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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2000 — 2001

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20. Mai 2000

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Artikels 71 unseres Grundgesetzes wahrzunehmen. Inzwischen aber wird durch die
Vorgaben des Bundes - und ich stelle, Herr Staatssekretär, ausdrücklich und dankbar
fest, daß die Akademie bei ihren rein landesgeförderten Projekten von einschneiden-
den Kürzungen bisher weitgehend verschont blieb - die Finanzierung der in dem
sogenannten ,Akademienprogramm‘ vereinten höchst unterschiedlichen Forschungs-
vorhaben ständig stärker eingeschränkt. Man spricht in einem die nackten Tatsachen
vernebelnden Jargon bei der Zuweisung der Finanzmittel selbst dort noch von
,Zuwächsen£, wo eine geringe nominale Erhöhung des Jahresetats nicht einmal die
steigenden Personalkosten deckt, geschweige denn die im Laufe der Jahre auf inzwi-
schen rund 10 Millionen Mark angewachsene Unterfinanzierung mindert. Obwohl die
personelle und sonstige Ausstattung der Forschungsstellen darunter leidet, erwartet
man gleichwohl, daß die in einem solchen Bereich nicht immer einfachen Planungen
und damit verbundene, exakt nur schwer festzulegende Terminangaben möglichst
genau eingehalten werden. Nun hat gegen eine kritische Begleitung und gegen regel-
mäßig durchgeführte Kontrollen niemand etwas einzuwenden. Aber wir huldigen im
Bereich der Evaluation inzwischen dem typisch deutschen Aberglauben, als könne
man durch ein immer dichteres Netz von Anordnungen, durch die Menge der Rege-
lungen und die mehrfache Wiederholung gutachterlicher Überprüfungen das erzwin-
gen, erreichen oder ersetzen, was sich - zumal im Bereich der Wissenschaft - unge-
schriebenen und verinnerlichten Normen verdankt.
Faktisch wird die finanzielle Situation der von der Bund-Länder-Kommission bei
den Akademien geförderten Vorhaben schon in nächster Zeit dazu führen, daß wir in
den Akademien nicht mehr über Prioritäten für neu zu beginnende Vorhaben nach-
denken, sondern nur noch über abzubrechende und vorzeitig zu beendende Vorhaben
diskutieren werden. Das aber ist für ein - im Verhältnis zu anderen Ländern, aber auch
im Verhältnis zu anderen Phasen seiner Geschichte - immer noch reiches Land wie die
Bundesrepublik Deutschland mehr als beschämend. Das Land Rheinland-Pfalz grün-
dete 1950, zu einer Zeit, in der die Stadt Mainz noch weitgehend in Trümmern und
Europa in weiter Ferne lag, ein Institut für europäische Geschichte, das in diesen
Tagen seinen 50. Geburtstag begehen konnte. Heute sind wir dabei, wissenschaftliche
Großvorhaben, mit deren Ergebnissen Generationen von Wissenschaftlern der unter-
schiedlichsten Wissenschaftszweige arbeiten würden und die dem Ansehen deutscher
Wissenschaft im Ausland dienen, ä tout prix dem Zeitgeist kurzatmiger Effektivitäts-
forderungen zu opfern, der es nicht für nötig hält, das kulturelle Erbe zu bewahren
oder zu erschließen. Ich bin mir freilich auch bewußt - und das beweist die Geschich-
te gerade unseres Landes in diesem Jahrhundert zur Genüge -, daß gegen den Zeitgeist
mit vernünftiger Argumentation nicht anzukommen ist. Wahrscheinlich ist diesem
Geist - dem Kirchenhistoriker und Theologen sei diese Bemerkung gestattet -
ohnehin nur der Heilige Geist gewachsen - aber über den läßt sich eben nicht verfü-
gen, um ihn und seine Erleuchtung läßt sich allenfalls bitten. Man kann die Sache auch
ironisch und profaner ausdrücken: Zu Zeiten von Ludwig Thomas ‘Münchner im
Himmel’ wartete nur die Bayerische Staatsregierung vergebens auf die göttlichen Ein-
gebungen, heute gilt das offenbar auch für andere Ministerien.
Planung, Durchführung, Förderung und Überprüfung der langfristigen For-
schungsvorhaben der Akademien werden von der Union der deutschen Akademien
koordiniert, einem privatrechtlichen Verein, in dem auch unsere Akademie Mitglied
ist. Diesen Verein haben die Akademien Vorjahren gegründet, um nach außen, und das
 
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