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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2000 — 2001

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17. Juni 2000

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Wolfgang Iser erhielt den Ehrendoktor der Neuen Bulgarischen Universität in
Sofia.
Erik Jayme erhielt die Ehrendoktorwürde der Eötvös Lorand Universität Buda-
pest.
Willi Jäger erhielt die Alwin-Walther-Medaille der Universität Darmstadt.
Achim Richter erhielt von der University of the Witwatersrand in Johannesburg,
Südafrika, nach der Chalmers University in Göteborg 1995 und der Universität
von Gent 1996 seine dritte Ehrendoktorwürde.
Wissenschaftliche Sitzung
Elerr Vogel hält einen Vortrag über: „Erbe und Umwelt bei der Erzeugung von Intel-
ligenzunterschieden in unserer Bevölkerung“.
Das Thema gehört seit Jahren zu den umstrittensten in der öffentlichen Diskussion.
Bei genauerer Betrachtung stellt sich heraus: Es übergreift die Forschungsansätze wis-
senschaftlicher Fächer; kein Fach allein stellt auch nur einigermaßen das notwendige
Methodenspektrum bereit. So kommt es, daß die Ergebnisse und Schlußfolgerungen
häufig mit von den Vorurteilen der Untersucher abhängen. Das beginnt schon mit der
Frage: Was ist unter „Intelligenz“ zu verstehen? - Hier gibt es Definitionen von Psy-
chologen und Meßmethoden, die es erlauben, Intelligenz mit Hilfe des „Intelligenz-
Quotienten“ (I.Q.) zu quantifizieren. Um den Anteil genetischer Faktoren an der
Intelligenz-Verteilung zu messen, kann man klassische Methoden der Humangenetik
wie den Vergleich ein-und zweieiiger Zwillinge, den Vergleich von Eltern und Kin-
dern, und den Vergleich von biologischen und Adoptiv-Geschwistern verwenden. Die
Auswertung erfolgt mit Hilfe von Methoden der „quantitativen Genetik“; oft wird der
sogen. Heritabilitätsquotient berechnet (wobei den Untersuchern die theoretischen
Grenzen dieser Methoden oft nicht klar sind). Obwohl die zahlreichen Untersuchun-
gen besonders in der Höhe dieser Heritabilität oft stark voneinander abweichen, zei-
gen sie doch insgesamt, daß ein erheblicher Teil der beobachteten Variation durch
genetische Faktoren bedingt ist; die Schätzungen schwanken etwa zwischen 80 und
40%. Die Aussagekraft der I.Q.-Methode wird unterstützt von Beobachtungen, die
deutliche I.Q.-Reduktionen bei Personen mit biologisch klar definierten Reduktionen
der Gehirnfunktion zeigen. Dagegen hat man in vielen Ländern im Laufe des letzten
Jahrhunderts eine Zunahme der durchschnittlichen I.Q.-Werte von bis zu 15 % beob-
achtet (was nicht bedeutet, daß etwa auch die Zahl der Höchstbegabten entsprechend
zugenommen hätte). Wegen der Kürze der Zeit kann die Zunahme keine genetischen
Ursachen haben; sie muß auf Änderungen der Umwelt zurückgehen. Hier werden
einerseits eine Zunahme psychischer Stimulation in den ersten Lebensjahren, anderer-
seits bessere Ernährung und geringere Belastung durch Krankheiten als Ursachen dis-
kutiert. Versuche, auf molekularbiologischer Grundlage Gene für besondere Intelli-
genz zu ermitteln, waren bisher - trotz interessanter Ansätze - ohne durchgreifenden
Erfolg. Insgesamt sind also genetische Faktoren wie auch Einflüsse der Umwelt an den
beobachteten Intelligenz-Unterschieden beteiligt; ihr genauer Einfluß kann nicht
bestimmt werden. Trotzdem hatten die zahlreichen Einzeluntersuchungen in mancher
Beziehung interessante Ergebnisse.
 
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