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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (12. Band = Bayern, 2. Teil): Schwaben: Reichsstädte Augsburg, Dinkelsbühl, Donauwörth, Kaufbeuren, Kempten, Lindau, Memmingen, Nördlingen, Grafschaft Oettingen-Oettingen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30628#0248
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stehenden Ausschuß besprochen. Seinen Bedenken und Vorschlägen wurde im allgemeinen aber nicht
Rechnung getragen10.
Die Ordnung wurde am 7. Dezember 1569 beschlossen und am 18. Dezember, dem 4. Advent, durch
den Stadt- und Gerichtsschreiber verkündet11. Sie12 verwendet ebenso Stücke aus der Zweibrückener
Kirchenordnung von 155713 wie solche aus der Württembergischen Kirchenordnung von 155314. Eine
eigentliche Gottesdienstordnung enthält sie nicht, wie sie auch nichts darüber sagt, in welcher Form die
Kausalhandlungen vollzogen werden sollen. Sie verweist nur darauf, daß ,,die agenda auch in ein-
füerung der eheleuten vor wenig jaren corrigiert und gebessert worden“15 sei. Dabei bleibt auch unklar,
ob nur die Trauform gebessert wurde oder auch anderes und vor allem, in welcher Weise diese Änderun-
gen vorgenommen wurden.
Mit besonderem Eifer benützte man die Visitationsordnung. Sie hatte freilich nur für die Land-
gemeinden Geltung, weil in der Stadt ja ohnehin Auge und Ohr der Obrigkeit stets gegenwärtig seien. Nun
wurde also alle paar Jahre eine Visitation gehalten (1571, 1575, 1576, 1578, 1581, 1584, 1594, 1598
usw.j. Ihre Niederschriften sind erhalten16.
Sonst freilich fand sie nicht in allen Punkten sogleich volle Beachtung. Mit der Privatbeichte vor
allem scheint es nicht gleich glatt gegangen zu sein17. Aber auch lehrmäßig waren nicht alle Geistlichen
einverstanden. 1572 wurde ihnen ein ausführliches Bekenntnis zur Unterschrift vorgelegt18. Drei gingen
darüber sogleich. Ein vierter, Eusebius Klebel, wurde im nächsten Jahr nach einem vergeblichen Ver-
mittlungsversuch Jakob Andreäs entlassen19. Nun war die Lage so, daß die Stadt mit ihren Geistlichen
1580 das Konkordienbuch unterschreiben konnte20.
Die Kirchenordnung von 1569 blieb in Geltung, bis sie 1671 durch eine Neubearbeitung ersetzt
wurde21. Diese wurde dann schon 1703 von einer neuen Kirchenordnung abgelöst22. Diese enthielt jetzt
auch genaue Agenden.
Auch die Wiederaufnahme und Festigung des Zuchtwesens gehörte zu den dringenden Aufgaben
des wieder frei gewordenen Memminger Kirchenwesens. Neben einigen besonders schwierigen Fällen23
machte die ganze Zuchtordnung Sorge. Die Geistlichen erhoben vor allem 1560 ernste Bedenken, weil

10 N LA Reichsstadt Memmingen 18, 2.
Der Entwurf enthielt z. B. noch einen kleinen Artikel:
,,Vom Kirchengesang
Ob ein ersamer rat dahin bedacht wäre, den schulmeistern und schulern iren ort mit besondern stühlen und schran-
ken einfassen zu lassen, damit das gesank häufiger beieinander wäre.“
Er wurde als eine rein örtliche Angelegenheit für die Martinskirche mit Recht nicht aufgenommen.
Dagegen erscheint der ganze Abschnitt über die Visitation noch nicht im Entwurf. —
Ein „Kurzer Begriff der Kirchenordnung auf dem Land“, der handschriftlich mit der Kirchenordnung erhalten ist,
ist lediglich ein Auszug aus der Kirchenordnung, der zum Vorlesen in der Kirche bestimmt war.
11 NLA Reichsstadt Memmingen 18, 3.
12 Unsere Nr. VII 4. - Unold 170f. 218. - Waldenmaier 114.
13 Vgl. etwa unten 8. 256!
14 Vgl. etwa die Feiertagsordnung (S. 262), die Bemerkungen über die Beichte (8. 259), die Prüfung der Erst-
kommunikanten (8. 260)!
15 Vgl. unten 8. 259! - Waldenmaier 114.
16 NLA Reichsstadt Memmingen 8. - Braun, Kirchenvisitationen.
17 Braun, Reichsstadt Memmingen.
18 Ernst. Bizer, Dokumente zur Geschichte der Confessio Virtembergica, in: BlwKG 52 (1952) 68—95.
19 Braun, Andreäs Wirksamkeit; Reichsstadt Memmingen.
20 J. T. Müller 786. — Bekenntnisschriften 17. — Karrer 565f. — Friedr. von Ammon, Das Ordinationsbuch...
zu Memmingen, in: ZbKG 20 (1951) 163—171.
21 NLA Reichsstadt Memmingen 18, 5.
22 aaO. 18, 6.
23 Dazu gehört etwa der von Rob. Dollinger (ZbKG 11 [1936] 210ff.) dargestellte Kirchenzuchtsfallin der Mitte
des 16. Jahrhunderts.

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