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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2000 — 2001

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Jahresfeier

senschaften hinweist, die entrüstete Antwort: „Aber das kann doch nicht alles sein!“
Solche Gespräche dienen aber keineswegs nur den Akademiemitgliedern selbst. Zwar
läßt sich, was die Akademien damit leisten, nicht quantifizieren, es widersetzt sich
auch jeder Evaluation und liegt damit quer zu allem, was heute an Effektivitätsnach-
weisen erwartet wird. Gleichwohl stellen diese Gespräche einen für Forschung und
Lehre höchst fruchtbaren Austausch der Wissenschaftler in unserem Land dar. Ich
erlaube mir, den Centenar unserer Akademie mit einer Passage in seinen ‘Philosophi-
schen Lehrjahren’ zu Wort kommen zu lassen. Er schreibt dort über die Gespräche in
den Akademiesitzungen: „Die Ausweitung des Horizonts, die man der Teilnahme an
diesen Sitzungen verdankt, hat einen wirklichen Wert; in einer Zeit, in der man nach
Abhilfe gegen die wachsende Trennung der Fachbereiche und nach interdisziplinären
Institutionen sucht, sollte man die vornehmste Institution dieser Art, die das Land
besitzt, eigentlich stärker ehren.“ Allerdings ist zuzugeben, daß wir die Chance,
Natur- und Geisteswissenschaften dialogisch zu verbinden, noch intensiver nutzen
können und müssen. Es ist für diese Gespräche übrigens keineswegs vorrangig, mit
welchen Themen sie sich befassen. Schiller hat mit Recht gesagt: „Nicht was er treibt,
sondern wie er das, was er treibt, behandelt, unterscheidet den philosophischen Geist.“
Und das gilt noch immer. Damit will ich nicht sagen, daß die Themen, um die wir uns
versammelt haben, nur für den engeren Kreis der Wissenschaftler von Interesse waren.
Wenn über „Europäische Staatsmodelle in kolonialen und postkolonialen Macht-
prozessen“, wenn über „Religiöses Recht vor staatlichen Gerichten“, über „Die Glo-
balisierung der Finanzmärkte als Herausforderung für eine neue Weltwährungs-
ordnung“ oder über „Menschenrettung durch Menschennutzung?“ vorgetragen und
diskutiert wurde, so sind damit Problemfelder gesamtgesellschaftlicher Aktualität
berührt.
Neben das Gespräch der Wissenschaften untereinander treten die Forschungsvor-
haben der Akademie. Innerhalb der insgesamt gut geordneten deutschen Forschungs-
landschaft haben die Akademien die im Blick auf den Zeitgeist durchaus undankbare
Aufgabe der langfristigen geistes- und kulturwissenschaftlichen Grundlagenforschung
auf sich genommen. Dabei hat die Heidelberger Akademie der Wissenschaften aus
unterschiedlichen Gründen in den vergangenen Jahren mit ihren Vorhaben einen
Schwerpunkt im Bereich der frühen Neuzeit gebildet und ihn mit einem neuen Vor-
haben, der Fortführung der von Emil Sehling begonnenen Sammlung der Evangeli-
schen Kirchenordnungen des 16. Jahrhunderts, weiter ausgebaut. Über den Fortgang
dieser Arbeiten brauche ich Sie hier im einzelnen nicht zu unterrichten, das läßt sich
unserem Jahrbuch zu entnehmen. Ich erwähne aber gern, daß vier unserer Langzeit-
vorhaben, die seit der letzten Jahresfeier durch externe Gutachter evaluiert wurden -
es handelt sich um die Epigraphische Datenbank, um die Forschungen am Kara-
korum-Highway, um die Ausgabe der Deutschen Schriften Martin Bucers und das
Wörterbuch zum mittelalterlichen Spanisch - als hervorragend beurteilt worden sind.
Eben dies gibt mir aber auch Anlaß zu einigen Bemerkungen über die derzeitige För-
derung.
Die meisten dieser Vorhaben werden vom Forschungsförderungsausschuß der
Bund-Länder-Kommission mit jeweils 50 % durch den Bund und 50 % durch das
Land finanziert, in dem die Forschung angesiedelt ist. Anfangs ging es in diesem Aus-
schuß darum, die Länder von sehen des Bundes in ihrem kulturellen und wissen-
schaftlichen Auftrag zu unterstützen und damit Gemeinschaftsaufgaben im Sinn des
 
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