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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2000 — 2001

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20. Mai 2000

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davon ist weitgehend identisch. Gene, die zum Beispiel über die davon abgeleiteten
Eiweiße - Proteine - den Zellzyklus, also die Zellteilungsvorgänge steuern, zeigen bis
zur Bierhefe ein hohes Maß von Übereinstimmung. Nur ein Drittel der Gene von
Fruchtfliege und Fadenwurm unterscheiden sich von denen anderer Spezies und sind
damit artspezifisch. Von 289 bisher analysierten menschlichen Genen, die bei
bestimmten Krankheiten verändert sind, finden sich 177 auch bei der Fruchtfliege.
Verdoppelungen - Amplifikationen - von Gensequenzen finden sich besonders
häufig, wobei später auftretende Mutationen auch zu Funktionsveränderungen der
verdoppelten Sequenzen führen. So läßt sich aus den bisherigen Untersuchungen
ableiten, daß die etwa 40.000 menschlichen Gene im Grunde eine vervielfältigte Ver-
sion eines kleineren Genoms darstellen, das nicht viel größer war als das des Faden-
wurms oder der Fruchtfliege. Gleichzeitig wird auf einer solchen Basis ermöglicht,
auch die Schritte der Evolution bereits heute in relativ klaren Linien nachzuvollziehen:
Es sind offenkundig vor allem fünf Grundschritte, die zur Komplexierung und zur
Veränderung der Erbeigenschaften beitragen. Als der wichtigste Schritt kristallisiert
sich die Vervielfältigung, die Amplifikation, von Erbmaterial heraus. Verdoppelungen
von einzelnen Gensequenzen sind seit langem bekannt. Ihre Gesamtbedeutung für die
Evolution läßt sich aber erst aus den vorliegenden Sequenzdaten ablesen.
Ein zweiter Weg wird über Mutationen eingeschlagen. Dabei handelt es sich um
meist punktuelle, gelegentlich auch um gravierende Veränderungen in der Baustein-
folge des vervielfältigten Erbmaterials. Sie entstehen als Kopierfehler, aber auch durch
sogenannte „springende Gene“, durch Verlust oder Neuaufnahme von Chromoso-
menmaterial oder auch im Verlauf eines fehlerhaften Austausches von Chromoso-
menarmen. Durch Mutationen kann es zum Beispiel in vervielfältigten Genkopien
zum Erwerben neuer Eigenschaften und zu veränderten Charakteristika kommen.
Ein dritter wichtiger Faktor als Triebfeder für die Evolution ist die unterschiedliche
Nutzung des gleichen Genbereichs. Durch das sogenannte Spleißen, das unterschied-
liche Zusammenfügen von einzelnen Genabschnitten, kann etwa die Fruchtfhege vier
verschiedene Formen des Muskelproteins Myosin erzeugen, während der Fadenwurm
dafür vier verschiedene Gene besitzt. Es setzt also bei den Vielzellern auch eine öko-
nomischere Nutzung der Gensequenzen ein.
Als vierter Faktor ist die zeitlich und räumlich unterschiedliche Nutzung von
Genen zu nennen, die vor allem eine Rolle im Entwicklungsprozeß, insbesondere in
der Embryonalphase, spielen. Gene, die etwa die Entwicklung unseres Gehirns steu-
ern, sind über viel längere Phasen aktiv als analoge Gene der Maus. Die unterschiedli-
che zeitliche, aber auch sehr unterschiedliche räumliche Steuerung erweist sich als ein
weiterer entscheidender Faktor für die Evolution.
Schließlich bleibt noch als fünfter und in seiner Bedeutung für die Evolution am
wenigsten charakterisierter Faktor der Einbau von fremdem Erbmaterial in das
Erbgut einzelner Arten. Die Sequenzierung eines vor allem Zitronen- und Orangen-
bäume schädigenden Bakteriums, Xylella fastidiosa, durch eine brasilianische For-
schergruppe führte zu der überraschenden Erkenntnis, dass etwa 5 % des gesamten
Erbguts durch Einpflanzen des Erbmaterials von Bakterienviren zustande kam. Wir
kennen eine Reihe von Bakterien, wo die Aufnahme solcher Virus-DNS zu krank-
heitserzeugenden Veränderungen führt: Etwa bei Diphtheriebakterien, wo die Auf-
nahme von bestimmten Bakteriophagen zur Produktion des Diphtheriegiftes führt.
Auch Ruhrerreger und die sonst harmlosen Coli-Bakterien können unter analogen
 
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