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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2001 — 2002

DOI Kapitel:
I. Das Geschäftsjahr 2001
DOI Kapitel:
Gesamtsitzung am 10. Februar 2001
DOI Kapitel:
Sitzung der Math.-net. Klasse am 28. April 2001
DOI Artikel:
Honerkamp, Josef: Datengestützte Modellierung biologischer Systeme
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https://doi.org/10.11588/diglit.66350#0033
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Sitzungen

Klasse, 1. dem Konzept, das vom Vorstand entwickelt und durch den Präsidenten
dem Ministerium vorbehaltlich der Zustimmung der Klassen vorgelegt worden
war, grundsätzlich zuzustimmen, 2. den Präsidenten zu bitten, die nötigen Verhand-
lungen mit dem Ministerium mit dem Ziel zu führen, dass dieses Programm unter
Wahrung der Interessen der Akademie zur Förderung des wissenschaftlichen Nach-
wuchses realisiert werden kann. Die Klasse stimmt ohne Gegenstimme und ohne Ent-
haltung zu.
Wissenschaftliche Sitzung
Herr Josef Honerkamp hält einen Vortrag: „Datengestützte Modellierung biologischer
Systeme“.
Der Fortschritt in den Naturwissenschaften lebt von Hypothesen, die man experi-
mentell überprüfen kann. Eine besonders klare und präzise Form der Formulierung
einer Hypothese ist die auf der Basis eines mathematischen Modells. Ein solches Vor-
gehen, von Newton zuerst angewandt, hat die Physik und damit die modernen Natur-
wissenschaften entstehen lassen und heute erleben wir, wie die Mathematisierung der
Wissenschaften über die Molekularbiologie zur Bioinformatik führt.
Als theoretischer Physiker ist man geprägt von den großen Modellen der funda-
mentalen Wechselwirkungen, weiß, dass diese sich durch Symmetrieüberlegungen
oder fundamentale Prinzipien motivieren lassen und dass sie, weil sie eben große
Theorien sind, eine Fülle von experimentellen Vorhersagen liefern. Solche Theorien
entstehen ‘am Schreibtisch’, werden konfrontiert mit den Experimenten und müssen
sich dabei bewähren.
Je komplexer ein System aber ist, um so schwieriger ist sein Zustand zu charakteri-
sieren, geschweige denn eine Gesetzmäßigkeit für die zeitliche Abhängigkeit aus
ersten Prinzipien zu erahnen. Ja, oft ist die Definition der Größen für die Charakteri-
sierung des Zustandes und die Herleitung der Beziehung zwischen diesen Größen
schon eine Aufgabe, die ein ganzes wissenschaftliches Gebiet definiert. Dies gilt z.B.
gerade bei der Statistischen Mechanik, in der man die Beziehungen zwischen makro-
skopischen Größen wie Druck und Temperatur bei gegebener mikroskopischer Wech-
selwirkung sucht.
Geht man von der Statistischen Mechanik einen Schritt weiter in die allgemeinere
Statistische Physik, indem man sich auch für das zeitliche Verhalten der komplexeren
Systeme interessiert und sie mit Hilfe mathematischer Modelle beschreiben will, so
verblassen die Leitsterne ‘Symmetrie’ und ‘fundamentale Prinzipien’ vollständig, und
man muss andere Orientierungspunkte wählen. Diese müssen nun ganz anderer Art
sein, können eigentlich nur experimentelle Daten sein.
Diesem Ansatz kommt eine andere Entwicklung entgegen. Die heutigen naturwis-
senschaftlichen Labors sind gekennzeichnet durch immer ausgefeiltere Messmethoden
und durch ein immer stärkeres Datenaufkommen. Um diesen experimentellen Fort-
schritt fruchtbar zu machen und dem experimentellen Aufwand überhaupt einen Sinn
zu geben, muss man die Daten verdichten können in einem mathematischen Modell.
Ein Modell prüft Wissen, erzeugt Wissen, wandelt Daten in Wissen um.
Mathematische Modelle in der Biologie und in der Medizin gibt es schon lange,
sie fristeten aber unter dem Namen Biomathematik ein Schattendasein. Am ehesten
 
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