Es waren also für die beiden Bekenntnisse vollständige Gottesdienste eingerichtet, wobei vor allem auf-
fällt, daß die für die evangelische Gemeinde bestimmten Feiern, obwohl sie innerlich zusammengehörten,
durch die Messe vollständig auseinandergerissen wurden und das, obwohl betont wurde, daß man diese
Messe unzerteilt haben wolle. Wieweit in der Messe freilich dann tatsächlich etwa unevangelische
Stücke ausgelassen bzw. durch deutsche Einschübe, wie sie ein Meßbuch beim Evangelischen Pfarramt
Nördlingen bezeugt6, ersetzt wurden, kann nicht gesagt werden. Bedauerlicher aber ist, daß gar nichts
darüber angedeutet wird, in welcher Form die evangelische Abendmahlsfeier gehalten wurde. Wurde hier
vielleicht die Deutsche Messe von Kantz gebraucht?
Im Herbst 1541 richteten die Geistlichen an ihren Rat, weil die Stadt jetzt auf dem Reichstag zu
Regensburg sich öffentlich als evangelisch bekannt habe7, die Bitte, die Messe zu beseitigen, die nürn-
bergische Ordnung8 einzuführen und die Bücher der beiden Klöster zu einer Kirchenbibliothek zu-
sammenzuholen. Der Rat aber beauftragte die Geistlichen nur mit der Vorlage eines Auszuges aus der
nürnbergischen Ordnung9 und auch das erst, nachdem es zu einem scharfen Zusammenstoß mit Kantz
gekommen war10.
So wurden denn am 9. Februar 1542 wenigstens einige Bestimmungen über die Taufzeit, wobei
die Festsetzung einer bestimmten Stunde wie in Nürnberg abgelehnt wurde, und über Proklamation und
Eheschließung getroffen. Die Führung von Tauf- und Traubüchern wurde angeordnet11. Auch die Über-
nahme der brandenburgisch-nürnbergischen Ordnung wurde nach verschiedenem Hinundher am 23. Fe-
bruar 1543 beschlossen und gleichzeitig die volle Durchführung der Reformation auch in den Landpfar-
reien, worauf die Geistlichen 1541 gleichfalls gedrungen hatten, angeordnet12. Dabei war eine Klärung
um so nötiger, als sich neben den alten Formen auch zwinglische Gedanken regten13. Die Durchführung
unterblieb jedoch großenteils, da der Pfarrer Übel sein Amt altershalber niederlegte und Kantz so er-
krankte, daß er nicht einmal seine eigene Tätigkeit weiterführen konnte.
Die Kirchenordnung Kaspar Löners.
Der Mann, den die Stadt jetzt nach längeren Verhandlungen als Pfarrer und zugleich Prediger er-
hielt und der Mitte Januar 1544 aufzog - Kaspar Löner1, war nun nach jeder Hinsicht die richtige Per-
sönlichkeit, um dem so wenig geformten Kirchenwesen endlich zu klarer Gestalt zu verhelfen. Das geschah
nun aber auf anderer, neuer Grundlage. Löner kamja gerade aus einer Kirchenordnungswerkstatt. Seit
1536 arbeitete in Naumburg Nikolaus Medler an einer Kirchenordnung für die dortige Kirche. Ostern
1542 war sein alter Freund aus Hof als sein Mitarbeiter zu ihm gekommen. Als ihn dieser jetzt verließ,
6 Unsere Nr. VIII 3. - Fendt 269. —Geyer, Kirchenordnung 8-23. - Waldenmaier 91.
7 Mayer 251.
8 Die Brandenburgisch-nürnbergische Ordnung von 1533 (Sehling 11, 140-205).
9 München Hauptstaatsarchiv, Reichsstadt Nördlingen Nr. 17.
10 Mayer 248. - Cantz, Urkundliches 26.
11 Geyer, Kirchenordnungen 21 f. — Ob diese Bestimmung tatsächlich sogleich befolgt wurde, läßt sich nicht nach-
prüfen. Erhalten sind die Bücher erst seit 1579.
12 Geyer, Kirchenordnungen 23. 13 Dolp 76f. — Geyer, Kirchenorclnungen 20.
1 Geb. 1493 Markt Erlbach. - 1520 Pfarrverweser in Unternesselbach, 1524 Prediger in Hof, 1526 vertrieben, Ölsnitz
Prediger, 1528 Hof Prediger, 1531 vertrieben, Ölsnitz Prediger, 1533 auch Superintendent, 1542 Naumburg Dom-
prediger, 1544 Nördlingen Superintendent — † 1546 (Geyer, in RE 11, 589—593. — Matth. Simon, Bayreuthi-
sches Pfarrerbuch [ = EAKGB 13]. München 1930. Nr. 1472 [Lit.] - Turtur. - Hinzuzufügen ist hier nur, daß
Löners Ruhm als Liederdichter einer Einschränkung bedarf, seit Fr. Spitta nachgewiesen hat, daß die meisten der
bisher für Löner in Anspruch genommenen Lieder von Herzog Albrecht von Brandenburg stammen und auch Löners
Hofer Gesangbuch nur ein Nachdruck eines Konigsberger Gesangbuches war [Sehling 11, 303 und Nachträge]).
