Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0159

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Die Reussischen Herrschaften.

145

begründet und befestigt war, so bedurfte es doch beständiger Aufsicht und schirmender Pflege,
namentlich so lange Heinrich der Ältere lebte. In dieser Beziehung hat sich insbesondere Spa-
latin grosse Verdienste erworben.
Erst Heinrich der Beharrliche, der zu seinen Herrschaften Schleiz und Lobenstein nach
dem Tode des Herrn von Gera auch dieses Gebiet erhielt, vollendete das Reformationswerk.
Eigene landesherrliche oder städtische Kirchen-Ordnungen sind mir nicht bekannt ge-
worden. Dagegen eine Kirchen-Ordnung des Superintendenten zu Gera.
Dass die Anordnungen der Visitatoren nicht ausreichten, war klar. So vereinigten sich
denn die Superintendenten des vogtländischen Kreises im Jahre 1552 zu Plauen, beriethen und
beschlossen eine gemeine Kirchen-Ordnung, die sogenannte burggräfliche Kirchen-Ordnung,
welche unter II. näher behandelt und unter Nr. 34 abgedruckt wird.
Superintendent Wolfgang Grabus zu Gera fertigte aus dieser Kirchen-Ordnung einen
„Auszug“ an, wie er selbst sagt, in Wahrheit stellte er nach ihrem Vorbilde eine selbständige
Ordnung zusammen, und publicirte dieselbe seinen Pfarrern auf einer Synode zu Gera am 6. Mai
1556. Stillschweigende Genehmigung des Landesherrn ist hier ähnlich wie bei der burggräf-
lichen Ordnung zu präsumiren (vgl. unter II). Diese Kirchen-Ordnung befindet sich im Original,
von Grabus unterzeichnet und untersiegelt, im Fürstl. Regierungs-Archiv zu Gera, Pc/I. und ge-
langt darnach erstmalig zum Abdruck. (Wir stellen sie hinter Nr. 34 als Nr. 35.) Die Hand-
schrift besteht aus 4 Blättern, die letzte Seite ist unbeschrieben. Am Kopfe der Ordnung steht
neben dem eigentlichen Titel noch am Rande: „Extract der plauischen kirchenordnung zu Gera
durch die superattendenten des voigtländischen kreises.“
Es fanden später noch verschiedene Visitationen in der Herrschaft Gera statt. Die
Akten befinden sich im Fürstlichen Archiv zu Gera Pc/I, so namentlich aus den Visitationen
von 1567—1569. Dieselben bieten jedoch für unsere Zwecke keine Ausbeute.
II. Die ältere oder burggräfliche Linie Plauen. Hier tritt uns Burggraf
Heinrich IV. [nicht, wie gewöhnlich citirt wird, Heinrich V.; vgl. Schmidt, Burggraf Heinrich IV.
zu Meissen, Oberstkanzler der Krone Böhmen und seine Regierung im Vogtland, Gera 1888] als
Organisator entgegen. Unter seiner Regierung erging am 30. August 1552 auch eine eigene, die
sogenannte „burggräfliche“ Kirchen-Ordnung. Verfasser derselben war der Ober-Superattendent
Corbinianus Hendel in Plauen, der dabei den Rath sämmtlicher Superattendenten des Landes be-
nutzte. Die Ordnung wurde von sämmtlichen Superintendenten am 30. August1552 in Plauen
angenommen und durch Verlesen in den Kirchen publicirt.
Wie Joh. Müller in Mittheilungen des Alterthumsvereins zu Plauen, II (1882), 78 ff.
ausführt, steht diese Kirchen-Ordnung in geschichtlichem Zusammenhang „mit der Errichtung
des Consistoriums bezw. der Wiederaufrichtung des am Ende des 15. Jahrhunderts dem Plauen-
schen Pfarrer und deutschen Ordenscomthur ertheilten Archidiakonats im Bezirk des alten Gaues
Dobna (archidiaconatus Dobnensis) und mit der Bestätigung der dem Prediger zu Plauen schon
am ersten Ostertage 1533 von den sächsischen Visitatoren zugesprochenen Obersuperattendenz
im Voigtlande, durch den Burggrafen Heinrich IV. am 9.Februar 1548“. Denn am 9. Februar
1548 bestimmte Heinrich IV.:„Anlangende das consistorium oderjurisdiktion wollen wir, dass
dasselbige wie bisher gehalten werden soll und sind nit bedacht, dass wir uns solcher herlickeit
wolten begeben und einem andern zustellen . . . darumb soll sich der pastor zu Plauen als der
oberste superattendent des wie zuvor derselbigen örter gebrauchen und verhalten.“ Das Siegel
des Consistoriums zu Plauen führte die Umschrift „Archidiaconatus Dobnensis“ und zeigte die
Figur Johannis des Täufers, darunter das Wappen des deutschen Ordens. Das Consistorium,
welches unter dem Vorsitze des Pfarrers zu Plauen aus fünf geistlichen und drei weltlichen
Verordneten bestand, existirte bis zum 6. Juli1583, an welchem Tage es aufgehoben und
dem Consistorium Leipzig eingegliedert wurde (vgl. den Aufsatz von Joh. Müller, im Vogt-
Sehling, Kirchenordnungen. Bd. II. 19
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften