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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2006 — 2006

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I. Das Geschäftsjahr 2006
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Jahresfeier am 20. Mai 2006
DOI Artikel:
Jäger, Willi: Mathematische Modelle und Computersimulation biologischer Prozesse: Realität in Silico?
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https://doi.org/10.11588/diglit.66961#0044
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56 | JAHRESFEIER

Diese Untersuchung ist ein erster Schritt auf dem längeren Weg, mit Experi-
ment und Modellierung und Simulation den Differenzierungsprozess von Stamm-
zellen besser zu verstehen.
Dieses Projekt ist auch ein Beispiel dafür, dass es darum geht, mit realen und
virtuellen Experimenten iterativ unseren Wissenstand zu verbessern.
10. Stellung der mathematischen Modellierung und Simulation
Allgemein ist es für die Analyse von Systemen wichtig zu wissen, bis zu welcher
Skala und mit welchem Maß an Genauigkeit aufgelöst werden muss, um die gestell-
ten Frage beantworten zu können. Es ist inzwischen klar, dass wir zum Verständnis
des Verhaltens biologischer Systeme Information über atomare und molekulare Pro-
zesse einbeziehen und die möglichen Pfade in den beteiligten zellulären Netzwerken
beachten müssen. Was aber sind die wichtigen Anteile, die wir genauer zu bestim-
men haben? Virtuelle Experimente, bei denen Antworten auf die gestellte Frage
virtuell gegeben werden können, helfen, die realen Experimente auf die wichtigen
Ausschnitte mit der nötigen Genauigkeit zu konzentrieren.
Die Frage „Realität in silico?“ müsste präzisiert werden zu „Wieviel Realität
lässt sich in silico erreichen?“. Der Bereich Biosysteme nimmt bei der Antwort prin-
zipiell keine Sonderstellung ein. Allerdings gilt, dass die auftretende Komplexität in
der Regel höher ist als etwa bei den Systemen, wie sie üblicherweise in Physik oder
Chemie auftreten. Wir sind eigentlich konfrontiert mit der Dreierbeziehung „in
silico“, „in vitro“, „in vivo“. Wir erinnern uns, dass mathematische Modelle nur Pro-
jektionen der Realität sind und daher Simulationen nur ein gefiltertes Bild der Wirk-
lichkeit liefern, selbst dann, wenn alle Daten vorlägen, die für die Festlegung der
Modellgleichungen notwendig wären. Es ist zu erwarten, dass die Simulation von in
vitro-Prozessen, von Prozessen im Reagenzglas, bessere Annäherungen liefert, als wir
sie bei in vivo-Prozessen erzielen werden.
Modelle und Simulationen und in Folge virtuelle Experimente sind wichtige
Instrumente für die Verarbeitung und das Verständnis von Daten, die in realen Expe-
rimenten gewonnen werden. Sie bilden die Grundlage für Theorieentwicklung und
gezieltere experimentelle Forschung. Virtuelle Experimente können in Bereichen
durchgeführt werden, die experimentell zugängig sind, und erschließen so auch
Neuland. Die quantitativen Biowissenschaften sind auf Modellierung und Simulati-
on angewiesen. Dies trifft auch für die Biotechnologie zu. Forschung orientiert sich
zentralen Fragestellungen.
Bert Sakman (Neurowissenschaften, Heidelberg) stellte fest:
„ Wir haben eine Überfülle von Daten, wir brauchen mehr mathematische Modellierung und
Simulation. Die Szene muss für die quantitative Biowissenschaften vorbereitet werden.“
Denis Noble (Physiologie, Oxford) ist überzeugt von Modellierung und Simulation
als wichtige wissenschaftliche Werkzeuge:
 
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