Incertarum fabularum fragmenta (fr. 604)
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In der zweiten Version des aristophanischen Bios wird darüber spekuliert,
daß mit den beiden Söhnen die Komödiendichter Araros und Philippos ge-
meint seien.
Textgestalt Aus dem Vorschlag von Cobet 1855, 274 (τήν γυναϊκ’ αίσχύνομαι/
τώ τ’ ού φρονοϋντε παιδίω) ergibt sich bei ν. 2 ein einwandfreier Trimeter-
Teil mit Penthemimeres (nach φρονοϋντε). Die Schwierigkeit bei der hier
angenommenen Verstellung liegt nämlich im Fehlen einer regulären Penthe-
mimeres in v. 2 (nach τώ τ’ schwer vorstellbar).
Interpretation Jemand gibt seinem Schamgefühl gegenüber Frau und Kin-
dern Ausdruck. Über den Hintergrund für dieses Gefühl bzw. den Tonfall
(ironisch?), in dem es ausgesprochen wird, wissen wir nichts. Laut Zitatträger
würde hier Aristophanes selbst sprechen - ein Umstand, der zwar möglich
ist, aber als alles andere als gesichert gelten darf (vgl. Kaibel in Kassel-Austin
z. St.: „incertum quo iure de se haec poetam dixisse veteres existimaverint“);
umso willkürlicher erscheint es, die Zuweisung des Fragments aufgrund des
vermeintlich persönlichen Inhalts zu einer Komödie vorzuschlagen (den Skenai
katalambanousai), in der Aristophanes angeblich viel über sich selbst verraten
habe (so hingegen Bergk in Meineke II.2 1076: „Videntur autem haec petita
esse ex comoedia, quam Σκηνάς καταλαμβ. poeta inscripsit, in qua quidem
fabula multa de se dixisse videtur Aristophanes, vid. Fr. IV“). Ar. fr. 488 [Skenas
katalambanousai] (χρώμαι γάρ αύτού τοϋ στόματος τώ στρογγύλω, / τούς
νους δ’ αγοραίους ήττον ή 'κείνος ποιώ) könnte zwar tatsächlich die einzige
autoreferentielle Aussage des Aristophanes außerhalb einer Parabase sein -
mit der Ausnahme von Ach. 377-82. 497-503, wo aber Dikaiopolis Wortträger
des Dichters ist -, aber dies reicht bei weitem nicht. Von Aristophanes’ Söhnen
ist ebenfalls in Sud. α 3737 (= Ar. test. 7: Araros) und Sud. φ 308 (= Ar. test.
8: Philetairos) die Rede (zum Leben des Aristophanes vgl. Schmid 1.4 175-,
Lefkowitz 1981, 105-16 und Zimmermann 2011, 764-6).
τήν γυναίκα Über Aristophanes’ Frau wissen wir nichts.
αίσχύνομαι Im Sinne von ,sich vor jdm. schämen' konstruiert mit dem
Akk. der Person (vgl. etwaPher. fr. 28,6 [Automoloi] είτ’ άλλήλους αίσχυνόμενοι
θυλήμασι κρύπτετε πολλοΐς, Eur. Ion. 934. 1074, Plat. Symp. 216b). Zur
αισχύνη als Scham- bzw. Verlegenheitsgefühl vgl. von Erffa 1937, 173-9.
ού φρονοϋντε Das Verb φρονεϊν heißt hier speziell ,im Alter des Ver-
standes (d.h. erwachsen) sein' (vgl. Cobet 1858, 90), was bei Aristophanes’
Kindern - wenn es um sie geht (vgl. hier oben, Interpretation) - noch nicht der
Fall ist; dieser Sinn auch in Aesch. Cho. 753 (τό μή φρονούν, von einem Kind),
Isae. 9,20 (ό Άστύφιλος και τούτου καί των άλλων προσηκόντων εύθέως έκ
παιδιού, επειδή τάχιστα ήρχετο φρονεϊν), Aeschin. 1,139 (καί τούς τής φιλίας
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In der zweiten Version des aristophanischen Bios wird darüber spekuliert,
daß mit den beiden Söhnen die Komödiendichter Araros und Philippos ge-
meint seien.
