19. Februar 2005 | 65
5. Für den Rechnungsprüfungsausschuß beantragt Herr Bautz die Entlastung des
Vorstandes für das Amtsjahr 2003. Die Akademie beschließt antragsgemäß die Ent-
lastung.
WISSENSCHAFTLICHE SITZUNG
Frau Elisabeth Kalko und die Herren Frank-Rutger Hausmann und Nikolaus Pfän-
ner halten ihre Antrittsreden.
Herr Anthony D. Ho hält einen Vortrag: „Adulte Stammzellen — fauler Zauber oder
verborgener Jungbrunnen?“.
Seit 1998 sorgt die Stammzellforschung ständig für Schlagzeilen. Wunderwaffe der
Medizin, Multi-Talente, Alleskönner - so lauten die gebräuchlichen Umschreibun-
gen für Stammzellen. Darin drückt sich die Hoffnung aus, dass künftig Volkskrank-
heiten wie Herzinfarkt, M. Parkinson oder Diabetes mit Stammzellen geheilt wer-
den könnten.
Die Etablierung von humanen, embryonalen Stammzelllinien sowie von Ver-
fahren fürs therapeutische Klonen eröffnete in der Tat völlig neue Perspektiven für
Gewebezucht und Organersatz. Die Gewinnung von Stammzellen aus Embryonen
wirft allerdings viele ethische, moralische und rechtliche Fragen auf, die weltweit mit
aller Heftigkeit diskutiert werden. Fast zu gleicher Zeit haben Stammzellen aus dem
erwachsenen Organismus (adulte Stammzellen) auch eine beeindruckende Zahl viel-
versprechender Ergebnisse gezeigt. Gegenüber den embryonalen Zellen haben adul-
te Stammzellen den Vorteil, dass sie aus ethisch unproblematischen Quellen gewon-
nen werden, nämlich aus dem Nabelschnurblut Neugeborener oder aus Gewebe,
z.B. aus dem Knochenmark, erwachsener Menschen. Schon seit langem haben
Stammzellen aus dem Knochenmark ihre Heilungskraft unter Beweis gestellt. Die
aus dem Knochenmark gewonnenen Stammzellen werden seit fast 40 Jahren in der
Krebstherapie eingesetzt. Erst die Stammzelltransplantation ermöglicht es, bestimm-
te Leukämieformen radikal und kurativ zu bekämpfen. In den letzten Jahren wird
behauptet, dass adulte Stammzellen aus dem erwachsenen Körper wie aus dem Kno-
chenmark, Leber, oder Fettgewebe auch ganz neue Differenzierungswege „erlernen“
können und äußerst vielseitig in ihrem Entwicklungspotenzial sind. Unsere Arbeits-
gruppe befasst sich zur Zeit mit diesem „Umschulungsprozess“. Daraus haben wir
gelernt, dass Kommunikation und Vernetzung mit den Zellen in der Nische für das
langfristige Schicksal der Stammzellen eine entscheidende Rolle spielen.
Im Gegensatz zu der anfänglichen Euphorie sind in letzter Zeit Zweifel
geäußert worden, ob die Beweisführung für das „Transdifferenzierungspotenzial“
der adulten Stammzellen doch voreilig vorgelegt wurde. Es konnte gezeigt werden,
dass eine Fusion der Zellkerne des Spendertiers mit den Zellkernen des Empfängers
bei einem Teil der transdifferenzierten Zellen stattgefunden hat, die zur Fehlinter-
pretation führen könnten. Hinzu kommt, dass sich die Ergebnisse einiger Tierver-
5. Für den Rechnungsprüfungsausschuß beantragt Herr Bautz die Entlastung des
Vorstandes für das Amtsjahr 2003. Die Akademie beschließt antragsgemäß die Ent-
lastung.
WISSENSCHAFTLICHE SITZUNG
Frau Elisabeth Kalko und die Herren Frank-Rutger Hausmann und Nikolaus Pfän-
ner halten ihre Antrittsreden.
Herr Anthony D. Ho hält einen Vortrag: „Adulte Stammzellen — fauler Zauber oder
verborgener Jungbrunnen?“.
Seit 1998 sorgt die Stammzellforschung ständig für Schlagzeilen. Wunderwaffe der
Medizin, Multi-Talente, Alleskönner - so lauten die gebräuchlichen Umschreibun-
gen für Stammzellen. Darin drückt sich die Hoffnung aus, dass künftig Volkskrank-
heiten wie Herzinfarkt, M. Parkinson oder Diabetes mit Stammzellen geheilt wer-
den könnten.
Die Etablierung von humanen, embryonalen Stammzelllinien sowie von Ver-
fahren fürs therapeutische Klonen eröffnete in der Tat völlig neue Perspektiven für
Gewebezucht und Organersatz. Die Gewinnung von Stammzellen aus Embryonen
wirft allerdings viele ethische, moralische und rechtliche Fragen auf, die weltweit mit
aller Heftigkeit diskutiert werden. Fast zu gleicher Zeit haben Stammzellen aus dem
erwachsenen Organismus (adulte Stammzellen) auch eine beeindruckende Zahl viel-
versprechender Ergebnisse gezeigt. Gegenüber den embryonalen Zellen haben adul-
te Stammzellen den Vorteil, dass sie aus ethisch unproblematischen Quellen gewon-
nen werden, nämlich aus dem Nabelschnurblut Neugeborener oder aus Gewebe,
z.B. aus dem Knochenmark, erwachsener Menschen. Schon seit langem haben
Stammzellen aus dem Knochenmark ihre Heilungskraft unter Beweis gestellt. Die
aus dem Knochenmark gewonnenen Stammzellen werden seit fast 40 Jahren in der
Krebstherapie eingesetzt. Erst die Stammzelltransplantation ermöglicht es, bestimm-
te Leukämieformen radikal und kurativ zu bekämpfen. In den letzten Jahren wird
behauptet, dass adulte Stammzellen aus dem erwachsenen Körper wie aus dem Kno-
chenmark, Leber, oder Fettgewebe auch ganz neue Differenzierungswege „erlernen“
können und äußerst vielseitig in ihrem Entwicklungspotenzial sind. Unsere Arbeits-
gruppe befasst sich zur Zeit mit diesem „Umschulungsprozess“. Daraus haben wir
gelernt, dass Kommunikation und Vernetzung mit den Zellen in der Nische für das
langfristige Schicksal der Stammzellen eine entscheidende Rolle spielen.
Im Gegensatz zu der anfänglichen Euphorie sind in letzter Zeit Zweifel
geäußert worden, ob die Beweisführung für das „Transdifferenzierungspotenzial“
der adulten Stammzellen doch voreilig vorgelegt wurde. Es konnte gezeigt werden,
dass eine Fusion der Zellkerne des Spendertiers mit den Zellkernen des Empfängers
bei einem Teil der transdifferenzierten Zellen stattgefunden hat, die zur Fehlinter-
pretation führen könnten. Hinzu kommt, dass sich die Ergebnisse einiger Tierver-