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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2003 — 2004

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III. Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses: Das WIN-Kolleg
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2. Forschungsschwerpunt "Kulturelle Grundlagen der Europäischen Einigung"
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https://doi.org/10.11588/diglit.67592#0282
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FÖRDERUNG DES WISSENSCHAFTLICHEN NACHWUCHSES

Die aktuelle verfassungspolitische Debatte um die Reform der Europäischen
Gemeinschaftsinstitutionen kreist im Kern um drei Desiderate:
- Das erste ergibt sich aus dem inzwischen erreichten hohen Maß an gemein-
schaftsrechtlichen Regelungen und politischer Schicksalsgemeinschaft in der EU.
Dieses fordert als Entsprechung em möglichst ebenso hohes Maß an klar definier-
ten politischen Legitimitätsgrundlagen des Gemeinschaftshandelns.
- Zweitens scheint es im Blick auf das heutige internationale System an der Zeit,
dass die EU ihr Profil nach außen stärken und in Fragen internationaler Politik
zukünftig mit einheitlicher, gewichtigerer Stimme mitreden kann.
- Drittens ist deutlich geworden, dass die innerhalb der EU geltenden Grundfrei-
heiten neben vielen Chancen auch eine Reihe gravierender Wirtschafts- und
gesellschaftspolitischer Probleme mit sich bringen (Stichwort „multikulturelle
Gesellschaft“). Daher brauchen die Europäer von heute mehr denn je umfassen-
de politische Motive (und nicht nur rein wirtschaftliche), um sich mit „ihrer“
Europäischen Union zu identifizieren und sich für sie zu engagieren. Das bloße
Bewusstsein der EU-Bürger,Teilnehmer eines gemeinsamen freien Binnenmarkts
zu sein, stiftet offenbar noch kein politisch hinreichend belastbares kollektives
europäisches Identitätsgefühl.
Vor allem mit dem Legitimationsbedarf europäischer Gemeinschaftsinstitutionen
befasst sich seit längerem em fächerübergreifender Diskurs. Dabei treten - gerade
auch nach dem Scheitern des Brüsseler Verfassungsgipfels im Dezember 2003 —
immer wieder zwei Fragen in den Vordergrund: Wie demokratisch-rechtsstaatlich
und wie effizient ist die europäische Gemeinschaftspolitik bislang? Und: Wie demo-
kratisch-rechtsstaatlich und wie effizient können und müssen europäische Gemein-
schaftsinstitutionen sein? Beide Fragen zusammengenommen definieren in modaler
Auffächerung die legitimitätstheoretische Kernproblematik der Europapolitik, wie
eine breite Öffentlichkeit sie sieht.
Auf diese Problematik bezieht sich das interdisziplinär angelegte Forschungs-
projekt unserer Studiengruppe. Die Leitfrage ist dabei, wie eine europäische Verfas-
sung im Spannungsfeld nationaler Verfassungstraditionen ausgestaltet und legitimiert
werden kann.
Diese Frage ist als Thema wissenschaftlicher Erörterung nicht neu. Jedoch
erscheint sie — zumal nach dem Scheitern der Brüsseler Regierungskonferenz im
Dezember 2003 — komplexer, offener und aktueller denn je. Zudem wurde sie bis-
lang allzu selten in wirklich konstruktiver interdisziplinärer Perspektive behandelt.
Insofern liegt die sachliche Berechtigung unseres fächerübergreifend gemeinsamen
Verständigungsversuchs auf der Hand.
Ausgangspunkt unserer bisherigen Untersuchungen war die Überlegung, dass
die gesuchten Legitimationskriterien geschichtlich und systematisch auf den drei
Ebenen zu rekonstruieren sind, auf denen sich der europäische Integrationsprozess
seit je vollzieht. Diese Ebenen sind
- die der Wirtschaft (Stichwort „gemeinsamer Markt“),
- die des Rechts (Stichwort „Gemeinschaftsrecht) und
- die der Politik (vergemeinschaftete Politikbereiche und gemeinsame Währung).
 
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