebracht werden. Dort scheint es mit der Beachtung
des Interims nicht so genau genommen worden zu sein. Von dort kam gelegentlich auch einmal ein
36 Dobel 5, 51.
37 Pressel 171-185. 287ff.
38 Dobel 5, 50f. — Den Anregungen bei Taufe und Abendmahl wurde erst nach 25 Jahren auf erneuten Anstoß statt-
gegeben (siehe dort!).
39 Fabian, Beschlüsse 3, 72ff. — Winkelmann 91.
40 Winkelmann 189ff.
41 Geb. Straßburg 1495. — 1520 Zürich Diakonus, 1525 Bischweiler Pfarrer, 1528 Bremgarten, 1531 Basel Diakonus,
1534 Memmingen Prediger, 1548 Lenzburg — † 1563 (Culmann. — Westermann 135f.).
42 Vgl. Einführung, S. 8!
43 Niederschrift: NLA Reichsstadt Memmingen 9, 3.
44 Schelhorn, Acta 1, 212-217; Reformationshistorie 236ff. - Druffel 3, 115.
45 Culmann 89.
46 Unold 172f. - Westermann 125. - Gürsching 47f.
47 Druffel 3, 213f. - Schelhorn, Reformationshistorie 242f.
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