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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (12. Band = Bayern, 2. Teil): Schwaben: Reichsstädte Augsburg, Dinkelsbühl, Donauwörth, Kaufbeuren, Kempten, Lindau, Memmingen, Nördlingen, Grafschaft Oettingen-Oettingen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30628#0371
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Kirchenordnung von 1579

burg 1555 (S. 100) ...] durch unsern Herrn Jesum,
Christum!
Und zum beschluß sage er:
Der fride des Herrn sei mit dir und uns allen!
Amen.
Wirden aber die leut, so das kindlein zur tauf
bringen, uf des kürchendieners frage ungewisse ant-
wort geben und sagen, sie wüßten nicht, was sie in
solcher not und schrecken gedacht, vil weniger, (wie
dann oftmals zu geschehen pflegt) was sie gered oder
geton hetten, so mache man nur nit vil disputierens,
sondern taufe es ohne meldung eincher condition11
obgeschribner ordnung gemes, wie alle ander unge-
taufte kinder getauft werden.
Von dem hailigen catechismo12.
Catechismus in dem christlichen glauben ist ein
mündlicher bericht, darinne die fürnembste und
nötige stücke der rechten warhaftigen christlichen
religion erclärt werden, und ist vorzeiten, da die
christlich kürch aus den alten, beide bei juden und
haiden, so zue iren jaren und verstand kommen, ver-
samblet warde, der catechismus vor der taufe gehal-
ten worden.
Nachdem aber zue diser zeit gemeniglich die kin-
der in irer kindheut, da sie des mündlichen berichts
noch nicht fähig seind, getauft werden, so solle der
catechismus als der, so zue underrichtung der haupt-
articul des rechten, warhaftigen, christlichen glau-
bens denen, die zu iren jaren und verstand kommen,
notturftig, mit den kindern, alsbald sie desselben ires
alters und verstands halber fähig sein mögen, ge-
halten werden. Das solle aber mit volgender ord-
nung geschehen.
Erstlich solle ein jedlicher pfarrherr oder prediger,
allwegen uf ein jeden sontag in sonderheit vor der
predig, auf der canzel die fünf hauptstucke christ-
licher lehr, wie sie hernach verzaichnet, dem volk
fürsprechen. Und damit es fruchtbarlich und nutz-
lich geschehen möge, solle er nicht heut dise form,

11 Zur Konditionaltaufe (Bedingten Taufe) vgl. oben
S. 100 Amn. 7.
12 Unter starker Benützung der württembergischen KO
von 1553 (Richter 2, 184f. - Hauß-Zier 34f.),
bzw. der ihr folgenden Kirchenordnung Wolfgangs
von Zweibrücken (Richter 2, 196).

morgen ein andere gebrauchen, sondern die be-
melte stucke aufschreiben und sie dem volk aus dem
geschribnen büechlein oder tefelein ordenlich ver-
stendlich und deutlich fürlesen, das baide - alt und
jung - bei inen selbst die wort nachsprechen und
ainerlai wort gewohnen mügen; dann es tregt sich
bei dem gemeinen volk diser stuck halber allerlai
unrichtigkeit zu, von welches wegen die notturft er-
haischet, daß diser catecuismus oft und gleichförmig
gehalten werde.
Wiewol nun dise verordnung bei manchem ein ge-
ringes ansehen haben möchte, als die vil schlechter
und kindischer were, dann das fürnemlich die ge-
lehrten damit beladen sollten werden, jedoch, wel-
cher bedenkt die hohe große autoritet der bemelten
stuck und, was treffenlicher nutz der heiligen,
christlichen kürchen daraus entsteet, der würt sich,
er seie gleich wie gelärt er wölle, dieselbige der kür-
chen fürzusprechen nicht schämen; dann die zehen
gebot sind von Gott so hohe geachtet worden, das
er sie selbst seiner kürchen uf dem berg Sinai für-
gesprochen hat (Exo. 20 [1-17]). So hat unser Herr
Christus auch selbst das Vater unser zu beten ge-
lehret (Math. 6 [9-13]). Was dann das symbolum
apostolicum, fürnemlich die articul von dem Sohne
Gottes, unserm Herrn Jesu Christo, belanget, hat es
Petrus mit gegenwertiger kundschaft anderer seiner
mitapostel auf dem Pfingstag, da sie allererst den
Heiligen Geist empfangen hetten, geprediget und ist
nicht zu zweifeln, nachdem die recht, wahre, christ-
lich lehr des heiligen evangelions in der kürchen vil
jar mit menschen gedicht verdunkelt gewesen und
doch darbei der gebrauch, die obbemelte stucke
nach der predig fürzusprechen, gehalten, das vil
menschen durch dieselbigen aus gnaden des Heiligen
Geistes im rechten glauben erleuchtet und erhalten
worden seind. Darumb solle sich keiner dises christ-
lichen nutzlichen werks zu underfahen beschweren,
sonder daselb mit allem vleiß und ernst verrichten.
Es13 soll aber der catechismus Lutheri klein14 und
13 Mit diesem Abschnitt schiebt Nördlingen in sein
Vorbild die Hauptstücke (ohne die Auslegung) des
Kleinen Katechismus Luthers ein. Andreä hatte in
seiner Beratung am 13. März 1576 vorgeschlagen,
den Kindern, die lesen und schreiben können,
Luthers Katechismus zu geben, sonst aber - vor
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