Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (12. Band = Bayern, 2. Teil): Schwaben: Reichsstädte Augsburg, Dinkelsbühl, Donauwörth, Kaufbeuren, Kempten, Lindau, Memmingen, Nördlingen, Grafschaft Oettingen-Oettingen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30628#0265
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Zuchtordnung von 1532

jemand ergerlich leben wolt, si den oder dieselben
durch freuntlich und ernstlich warnung, in gehaim
und besonders, auch mit zeugen und vor inen allen,
wie des jedes fäl und gebrechen erhaischen wirt, da-
von ziehen, auf christenlich weg weisen und vor
schweren lastern verhueten oder, so er sich von de-
nen je nit welte abziehen lassen, die gemain Christi
vor solchem bösem saurtaig und schendsal bewaren
möchten.
Doch sollen die kirchenpfleger nit umb jeden fall
strafen oder warnen, sondern allain, so jemand sich
ubersehe, das die gmain möcht durch in verergert
werden, als do ist, was offendlich wider die zehen
gebot gesundet wirt. Sunst wirt der kirchen ansehen
leicht geringert werden.
Dises seind die laster, so zu strafen sein:
offentlich abgotterei, götzendienst und abfuerung
vom waren glauben in unsern ainigen Got und Er-
löser Jesum Christum,
item schmach und lesterung Gottes, seins heiligen
worts, frafeler schwuer und misbrauchung gotlichs
namens,
item verachtung der christenlichen gemainden
leer und sacramenten,
item enteeren und belaidigen der eltern und chri-
stenlichen obern, auch anfuerung der kinder zum
argen oder versambnus gueter zucht,
item, wo sich jemand immer mit den leuten pal-
gete und schulte, verharrlichen haß und feindschaft
truege, die seinen oder ander unfueglich schluege,
den kriegen umbs gelt und muetwilliglich nachzüg
und weib und kind verließ,
item, wer hurte, eebruchig würd, kupplete oder
disem so gleich gebarte, das er der gemain anstöß
geb,
item diebstal, wuecher, vortailig keuf und alle be-
schwerlich, unbillich, unredlich contract,
item gewondlich afterreden, verleumbden und un-
glück und unfriden anrichten.
Wo jemand in solche stuck und, was an disem
hangen mag, fiele und das so ausprech und kuntlich

10-11 Ulm hat hier: ,,damit er durch denselbigen eint-
weders mit zeitlicher straf gezüchtigt und in sein
selbs erkantnus gebracht oder aber der statt ver-

wurd, das es on ergernus der kirchen nit mocht ab-
geen, sollen denselbigen, so sich also ubersehen,
ainer von den kirchenpflegern und dienern christen-
licher zucht, welcher im mag der anmuetigist sein,
in der gehaime freuntlich warnen und zu pesserung
ermanen und, wo solch warnung, das erst mal von
disem beschehen, nit helfen wurd, dieselbig so oft
oder auch durch ainen andern furnemen, als oft und
durch welchen solcher haimlichen warnung frucht
mag verhofft werden.
Wo sich aber der gefallen an solche straf und war-
nung nit keren wellt, sollen in der gemelten diener
zwen oder drei warnen und ernstlichs christenlichs
lebens aigenschaft sampt dem gericht Gottes auch
der kirchen furhalten. Dis soll dan auch mer dan
ainmal, wo des frucht verhofft wurd, beschehen.
So aber der sündig je so verstockt (das Got wend)
sein wolt und auch dise warnung verachten, soll er fur
die gemelten kirchenpfleger und diener christenlicher
zucht (wan si versamblt) beschickt und das letztmal
aufs ernstlichist zu der pesserung vermant werden
und, so er durch den Teufel so gar verblent (darvor
Got ainen jeden christen gnediglichen bewaren
well!), das an im dis auch nichts helfen welt, sollen
ain solhen die diener christenlicher zucht als, der
nunmer auszuschließen und von christenlicher ge-
main gar hinzuwerfen und zu verstoßen ist, uns ai-
nem rat anzaigen10, damit er auf unser bewilligen
durch den diener des worts11 von offner canzel als
ainer, der die craft christenlichs lebens verleugnet
und von Christo wider zum Teufel gefallen ist12, aus-
gerueft und von christenlicher gemain gestoßen und
ausgeschlossen werd mit solchem ernst und eifer,
das es der ganzen gmain ain forcht bringen und dem,
so der hailig Paulus den Corinthern schreibt, 1. Co-
rinthiorum am 5 [1-5], etwas gemeß sein mag, in
welchem wir uns dann auch, demnach jedes sach
und mißhandlung gestalt, dermaßen beweisen wel-
len, das meniglich sehen soll, das uns nichts laiders
ist dann unchristenlich leben und der gemain erger-
nus geben.

wisen oder, so hieraus mer bösserung verhofft, durch
den diener des worts (wie aber jederzeit zuo unserm
willen und gefallen stehen soll)“ (Ordnung... 4v).

249
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften