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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2005 — 2006

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I. Das Geschäftsjahr 2005
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Wissenschaftliche Sitzungen
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Öffentliche Gesamtsitzung in Ulm am 15. Januar 2005
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Klitzing, Klaus von: Einsteins Nobelpreis und die moderne Nanoelektronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.67593#0046
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15. Januar 2005

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In seiner Rede mit dem Titel „Einsteins Nobelpreis und die moderne
Nanoelektronik“ ging v. Klitzing von der Arbeit „Über einen die Erzeugung und
Verwandlung des Lichts betreffenden heuristischen Gesichtspunkt1“ aus. Diese
Arbeit ist nach Einsteins eigener Einschätzung sein revolutionärster Beitrag und sie
war auch unter den Kollegen zunächst die am meisten umstrittene. In ihr wurde die
1900 von Planck eingefiihrte Quantenhypothese radikal erweitert und sie wurde zu
einem Eckstein der Quantenphysik, die dann zwanzig Jahre später vollendet wurde.
Einstein war mit dieser Entwicklung gar nicht zufrieden und er stellte gegen Ende
seines Lebens fest, daß die 50-jährige Entwicklung der Quantenmechanik immer
noch nicht zu ihrem Verständnis geführt habe. Auch der Nobelpreisträger R. Feyn-
mann meinte, daß niemand die Quantenmechanik verstanden habe, wobei aber
„verstehen“ genauso interpretationsbedürftig ist wie die Quantenphysik. Diesen
eher pessimistischen Meinungen über die Quantenmechanik fügte v. Klitzing
hinzu, daß die Nanoelektronik eine wunderbare Spielwiese für praktische Anwen-
dungen der Quantenmechanik sei, was er durch verschiedene Beispiele veranschau-
lichte.
Der stochastische Charakter der Quantenmechanik wurde durch einen Video-
film eines Interferenzexperimentes mit Elektronen deutlich. Während die Einzel-
messungen der Teilchenpositionen am Detektor vollkommen zufällig erscheinen,
stellt sich bei der Gesamtsicht vieler Tausender von Ereignissen ein typisches Inter-
ferenzmuster dar, wie man es etwa aus der Optik kennt. Bis heute ist keine Gültig-
keitsgrenze der Quantenmechanik zum makroskopischen Bereich hin beobachtet.
Wichtig ist nur, dass die Kohärenz erhalten bleibt, das Quantenobjekt also keine
Energie durch Wechselwirkung mit der makroskopischen Außenwelt verliert. Auch
Fullerene — „Fußbälle“ aus 60 Kohlenstoffatomen — zeigen die gleichen Interferen-
zen wie Elektronen oder Licht.
Wenn wir auch nicht genau wissen, wie und wann die Quantenphysik in die
klassische Physik übergeht, so wissen wir doch, daß bei sehr kleinen Strukturen die
Effekte der Quantenphysik dominant werden. Wir haben schon durch die fort-
schreitende Miniaturisierung der Elektronik diese Grenze erreicht, die bei etwa 10
Nanometer (d.h. einem hundertausendstel Millimeter) liegt. Durch Aufdampfen ein-
zelner Atomschichten mit Molekularstrahlen lassen sich solche Quantenstrukturen
heute schon zuverlässig herstellen.
Eine Besonderheit der Quantenmechanik ist, daß die klassische Beschreibung
von Zuständen als „Teilchen“ oder „Welle“ nicht zutrifft, sondern Zustände sowohl
Teilchen- als auch Welleneigenschaften haben; dies wurde schon aus dem vorge-
führten Interferenzexperiment mit Elektronen deutlich. Zu den quantenmechani-
schen Effekten, die heute in der Elektronik schon eine große Rolle spielen, gehört
der Tunneleffekt, bei dem die Elektronen durch eine Barriere fließen können. Hier
spielen die Welleneigenschaften der Elektronen eine dominierende Rolle. Geht man
aber mit der Miniaturisierung weiter, so werden auch die Teilcheneigenschaften

1 Anm. Phys. 17 (2005) 132
 
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