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Orth, Christian; Aristophanes
Fragmenta comica (FrC) ; Kommentierung der Fragmente der griechischen Komödie (Band 10,3): Aristophanes, Aiolosikon - Babylonioi (fr. 1-100): Übersetzung und Kommentar — Heidelberg: Verlag Antike, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.53730#0263
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Άνάγυρος (fr. 46)

259

Interpretation Unter allen Fragmenten des Anagyros vermittelt besonders
dieser Vers vielleicht noch etwas von der bedrohlichen Atmosphäre der
Anagyroslegende. Beschrieben wird hier offenbar ein drohendes Unwetter:
Wolken sind aufgezogen, und es donnert bereits. Wie üblich wird bei Wetter-
erscheinungen kein Subjekt ausgedrückt.110
Muhl 1881, 48 vergleicht Eur. Hipp. 1201-5 ενθεν τις ηχώ χθόνιος, ώς βρο-
ντή Διός, / βαρύν βρόμον μεθήκε, φρικώδη κλυεΐν· / ορθόν δέ κράτ’ έστησαν
ούς τ’ ές ουρανόν / 'ίπποι, παρ’ ήμϊν δ’ ήν φόβος νεανικός / πόθεν ποτ’ εϊη
φθόγγος, wo zu Beginn der Schilderung von Hippolytos’ tödlichem Unfall
von einem aus der Erde kommenden Lärm die Rede ist, der mit Zeus’ Donner
vergleichbar sei, und vermutet einen Bezug des Fragments auf „das durch
einen Gott - etwa Poseidon - vor Eintritt der Katastrophe heraufbeschworene
Unwetter“. Die genannten Wettererscheinungen sprechen hier aber eher für
Zeus (oder einen anderen Gott, der das Wetter beeinflussen kann) als für
Poseidon, und wenn Aristophanes hier tatsächlich in Anlehnung an die Stelle
aus dem Hippolytos die Verstümmelung des Sohns aus der Anagyroslegende
beschreibt, dann wurden in seiner Version die Pferde offenbar nicht, wie im
Hippolytos angedeutet, durch ein Erdbeben, sondern durch ein aufziehendes
Gewitter beunruhigt, als dessen Urheber man gut Anagyros selbst vermuten
könnte. Im Unterschied zu der Stelle aus dem Hippolytos handelt es sich hier
aber nicht um einen Teil einer Beschreibung in einem Vergangenheitstempus,
sondern um eine die Gegenwart betreffende Feststellung; die einfachste Er-
klärung des Verses wäre, dass der Sprecher hier einfach ein aufziehendes
Unwetter beobachtet und darüber beunruhigt ist.
Eine Verbindung mit einem Auftritt des Daimon Anagyros vermuten Bothe
1844b, 21, der an eine als Anagyros verkleidete Person denkt („potuit perso-
natus aliquis Anagyrus, adveniens per tempestatem, tonitribus perterritum
silicernium ludere minis poenae crudelis“) und Crusius 1910, 53 („... und auch
der Rest einer Wundererzählung scheint da zu sein:
Dicht ziehn die Wolken und durch den Sturm erdröhnt
Ein neuer Donnerschlag —
da mag der böse Heros erschienen sein, der als Άναγυράσιος δαίμων wohl
durch das Stück des Aristophanes selbst sprichwörtlich geworden ist“).

110 Es wäre aber auch möglich, dass hier ein bestimmter Gott als Subjekt hinzuzuden-
ken ist.
 
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