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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2001 — 2002

DOI Kapitel:
I. Das Geschäftsjahr 2001
DOI Kapitel:
Öffentliche Gesamtsitzung am 27. Oktober 2001 in Hohenheim
DOI Artikel:
Mangini, Augusto: Neue Erkenntnisse über natürliche Klimaschwankungen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.66350#0104
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27. Oktober 2001

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Atmosphäre ist Wasserdampf. Der Wasserkreislauf umfasst daneben auch Wolken und
Eis, die die Albedo maßgeblich beeinflussen. Geringste Veränderungen des Wasser-
kreislaufs haben also eine große Wirkung auf die Erdtemperatur. Die große Empfind-
lichkeit auf geringste Veränderungen der Parameter und die vielen Rückkopplungen
im System erschweren die Prognosen der Klimaentwicklung. Auch die Magnetfeld-
hypothese verwendet den Wasserkreislauf als Verstärker: ein stärkeres Magnetfeld
erniedrigt die Flussdichte der kosmischen Strahlen auf die Erde, die Ionisierung in der
Atmosphäre geht dann zurück und die Bildung der Wolken (wahrscheinlich die der
niedrigen Wolken) dementsprechend auch. Als Folge wird die Albedo kleiner und die
Temperatur an der Erdoberfläche steigt an. Beim schwächeren Magnetfeld wird es
dagegen kälter. Rezente Veröffentlichungen unterstützen den möglichen Zusammen-
hang zwischen Wolkenbildung und kosmischen Strahlen. Dennoch decken die Satelli-
tenbeobachtungen gerade die letzten 20-30 Jahre. Somit bleibt die Frage offen, ob die-
ser Effekt relevant ist und ob er auch vor der anthropogenen Beeinflussung der
Umwelt stattfand. Wenn dies der Fall ist, sollte er auch in geologischen Archiven nach-
gewiesen werden können.
An der Forschungsstelle „Radiometrie“ der Heidelberger Akademie datieren und
interpretieren wir geologische Archive. Zu den Archiven zählen Baumringe, Stalag-
miten und Tiefseesedimente. Diese Archive beinhalten Information sowohl über das
Magnetfeld der Erde und der Sonne als auch über das Klima. D.h. wir können unsere
Archive nach einem Zusammenhang zwischen Magnetfeld und Klima untersuchen.
Die zeitlichen Variationen des Magnetfeldes der Sonne und der Erde in der Vergan-
genheit können wir aus der Konzentration von 14C und 10Be in Baumringen und Sedi-
menten rekonstruieren. Beide Radionuklide werden in der Atmosphäre durch die kos-
mische Strahlung produziert. Kosmische Strahlen bestehen aus geladenen Teilchen, die
sowohl von dem Sonnen- und dem Erdmagnetfeld abgelenkt werden. Stärkere Son-
nen- und Erdmagnetfelder bedeuten weniger Produktion, und umgekehrt. Die
Schwankungen dieser Magnetfelder verändern die Intensität der kosmische Strahlung
im Bereich von 50 bis 100 % des heutigen Wertes.
Wir messen in Heidelberg das Isotop 14C seit mehr als 45 Jahren, seit der Disserta-
tion von Karl Otto Münmch. 10Be setzten wir bereits vor 20 Jahren, zur Bestimmung
von Wachstumsraten von Mangan-Knollen ein, die sehr interessante paläozeanogra-
phische Archive sind. Diese Messungen finden in Zusammenarbeit mit der ETH
Zürich, mit Hilfe der sogenannten Beschleuniger-Massen-Spektrometrie, statt.
Wenn wir nun die Konzentration von 14C an Proben mit bekanntem Alter bestim-
men, so können wir die frühere 14C-Konzentration in der Atmosphäre rekonstruieren.
Die Produktionsrate von 10Be in der Vergangenheit leiten wir aus der Messung von
10Be in datierten marinen Tiefseesedimenten ab. Abb. 3 zeigt die Veränderung der 14C-
Konzentration und der 10Be-Produktion während der letzten 50.000 Jahre. A 14C ist als
Abweichung vom heutigen Wert in Promille aufgetragen. Man erkennt, dass die Kon-
zentration von 14C vor 30.000 Jahren um 60 % höher, die Produktion von 10Be sogar
fast doppelt so groß ist wie heute. Beide Kurven verlaufen nicht ganz parallel, weil 14C
und 10Be unterschiedliche Zeitkonstanten im Ozean haben. Der größte Teil des 14C
befindet sich als Bikarbonat im Ozean gelöst. Dessen Konzentration nimmt durch den
radioaktiven Zerfall mit einer Lebensdauer von 8.300 Jahren ab. 10Be wird dagegen aus
der Wassersäule des Ozeans durch Anlagerung an Partikeln und durch Sedimentation
in weniger als 1.000 Jahren entfernt. Seine Verweilzeit in der Wassersäule ist also kür-
 
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