Evangelische Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts

Nördlingen

hierinnen beschiden und geschenkt hat, eben war-
nemen wöllet, dieselben mit großem vleiß betrach-
ten und ime darfür danken und ein jeder wölle sich
selbs brüefen, uf das er würdig werde, von dem brot
und wein (welches ist des Herrn leib und bluet) esse
und trinke also, das er wisse, das ime dies zur ver-
gebung seiner sünden, zu trost und sterkung seines
glaubens vom Herrn gegeben sei, darnach auch hin-
gehe und Christo, unserm lieben Herrn, und Gott zu
lob und dank, seinem nechsten in warhaftiger liebe
und treu nach allem vermögen diene gleich, wie uns
Christus hiemit gedienet hat, das er uns durch sein
heiliges bitter leiden und sterben von sunden und
ewigem tode erlöset und kinder des ewigen lebens ge-
macht hat.
Wie aber Christus sein abentmal gehalten und was
er uns dabei zu glauben und zu tun bevolhen hat,
werdet ir aus volgenclen worten weiter vernemen.
Hierher gehören die verba institutionis coenae
dominicae nach den noten teutsch zu singen, in-
maßen dieselbige gleichfals nachvolgends beschri-
ben stehen.
[Noten50]
Unser Herr Jesu Christ in der nacht, da er ver-
raten ward, nam er das brot, dankt und brachs und
gabs seinen jüngern und sprach: Nimbt hin und
esset! Das ist mein leib, der für euch gegeben würd.
Solchs tut zu meinem gedechtnus! Desselbigen-
gleichen auch den kelch nachdem abentmal und
sprach: Nimbt hin und trinkt all daraus! Diser
kelch ist das neue testament in meinem blut, das fur
euch vergossen würd zu vergebung der sünden.
Solchs tut, so oft ihrs trinkt zu meiner gedechtnus!
[Ende der Noten]
Nachdem die wort des testaments gesungen sind,
communiciert man das volk mit baider gestalt nach
der einsatzung des Herrn Christi und nicht anderst
und empfahet an einem ort des altars den leib
Christi am andern ort das bluet Christi. Wiewol nun
beede brot und wein, was zue dem gegenwertigen

Abendmahlsvermahnung gebracht ist, sondern aus
der Naumburger Kirchenordnung (Sehling 2, 80)
und also schon durch Löner nach Nördlingen ge-
bracht.
50 Nach Luthers Deutscher Messe 1526 (WA 19, 97f. —
Trautner 68f.).

nachtmal gebraucht würd, durch die stiftung
Christi, so vorhin in der vermanung und hernach in
sonderheit verlesen, genugsam geweihet sind, und
bedarf derhalben nicht vil sonderlich wort mehr, je-
doch, damit in darraichung und austeilung des sa-
craments under den kürchendienern gleicheit ge-
halten und die leut kurzlich erinnert werden, was sie
im brauch dises heiligen sacraments empfahen, sol-
len sie bei den einfeltigen worten Christi bleiben und
in darraichung des leibs Christi, nachvolgende wort
sprechen:
Nemb hin und iß! Das ist der leib Christi, der für
dich gegeben ist.
und in darraichung des bluets Christi:
Nemb hin und trink! Das ist das bluet des neuen
testaments, das für deine sünde vergossen ist.
Under der communion schlecht der organist und
singet der chor und gemein einen vers umb den an-
dern us volgenden geistlichen liedern:
Jesus Christus, unser Heiland etc.
Gott sei gelobet etc.
Esaia dem propheten etc.
Ich dank dem Herrn von ganzem herzen etc. Ps. 3.
Wenn der communicanten vil, mag etwas in figu-
ris gesungen werden.
Nach der communion volgende collecta sambt
dem versicul51:
So oft ir von disem brot esset und von disem kelch
trinket,
Respondet chorus:
Solt ir des Herrn tod, bis er kommet, verkündi-
gen!
Der kürchendiener:
Laßt uns beten! Wir52 danken dir, allmechtiger
Herre Gott, das du uns durch dise heilsame gabe53
hast erquicket, und bitten deine barmherzigkeit, das
du uns solches gedeien lassest zu starken glauben
gegen dir und zue brünstiger lieb under uns allen,
durch Jesum Christ deinen Sohn unsern Herrn.
Chorus: Amen.
51 Von Luther (WA 35, 556).
52 Nach der Brandenhurg-nürnbergischen KO (Seh-
ling 11, 198).
53 Das in der Quelle dieser Kollekte noch stehende
„deines leibs und bluts“ fehlt hier gewiß ohne Hin-
tergedanken.

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