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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2004 — 2004

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I. Das Geschäftsjahr 2004
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Antrittsreden
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Wenzel, Friedemann: Antrittsrede vom 31. Januar 2004
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https://doi.org/10.11588/diglit.66960#0113
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Friedemann Wenzel | 125

desministerium floss in den ersten Jahren so viel Geld, das nutzbringend eingesetzt
werden konnte, dass uns klar war, dass dieser Strom nicht lange anhalten konnte. Ich
war am GFZ einer von fünf Direktoren und leitete die Abteilung ‘Physik des Erd-
körpers’. Mit den genannten Mitteln gelang es mir und Mitarbeitern einen großen
Pool seismologischer und anderer geophysikalischer Instrumente aufzubauen, der die
deutschen Geowissenschaften diesbezüglich in die internationale Spitzengruppe
katapultierte. Wissenschaftliche Highlights dieser Jahre waren Experimente zur Tek-
tonik Tibets und des Urals. Ich möchte meine Tätigkeit am GFZ aber nicht erwäh-
nen, ohne den Namen des Mannes zu nennen, dessen Hauptverdienst der Aufbau der
Institution war und ist: Herr Professor Rolf Emmermann. Am GFZ und als Profes-
sor an der Universität Potsdam blieb ich zwei Jahre bis Ende 1994.
Zum Wintersemester 1994 nahm ich einen Ruf in der Nachfolge von Karl
Fuchs an die Universität Karlsruhe an, keine leichte Entscheidung nach den span-
nenden zwei Jahren in Potsdam. Aber wiederum bestand in Karlsruhe die Chance,
etwas Neues zu machen. Nach dem Ausrufen des letzten Jahrzehnts des zwanzigsten
Jahrhunderts als International Decade of Natural Disaster Reduction (IDNDR)
durch die Vereinten Nationen hatten sich Kollegen aus den Geo- und Ingenieur-
wissenschaften in Karlsruhe Gedanken gemacht, wie diese Dekade in em For-
schungsprogramm umgesetzt werden könnte. Die Idee eines Sonderforschungsbe-
reichs mit dem Thema Erdbeben und dem Spezifikum der Kooperation von Geo-
und Ingenieurwissenschaften wurde geboren. Es fehlte nur noch jemand, der sich auf
die Beantragung des SFB konzentrieren konnte. Diese Aufgabe nahm ich gern wahr.
Spätestens das Erdbeben von Kobe am 17. Januar 1994 machte deutlich, dass inter-
disziplinäre Ansätze notwendig waren, um die Schäden von Erdbeben und übrigens
auch die von anderen Naturkatastrophen zu reduzieren, wie es die Dekade forderte.
Ich wurde also Nachfolger von Karl Fuchs am Geophysikalischen Institut der Uni-
versität Karlsruhe und Sprecher des SFB ‘Starkbeben: Von geowissenschaftlichen
Grundlagen zu Ingenieurmaßnahmen’, der seit 1996 existiert und gegenwärtig in
seiner vierten Antragsphase ist. Wir konzentrieren unsere Arbeit (a) auf den Versuch,
das Verständnis der Tektonik einer Region in Aussagen und Randbedingungen für
die Prognose der seismischen Gefährdung zu ‘übersetzen’, (b) darauf, em Erdbeben-
Informationssystem zu schaffen, das von der Frühwarnung über die Echtzeitinfor-
mation der Bodenbewegung zur schnellen Schadensporgnose reicht, und (c) auf die
Entwicklung eines sogenannten ‘Disaster Management Tools’, das den Einsatzkräften
im Katastrophenfall als dynamische Datenbasis, Kommunikationswerkzeug und zur
Entscheidungsunterstützung dienen soll.
Die Beschäftigung mit Katastrophen führt sehr schnell zu Berührungen mit
fast allen Wissenschaften, nicht nur Natur- und Ingenieurwissenschaften: Medizin,
Soziologie, Psychologie, Raum- und Landesplanung, Jurisprudenz, Philosophie und
andere Disziplinen spielen dabei eine ebenso große Rolle wie die eigene. Aus dieser
Sicht stellt für mich die Zugehörigkeit zur Heidelberger Akademie nicht nur eine
Ehrung oder ein intellektuelles Vergnügen dar, ich verspreche mir auch einiges für
meine zukünftige Tätigkeit.
 
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