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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2004 — 2004

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I. Das Geschäftsjahr 2004
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Antrittsreden
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Appenzeller, Immo: Antrittsrede vom 11. Dezember 2014
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https://doi.org/10.11588/diglit.66960#0131
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Immo Appenzeller | 143

Antrittsrede von Herrn IMMO APPENZELLER
an der Heidelberger Akademie der Wissenschaften vom 11. Dezember 2004.

Meine Herren Sekretäre,
sehr geehrte Damen und Herrn:
Als erstes möchte ich mich bei Ihnen für die Ehre
bedanken, die Sie mir mit der Aufnahme in Ihren Kreis
erwiesen haben. Damit Sie wissen, wen Sie aufgenom-
men haben, möchte ich mich heute kurz vorstellen. Ich
beginne mit einigen biographischen Angaben:
Geboren wurde ich am 13. Mai 1940 in Bad
Urach, einer idyllischen Kleinstadt im Gebiet der
Schwäbischen Alb. Mein Geburtstag fiel in die Zeit des
Zweiten Weltkriegs. Drei Tage vorher waren deutsche
Truppen in die neutralen Beneluxstaaten einmarschiert. Einen Tag nach meinem
Geburtstag begann die Invasion Frankreichs. Zu den unmittelbaren Folgen des Krie-
ges gehörte für mich, dass ich meinen Vater verlor, der 1943 in Russland umkam. Da
meine Mutter Arbeit brauchte, um sich und mich zu ernähren, zog sie 1950 mit mir
aus der schwäbischen Provinz nach Frankfurt am Main um. Frankfurt war damals
allerdings noch nicht das „Mainhattan“ von heute, sondern in weiten Teilen noch ein
Trümmerfeld. Aber der Wiederaufbau hatte dort früher begonnen als anderswo, und
deshalb gab es dort Arbeit. Für mich ebenso wichtig war, dass es in Frankfurt - im
Gegensatz zum damaligen schwäbischen Hinterland - gute Schulen, Museen, Thea-
ter und Bibliotheken gab. In einer dieser Bibliotheken fiel mir eines Tages em
populärwissenschaftliches Buch über Albert Ernstem und sein Werk in die Hände.
Ich war fasziniert, verstand aber sehr wenig. Mein Physiklehrer, bei dem ich Hilfe
suchte, erklärte mir, Einsteins Theorien wären nicht so einfach, und man müsste
Physik studieren, um sie richtig zu verstehen. Das war der Anlass für meine Berufs-
wahl. Nachdem ich 1959 in Stuttgart (inzwischen also wieder in Württemberg) die
Reifeprüfung abgelegt hatte, studierte ich daher Physik und zwar zunächst (bis zum
Vordiplom) in Tübingen und dann ab 1961 in Göttingen.
Nach Göttingen zog es mich, weil ich unbedingt eine Diplomarbeit mit einem
Thema aus der Kernphysik anfertigen wollte. Kernphysik war sehr in Mode, da man
damals in der Entwicklung der Kernenergie den Schlüssel zur Lösung der wichtig-
sten Zukunftsprobleme sah. Und ich hatte gelesen, dass die Göttinger Universität
eine Hochburg dieses Faches wäre. Leider hatten offenbar viele meiner Kommilito-
nen das gleiche Buch gelesen. Das Kernphysik-Institut in Göttingen war nämlich mit
Diplomanden überfüllt. Sein Direktor, Flammersfeld, empfing mich zwar sehr
freundlich, erklärte mir aber, dass ich eine Diplomarbeit frühestens nach einer
Wartefrist von einem Semester beginnen könnte. Da ich nicht warten wollte, ent-
schied ich mich für eine Arbeit in dem weit weniger beliebten Fachgebiet Astro-
physik, wo ich sofort anfangen konnte. Aus diesem Grunde bezog ich ein Arbeits-
 
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