Evangelische Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts

Ordnung und Brauch deß Herrennachtmals

Unser Vater in dem himel. dein name sei heilig!
Dein reich kome! Dein will geschehe auf erden wie
im himel! Unser teglich brot gib uns heut und ver-
gib uns unser schuld, wie wir unsern schuldigern
vergeben, und füre uns nit in versuchung, sondern
erlöse uns von dem übel; denn dein ist das reich und
die kraft und die herrlichkait in ewigkait. Amen.
Vorgenger:
Ir geliebten diener Gottes! Dieweil wir uns hie
bezeugen und verainiget wöllen sein in ain leib
Christi, so in ainigkait des glaubens erfunden ist, so
lassend uns mit dem mund zuom hail bekennen, das
wir im herzen glauben zuo unser gerechtigkait, wel-
ches unsers glaubens inhalt16 ist17.
Jetz sprechen zwen den glauben vor, je ainer ain
artikel umb den andern.
Der vorgenger:
Ich glaub in ainen Got in den allmechtigen Vater
den schöpfer himels und erden.
Der diener:
Und in Jesum Christum, seinen aingebornen Sun,
unsern Herren.
Vorgenger:
Der empfangen ist von dem Hailigen Gaist.
Diener:
Geboren ist aus der magt Maria.
Vorgenger:
Gelitten hat under Pontio Pilato, creuziget, ge-
storben und vergraben.
Diener:
Ist hinab gefaren zuo den höllen.
Vorgenger:
Am driten tag widerumb auferstanden von den
toten.
Diener:
Ist aufgefaren in die himel, sitzt zuo der gerech-
mahlsliturgie, das Zwingli schon in seiner De cano-
ne missae epichiresis (CR 89 [= Zwingli 2] 606)
1523 und so auch in der Action von seinem Platz
in der römischen Messe (hinter den Einsetzungs-
worten) weg und nach vorne genommen hatte, nicht
ohne Zusammenhang beten zu lassen. - Auch Basel
(Smend 216) hat hier eine Gebetsvermahnung vor
dem Vater unser, das dann dort freilich später noch
einmal wie in der Messe nach den Einsetzungswor-
ten gebracht wird.
16 Die Vorlage hat hier - wohl irrig - eingefügt „dieser“.
17 Zürich hatte das Glaubensbekenntnis — und zuvor

ten Gottes, Vaters allmechtigen, dannen er künftig
ist, zu richten die lebendigen und die toten.
Vorgenger:
Ich glaub in den Hailigen Gaist.
Diener:
Ain hailig allgemain christliche kirchen, gemein-
same der hailigen.
Vorgenger:
Verzeihung der sünden.
Diener:
Urstende des leibs.
Vorgenger:
Und ewigs leben. Amen.
Lasset uns Got bitten umb ain starken glauben
und herzlichs vertrauen in in und sprecht mir nach18:
O allmechtiger Got, der uns durch deinen Gaist
in ainigkait des glaubens zuo ainem deinem leib
gemacht hast, welchen leichnam du gehaißen hast,
dir lob und dank sagen umb die guthait und freie
gab, das du deinen aingebornen Sun, unsern Herren
Jesum Christum, für unsere sünd in den tod geben
hast, verleih uns, das wir dasselbe getreulich tuen,
das wir mit kainer gleißnerei oder falsch die unbe-
trognen warheit erzürnen! Verleich uns auch, das
wir so unschuldiglich leben, als deinem leichnam,
deinem gesind und kindern zime, damit auch die
unglaubigen deinen namen und eer lernen erken-
nen! Herr, behüt uns, das dein nam und eer umb
unsers lebens willen niergent geschmecht werde!
Herr, mere uns allweg den glauben, das ist: das ver-
truwen auf dich, der du lebest und regierest, Got in
ewigkait. Amen.
Volgt der ban19.
Vorgenger:
Ir wisset, lieben brüder, das man die berlin nit
ebenso wie hier nicht das in der Messe benützte
Nicänum (Bekenntnisschriften 26f.), sondern
das im Predigtgottesdienst verlesene und dem Volk
vertraute Apostolicum — ohne diese von Basel
(Smend 215) beeinflußte Einleitung bereits früher
(Anm. 13).
18 Aus der Züricher Action (Smend 199f. - CR 91,
691 f.).
19 Nach mittelalterlichem Vorbild in der ganzen
Passionszeit (Surgant f. 116f.) fast wörthch wie in
Basel (Smend 214f.). - In Zürich, nachdem der Rat
sich dort Zwinglis entsprechenden Antrag versagt

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