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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2006 — 2006

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I. Das Geschäftsjahr 2006
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Wissenschaftliche Sitzungen
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Gesamtsitzung am 15. Juli 2006
DOI Artikel:
Welker, Michael: Was ist Schöpfung?: Zur Subtilität antiken Weltordnungsdenkens
DOI Kapitel:
Verleihung des Akademiepreises an Manfred Lein
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Lein, Manfred: Attosekundendynamik in Molekülen
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https://doi.org/10.11588/diglit.66961#0076
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SITZUNGEN

Schwachen sorgen, nicht nur unter den Menschen, sondern auch der übrigen
Schöpfung gegenüber.
Anhand dieser Spannungen können wir erkennen, dass der Schöpfungsbericht
sehr realistisch eine Welt ins Auge fasst, in der Leben auf Kosten von anderem Leben
lebt. Es ist keine Traum- und Wunschwelt, sondern die Welt, in der wir uns tatsäch-
lich befinden. Wie kann es dann, so lautet die nächste Irritation, wie kann es dann
heißen: „Gott sah, dass es gut war,“ sehr gut sogar! „Gut“ (tob) im Alten Testament
meint „lebensförderlich“. Das orchestrierte Zusammenspiel von kosmischen, biolo-
gischen, kulturellen und religiösen Prozessen wird von Gott als gut, als sehr lebens-
förderlich angesehen. Das bedeutet aber nicht, dass die Schöpfung ein Leben in gött-
licher Herrlichkeit bietet. Die Differenz von Gott und Schöpfung will scharf wahr-
genommen sein. Die damit angelegten Konflikte fasst der priesterschriftliche
Schöpfungsbericht hinsichtlich der Spannung zwischen Menschen und Tieren ins
Auge. Er reguliert sie mit dem Herrschaftsauftrag und mit der Auszeichnung des
Menschen als Imago Dei.
Leider aber ist der Mensch nicht in der Lage, dieser Auszeichnung zu entspre-
chen. Das Buch Genesis fasst bereits die Potentiale der massiven Selbstgefährdung,
Verblendung und Selbstzerstörung ins Auge, die in den auf den Schöpfungsbericht
folgenden Erzählungen der sog. „Urgeschichte“ breit entfaltet werden. „Schöpfung“
allein kann deshalb kein zureichendes Zeugnis von der Gottheit Gottes geben. Eine
nur naturalistische Wahrnehmung der Schöpfung ist völlig unzureichend. Aber auch
eine „Ergänzung“ der Konzentration auf die Natur durch Einbeziehung der Größen
„Kultur und Geschichte“, die keine Perspektiven auf Gottes rettendes und erlösen-
des Wirken bietet, bleibt theologisch „unter Niveau“.

AKADEMIEPREIS
Der Präsident überreicht Herrn Professor Dr. Manfred Lein (Physik/Universität
Kassel) den Akademiepreis 2006 für seine Arbeit „Attosekundendynamik in
Molekülen“ .
Professor Lein stellt die Forschungen vor, die mit dem Preis gewürdigt werden:
Die Beobachtung von zeitabhängigen Phänomenen mit immer höherer Zeitauf-
lösung ist seit jeher ein zentrales Thema der Naturwissenschaften. Schon aus der
Fotografie ist bekannt, dass die Aufnahme eines schnellen Vorgangs eine kurze
Belichtungszeit erfordert. Dieses Prinzip hat Bestand, wenn wir nicht makroskopi-
sche Gegenstände sondern mikroskopische Zeitabläufe, d.h. die Bewegung von Ato-
men und Molekülen, beobachten wollen; nur muss die Kamera durch einen wesent-
lich komplizierteren Messapparat ersetzt werden, den wir im Folgenden besprechen
werden.
In der Molekülphysik gibt es drei wichtige Zeitskalen: Molekülrotationen
dauern Pikosekunden (1 Pikosekunde = 1 Billionstel Sekunde). Molekülschwin-
 
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