Textgestalt Aus dem Vorschlag von Cobet 1855, 274 (τήν γυναϊκ’ αίσχύνομαι/
τώ τ’ ού φρονοϋντε παιδίω) ergibt sich bei ν. 2 ein einwandfreier Trimeter-
Teil mit Penthemimeres (nach φρονοϋντε). Die Schwierigkeit bei der hier
angenommenen Verstellung liegt nämlich im Fehlen einer regulären Penthe-
mimeres in v. 2 (nach τώ τ’ schwer vorstellbar).
Interpretation Jemand gibt seinem Schamgefühl gegenüber Frau und Kin-
dern Ausdruck. Über den Hintergrund für dieses Gefühl bzw. den Tonfall
(ironisch?), in dem es ausgesprochen wird, wissen wir nichts. Laut Zitatträger
würde hier Aristophanes selbst sprechen - ein Umstand, der zwar möglich
ist, aber als alles andere als gesichert gelten darf (vgl. Kaibel in Kassel-Austin
z. St.: „incertum quo iure de se haec poetam dixisse veteres existimaverint“);
umso willkürlicher erscheint es, die Zuweisung des Fragments aufgrund des
vermeintlich persönlichen Inhalts zu einer Komödie vorzuschlagen (den Skenai
katalambanousai), in der Aristophanes angeblich viel über sich selbst verraten
habe (so hingegen Bergk in Meineke II.2 1076: „Videntur autem haec petita
esse ex comoedia, quam Σκηνάς καταλαμβ. poeta inscripsit, in qua quidem
fabula multa de se dixisse videtur Aristophanes, vid. Fr. IV“). Ar. fr. 488 [Skenas
katalambanousai] (χρώμαι γάρ αύτού τοϋ στόματος τώ στρογγύλω, / τούς
νους δ’ αγοραίους ήττον ή 'κείνος ποιώ) könnte zwar tatsächlich die einzige
autoreferentielle Aussage des Aristophanes außerhalb einer Parabase sein -
mit der Ausnahme von Ach. 377-82. 497-503, wo aber Dikaiopolis Wortträger
des Dichters ist -, aber dies reicht bei weitem nicht. Von Aristophanes’ Söhnen
ist ebenfalls in Sud. α 3737 (= Ar. test. 7: Araros) und Sud. φ 308 (= Ar. test.
8: Philetairos) die Rede (zum Leben des Aristophanes vgl. Schmid 1.4 175-,
Lefkowitz 1981, 105-16 und Zimmermann 2011, 764-6).
τήν γυναίκα Über Aristophanes’ Frau wissen wir nichts.
αίσχύνομαι Im Sinne von ,sich vor jdm. schämen' konstruiert mit dem
Akk. der Person (vgl. etwaPher. fr. 28,6 [Automoloi] είτ’ άλλήλους αίσχυνόμενοι
θυλήμασι κρύπτετε πολλοΐς, Eur. Ion. 934. 1074, Plat. Symp. 216b). Zur
αισχύνη als Scham- bzw. Verlegenheitsgefühl vgl. von Erffa 1937, 173-9.
ού φρονοϋντε Das Verb φρονεϊν heißt hier speziell ,im Alter des Ver-
standes (d.h. erwachsen) sein' (vgl. Cobet 1858, 90), was bei Aristophanes’
Kindern - wenn es um sie geht (vgl. hier oben, Interpretation) - noch nicht der
Fall ist; dieser Sinn auch in Aesch. Cho. 753 (τό μή φρονούν, von einem Kind),
Isae. 9,20 (ό Άστύφιλος και τούτου καί των άλλων προσηκόντων εύθέως έκ
παιδιού, επειδή τάχιστα ήρχετο φρονεϊν), Aeschin. 1,139 (καί τούς τής φιλίας