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fällt, daß die für die evangelische Gemeinde bestimmten Feiern, obwohl sie innerlich zusammengehörten,
durch die Messe vollständig auseinandergerissen wurden und das, obwohl betont wurde, daß man diese
Messe unzerteilt haben wolle. Wieweit in der Messe freilich dann tatsächlich etwa unevangelische
Stücke ausgelassen bzw. durch deutsche Einschübe, wie sie ein Meßbuch beim Evangelischen Pfarramt
Nördlingen bezeugt6, ersetzt wurden, kann nicht gesagt werden. Bedauerlicher aber ist, daß gar nichts
darüber angedeutet wird, in welcher Form die evangelische Abendmahlsfeier gehalten wurde. Wurde hier
vielleicht die Deutsche Messe von Kantz gebraucht?
Im Herbst 1541 richteten die Geistlichen an ihren Rat, weil die Stadt jetzt auf dem Reichstag zu
Regensburg sich öffentlich als evangelisch bekannt habe7, die Bitte, die Messe zu beseitigen, die nürn-
bergische Ordnung8 einzuführen und die Bücher der beiden Klöster zu einer Kirchenbibliothek zu-
sammenzuholen. Der Rat aber beauftragte die Geistlichen nur mit der Vorlage eines Auszuges aus der
nürnbergischen Ordnung9 und auch das erst, nachdem es zu einem scharfen Zusammenstoß mit Kantz
gekommen war10.
So wurden denn am 9. Februar 1542 wenigstens einige Bestimmungen über die Taufzeit, wobei
die Festsetzung einer bestimmten Stunde wie in Nürnberg abgelehnt wurde, und über Proklamation und
Eheschließung getroffen. Die Führung von Tauf- und Traubüchern wurde angeordnet11. Auch die Über-
nahme der brandenburgisch-nürnbergischen Ordnung wurde nach verschiedenem Hinundher am 23. Fe-
bruar 1543 beschlossen und gleichzeitig die volle Durchführung der Reformation auch in den Landpfar-
reien, worauf die Geistlichen 1541 gleichfalls gedrungen hatten, angeordnet12. Dabei war eine Klärung
um so nötiger, als sich neben den alten Formen auch zwinglische Gedanken regten13. Die Durchführung
unterblieb jedoch großenteils, da der Pfarrer Übel sein Amt altershalber niederlegte und Kantz so er-
krankte, daß er nicht einmal seine eigene Tätigkeit weiterführen konnte.
Die Kirchenordnung Kaspar Löners.
Der Mann, den die Stadt jetzt nach längeren Verhandlungen als Pfarrer und zugleich Prediger er-
hielt und der Mitte Januar 1544 aufzog - Kaspar Löner1, war nun nach jeder Hinsicht die richtige Per-
sönlichkeit, um dem so wenig geformten Kirchenwesen endlich zu klarer Gestalt zu verhelfen. Das geschah
nun aber auf anderer, neuer Grundlage. Löner kamja gerade aus einer Kirchenordnungswerkstatt. Seit
1536 arbeitete in Naumburg Nikolaus Medler an einer Kirchenordnung für die dortige Kirche. Ostern
1542 war sein alter Freund aus Hof als sein Mitarbeiter zu ihm gekommen. Als ihn dieser jetzt verließ,
6 Unsere Nr. VIII 3. - Fendt 269. —Geyer, Kirchenordnung 8-23. - Waldenmaier 91.
7 Mayer 251.
8 Die Brandenburgisch-nürnbergische Ordnung von 1533 (Sehling 11, 140-205).
9 München Hauptstaatsarchiv, Reichsstadt Nördlingen Nr. 17.
10 Mayer 248. - Cantz, Urkundliches 26.
11 Geyer, Kirchenordnungen 21 f. — Ob diese Bestimmung tatsächlich sogleich befolgt wurde, läßt sich nicht nach-
prüfen. Erhalten sind die Bücher erst seit 1579.
12 Geyer, Kirchenordnungen 23. 13 Dolp 76f. — Geyer, Kirchenorclnungen 20.
1 Geb. 1493 Markt Erlbach. - 1520 Pfarrverweser in Unternesselbach, 1524 Prediger in Hof, 1526 vertrieben, Ölsnitz
Prediger, 1528 Hof Prediger, 1531 vertrieben, Ölsnitz Prediger, 1533 auch Superintendent, 1542 Naumburg Dom-
prediger, 1544 Nördlingen Superintendent — † 1546 (Geyer, in RE 11, 589—593. — Matth. Simon, Bayreuthi-
sches Pfarrerbuch [ = EAKGB 13]. München 1930. Nr. 1472 [Lit.] - Turtur. - Hinzuzufügen ist hier nur, daß
Löners Ruhm als Liederdichter einer Einschränkung bedarf, seit Fr. Spitta nachgewiesen hat, daß die meisten der
bisher für Löner in Anspruch genommenen Lieder von Herzog Albrecht von Brandenburg stammen und auch Löners
Hofer Gesangbuch nur ein Nachdruck eines Konigsberger Gesangbuches war [Sehling 11, 303 und Nachträge]).
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