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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (12. Band = Bayern, 2. Teil): Schwaben: Reichsstädte Augsburg, Dinkelsbühl, Donauwörth, Kaufbeuren, Kempten, Lindau, Memmingen, Nördlingen, Grafschaft Oettingen-Oettingen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30628#0389
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Kirchenordnung von 1579

in irer lehr und predig, von derwegen am fürnemlich-
sten die feiertag bestimpt sein, gebürlich ordnung
halten, und achten aus allerlai bedenken für nutz-
lich, das uf die sonntag und andern hohen fest und
feirtägen, die gewonlichen evangelia für und für ge-
prediget und ausgelegt werden.
Im Advent, wie es bisher genannt ist, solle man
neben dem gewonlichen evangelio die promissiones,
so den heiligen patriarchen von der zuekunft Christi
versprochen und durch die propheten beschriben
sein, vleißig lehren, damit die kürche berichtet
werde, das unser christlicher glaube nit ein selbst
gewachsner oder von menschen erdachter glaube
seie, sonder sei vom anfang der welt von Gott ge-
offenbaret und mit warhaftigen, göttlichen wunder-
zeichen bestetiget worden, sei auch sonst kein an-
derer glaube, dardurch wir gerecht und seelig wer-
den mögen.
Der Christtag und etlich der nachvolgenden fest
erfordern für sich selbst die historien von der ge-
burt Christi und, was sich darbei und hernach ver-
loffen hab, auch was die guettaten Christi sein, die
er mit ime vom himmel uf erden zue unser ewigen
seligkeit gebracht hat.
In der fasten, quadragesima genannt, solle die
historia von dem leiden und sterben Christi, auch
von der rechten christlichen buoß gepredigt werden.
Auf den Palmtag oder in der wuchen solle dem
volk die historia des ganzen passions fürgelesen
werden.
Von Ostern an bis uf Ascensionis solle man die
historien von der urstend Christi, wie sie von dem
heiligen evangelisten beschriben, verkündigen, das
man der zwaier hauptarticul unsers christenlichen
glaubens, nemlich: das Christus am driten tag von
toten erstanden und wir auch von toten uferstehen
werden, ein gueten gründlichen bericht aus heiliger,
göttlicher schrift empfangen möge.
Das fest Ascensionis Christi bringt auch mit ime
selbst sein historien, wie sie in actis apostolicis cap.
1 [4-11] beschriben, das daruf von dem articul un-
sers glaubens, darinnen wir bekennen, Christus seie
gen himmel gefahren, sitze zu der gerechten Gottes

und werde von dannen kommen, zu richten die le-
bendigen und die toten, gelehrt und gepredigt werde.
Auf den Pfingstag und feiertag hernach solle ne-
ben dem evangelio das ander capitul in actis aposto-
licis gepredigt werden.
Der sontag Trinitatis solle fürnemlich dahin ge-
braucht werden, das man daruf predige, wie nur ein
Gott seie und doch in disem einigen göttlichen we-
sen seien drei underschidlich personen, nemlich
Vater, Sohn und Heiliger Geist.
Die fest der aposteln sollen uns fürnemlich er-
innern der warheit des heiligen evangelions Christi,
das durch die apostel, so den Heiligen Geist auf den
pfingstag empfangen, in allen landen geprediget und
mit großen wunderzeichen bestetiget worden ist.
Und in summa: die kürchendiener sollen das volk
mit allem ernst und vleiß berichten, das die feirtag
nicht zum unnutzen müeßigang, zu füllerei und muet-
willigen spilen oder dänzen, sonder zue underwei-
sung in der rechten, warhaftigen, christlichen lehr
verordnet seien. Darumb, welcher sie mißbrauche,
der werde als ein verachter göttlichs worts der zeit-
lichen und ewigen straf Gottes verpflicht sein.
Ordnung der vesper und metten an den drei
hohen festen und anderer gemeinen
kürchenämptern am heiligen abent, sontag,
feiertage und werktagen.
Zur vesper.
Auf die drei hauptfeste als Weihnachten, Ostern
und Pfingsten, leutet man eine halbe stunde nach
secunda hora zur vesper, welche der kürchendiener
anfähet mit dem
Deus in adjutorium meum intende.
Daruf der chor singet in figuris Domine, ad adju-
vandum me und ein psalmen de festo in contra-
punct66.
Nach dem psalmen schlegt der organist den hym-
num oder responsorium de tempore.
Würd aus der heiligen schrift ein capitel dem volk
fürgelesen, mit den summariis67, was zum fest ge-
horet.

66 Gemeint ist ungefähr dasselbe wie mit in figuris
(S. 322), nämlich ein mehrstimmiger Satz.

67 Veit Dietrichs, vgl. S. 320 Anm. 10!
 
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